Maskenurteil: Weimarer Amtsrichter wegen umstrittener Entscheidung zu Maskenpflicht angeklagt

Sein Urteil gegen die Maskenpflicht an Schulen hatte für Diskussionen gesorgt. Nun ist der Weimarer Amtsrichter angeklagt – die Vorwürfe sind vielfältig.
Weimar/Jena – Die Staatsanwaltschaft Erfurt hat Anklage wegen Rechtsbeugung gegen einen Weimarer Amtsrichter erhoben. Sie sei an das Landgericht Erfurt gegangen, teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag (2. Juni) mit. Der Richter hatte im vergangenen Jahr eine umstrittene Entscheidung gegen die Maskenpflicht an zwei Schulen zur Eindämmung von Corona-Infektionen gefällt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, als Familienrichter im April 2021 willkürlich einen Beschluss erlassen zu haben. Fraglich sei seine Zuständigkeit.
Der Angeklagte hat sich nach Auffassung der Staatsanwaltschaft „dabei bewusst und in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt“. Ihm sei es darum gegangen, „die angebliche Unwirksamkeit und Schädlichkeit staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie öffentlichkeitswirksam darzustellen“.
Maskenpflicht in Schulen: Amtsrichter soll aktiv nach Eltern gesucht haben, die Maskenpflicht kritisch sehen
Der Jurist hatte auf dem Wege einer einstweiligen Anordnung verfügt, dass Kinder an zwei Weimarer Schulen entgegen dem geltenden Hygienekonzept des Bildungsministeriums keine Corona-Masken im Unterricht tragen müssten. Die Entscheidung war bundesweit diskutiert und kritisiert worden.
Der Angeschuldigte soll laut Staatsanwaltschaft mehrere elementare Verfahrensvorschriften missachtet und gegen materielles Recht verstoßen haben. Dem Mann wird außerdem zur Last gelegt, aktiv nach Eltern gesucht zu haben, die die Maskenpflicht in Schulen kritisch sahen.
Zudem soll er sichergestellt haben, „dass die Ergebnisse der später in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten seinen Vorstellungen entsprechen“, erklärte die Staatsanwaltschaft. Für Rechtsbeugung sieht das Strafgesetzbuch Freiheitsstrafen von einem bis zu fünf Jahren vor.
Maskenurteil: Oberlandesgericht in Jena hatte die Entscheidung des Weimarer Richters gekippt
Die Entscheidungen des Weimarer Richters gegen die in Thüringen damals geltende Corona-Maskenpflicht waren später vom Oberlandesgericht in Jena gekippt worden. Der Familienrichter habe keine Zuständigkeit für die ihm vorgelegte Frage gehabt, teilte das Oberlandesgericht mit. Die gerichtliche Kontrolle staatlicher Anordnungen zum Corona-Schutz obliege „allein den Verwaltungsgerichten“.
Zwar hob das Oberlandesgericht den Beschluss des Familienrichters von Ende April auf, ließ jedoch die Möglichkeit einer Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Falls offen. Schon das Verwaltungsgericht Weimar hatte die Maskenpflicht an Thüringer Schulen auch im Unterricht in einem Eilverfahren für zulässig erklärt.
Im Frühling 2022 endeten dann die Masken- und teils auch die Testpflicht an Schulen in Deutschland. Ausnahmen bilden lediglich einige Schulen, an denen viele Kinder mit Vorerkrankungen unterrichtet werden. (tk mit dpa)