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Macron hat Idealismus im Reisegepäck nach China

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Von: Stefan Brändle

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Emmanuel Macron empfängt Ursula von der Leyen, um den schwierigen China-Besuch vorzubereiten.
Emmanuel Macron empfängt Ursula von der Leyen, um den schwierigen China-Besuch vorzubereiten. © IMAGO/Starface

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will seinen Amtskollegen Xi Jinping zu mehr Distanz zu Russland bewegen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begleitet ihn

In einem neuen Spielfilm, der im Mai in die Kinos kommt, reist Asterix mit Obelix ins Reich der Mitte, um die chinesische Kaiserin aus den Klauen eines Rivalen zu befreien. Mit etwas Zaubertrank – natürlich – gelingt den Galliern ihr Unterfangen voll und ganz.

Dagegen hat der französische Präsident Emmanuel Macron, der am Dienstagabend zu einem dreitägigen Staatsbesuch ins Reich der Mitte aufgebrochen ist, kein Wundermittel im Gürtel. Begleitet wird er dafür von der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). Damit möchte die französische Diplomatie nach eigenen Worten hervorheben, dass Macron in Peking „europäische Positionen“ vertrete. Gerade im Ukraine-Krieg verteidige Europa gemeinsame Interessen. China sei von seiner Größe her wohl dass einzige Land, das im von Russland ausgehenden Krieg als „game changer“ wirken, also die Situation wirklich umstürzen könne.

Andere Stimmen in Paris sind da skeptisch. „Die Versuche europäischer Politiker, in Peking eine Friedenslösung zu finden, sind illusorisch“, meint Marc Julienne vom französischen Institut für internationale Beziehungen (Ifri). Er bezieht sich auf die Reisen von Bundeskanzler Olaf Scholz im November, des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez in der letzten Woche und nun von Macron. Der französische Präsident hatte zuvor schon vergeblich versucht, den russischen Präsidenten Wladimir Putin von seinem Kriegskurs abzubringen. Nach Xis pompösem Moskau-Besuch will der Franzose die Chinesen davor warnen, „verhängnisvolle Entscheidungen“ zu fällen, im Klartext: Waffen an den russischen Aggressor zu liefern.

Man kann den neusten Macron-Vorstoß als naiv einstufen: Ein Autokrat und Machtmensch vom Kaliber Xis wird sich von einem jungen, zur Selbstüberschätzung neigenden Präsidenten nicht beeindrucken lassen. Eins von Macrons Argumenten, trotzdem eine Chance dazu zu haben, lautet: Wenn Xi die Europäer zu einer „eigenständigen“ – von den USA unabhängigen – Linie bringen will, dann muss er sich ihnen auf irgendeine Weise erkenntlich zeigen. Frankreich war noch nie abgeneigt, seine eigenen Interessen auch gegenüber den USA zur Geltung zu bringen. Daher Macrons Überlegung: Wenn Peking zwischen Moskau und Kiew vermittelt, dann könnte Paris dafür im Konflikt zwischen Washington und Peking eine „neutralere“ Position einnehmen.

Und Macron hat ein weiteres Argument, das zwar nicht die Kraft eines Zaubertrankes hat, aber in Peking derzeit auf ein gewisses Echo stoßen dürfte: China ist seit der Covid-Pandemie geschwächt und auf den EU-Absatzmarkt angewiesen, allein schon als Alternative zum sich teils schließenden US-Markt. Zur Debatte steht ein neues Investitionsabkommen zwischen der EU und China. Deshalb ergibt es durchaus Sinn, dass von der Leyen in Peking mit von der Partie ist und auch an einem Staatsbankett teilnimmt.

Und das, obwohl sie zum Bedauern der chinesischen Behörden kürzlich klargemacht hatte, dass Europa seine Abhängigkeit von chinesischen Produkten unbedingt senken müsse. An dieser Stelle zeigt sich auch das Problem Macrons, oder genauer: die Schwäche seines Landes. Frankreich importiert mehr Güter denn je aus China.

Das ist das genaue Gegenteil von dem, was von der Leyen und auch Macron seit Monaten predigen. Umgekehrt exportieren französische Firmen immer weniger nach China: Wein, Luxusprodukte und Airbus-Flugzeuge ziehen noch einigermaßen; französische Supermarktketten wie Auchan oder Carrefour haben sich aber wie zuvor die französischen Autohersteller aus dem Reich der Mitte zurückgezogen. Dieses macht nämlich – anders als Frankreich – ernst mit seinem eigenen Streben nach Unabhängigkeit. Auf die französischen AKW oder TGV sind die Chinesen ebenfalls nicht mehr angewiesen: Solche Spitzentechnologie beherrschen – oder kopieren – sie heute selber.

Macron lässt sich auf seiner Reise zwar von 50 französischen Konzernchefs begleiten. Großaufträge dürfte es aber nur für Veolia (Wasserbau) oder Airbus geben. Auch in dieser Beziehung wird Macron vermutlich mit ziemlich leeren Händen nach Paris zurückkehren.

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