Lukaschenko will plötzlich Dissidenten zurücklocken - was steckt dahinter?
Der belarussische Präsident Lukaschenko überrascht mit einem einem neuen Erlass: Dissidenten sollen zurückkehren können.
Minsk - Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko möchte Weißrussen, die aus Angst vor Repressionen ins Ausland geflohen sind, die Möglichkeit geben, zurückzukehren. So stellt es der belarussische Machthaber jedenfalls selbst dar. Es gehe dabei vor allem um Menschen, die an den Massenprotesten gegen das Regime nach der umstrittenen Wiederwahl Lukaschenkos im August 2020 teilgenommen haben.
Laut einem von Lukaschenko unterzeichneten Erlass soll eine Kommission Anträge von potentiellen Rückkehrern prüfen. Eine Voraussetzung sei aber auch, dass „diese Personen ihre Taten bereuen und die Kommission über ihre Bereitschaft informieren, sich nach ihrer Rückkehr öffentlich zu entschuldigen“, heißt es im Beschluss des Präsidenten.

Präsident Lukaschenko: Rückkehr für reuige Dissidenten
Lukaschenko hat am Dienstag (6. Februar) per Erlass die Bildung einer Kommission beschlosse. Ihr sollen unter anderem „Parlamentarier und Vertreter öffentlicher Strukturen“ angehören. Den Vorsitz habe der Generalstaatsanwalt von Belarus. Bis Ende diesen Jahres können Belarussen, die in der Zeit ab dem 1. Januar 2020 „Ordnungswidrigkeiten und Straftaten in Zusammenhang mit Protesten“ begangen haben, Anträge einreichen. Die Kommission entscheide dann über Rückkehrmöglichkeiten. In der Folge hätten die Personen dann drei Monate Zeit, nach Belarus zurückzukehren.
Lukaschenko setzt auf reuige Rückkehrer - ein OSZE-Untersuchungsbericht wirft jedoch ein ganz anderes Licht auf die damaligen Ereignisse: Es gebe klare Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen bei den Protesten gegen Lukaschenkos mutmaßlich gefälschte Wiederwahl, unter anderem wegen massiver Polizeigewalt gegen Demonstranten.
Der Erlass verlangt jedoch Bereitschaft „den verursachten Schaden zu entschädigen, die Verfassung und Gesetzgebung von Belarus zu beachten, staatliche Symbole und nationale Traditionen zu respektieren, ihrer Bürgerpflicht aktiv nachzukommen“.
Verhaftungen von Teilnehmern der Massenproteste 2020 in Belarus
Lukaschenkos Pläne werden wohl nicht zwingend Vertrauen wecken und Dissidenten zu einer Rückkehr motivieren. In den letzten Monaten und auch noch zu Beginn diesen Jahres sind in Belarus immer wieder Personen aufgrund ihrer Teilnahme an den Protesten 2020 festgenommen worden. Bereits Fotos, die die Menschen bei den Demonstrationen zeigen, können zu Haft führen, wie das unabhängige belarussische Nachrichtenportal zerkalo.io mehrfach berichtete. Zerkalo.io wird von geflohenen belarussischen Journalisten betrieben und ist die Nachfolgeplattform von Tut.by, das ausführlich über die Proteste 2020 berichtet hatte. Beide Nachrichtenportale wurden in Belarus verboten.
Über die Gründe für den jetzigen Erlass Lukaschenkos kann nur spekuliert werden. Zuletzt gab es Warnungen von belarussischen Oppositionspolitikern im Exil, die eine baldige Mobilmachung in Belarus befürchten. So äußerte beispielsweise der Oppositionspolitiker Pawel Latuschka entsprechende Beobachtungen gegenüber dem RND. Eine große Sorge ist ein Kriegseintritt von Belarus, um Russland im Ukraine-Krieg zu unterstützen. (kasa)