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Links und autoritär

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Von: Fabian Scheuermann

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Auch die fiktive „Horst-Schlämmer-Partei“ des Komikers Hape Kerkeling kam 2009 in einer Umfrage auf 18 Prozent Zustimmung. Und auch damals war das einigen Medien irreführende Überschriften wert.
Auch die fiktive „Horst-Schlämmer-Partei“ des Komikers Hape Kerkeling kam 2009 in einer Umfrage auf 18 Prozent Zustimmung. Und auch damals war das einigen Medien irreführende Überschriften wert. © Jan Woitas/dpa (Archivbild)

Viele können sich vorstellen, eine neue Partei zu wählen. Doch das muss nichts heißen. Auch nicht im Falle einer möglichen „Wagenknecht“-Partei.

Es klingt so eindeutig: „Neunzehn Prozent der Deutschen würden Wagenknecht-Partei“ wählen. So titelten einige Medien Anfang März mit Blick auf eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Kantar, welche im Auftrag des „Focus“ vorgenommen worden war. Kein Wunder, dass die Nachricht kurzzeitig für Wirbel sorgte – denn mit einem solchen Ergebnis läge eine Wagenknecht-Partei mit Blick auf aktuelle Umfragen deutlich vor Grünen, AfD und FDP – und nur knapp hinter der SPD.

Allein: Der Befund, dass fast jede fünfte Wählerin und jeder fünfte Wähler bei der nächsten Bundestagswahl für eine Wagenknecht-Partei stimmen würden, ist einer fehlerhaften Interpretation der Umfrageergebnisse geschuldet: Tatsächlich haben in der Erhebung 19 Prozent der Befragten gesagt, dass sie sich vorstellen könnten, eine Partei unter Führung von Wagenknecht zu wählen. Eine Aussage, die nicht mit einer konkreten Wahlabsicht gleichzusetzen ist, wie Stefan Niggemeier auf dem Portal „Übermedien“ bemerkt. Der renommierte Medienjournalist liefert dort auch einen historischen Vergleich, der bei der Einschätzung der Umfrage helfen könnte: 2009 war es die „Horst-Schlämmer-Partei“ des Komikers Hape Kerkeling, die in einer ähnlichen Umfrage zu einem ähnlichen Ergebnis kam (18 Prozent). Und auch damals war das einigen Medien irreführende Überschriften wert.

Dass eine gesellschaftspolitisch rechts, aber wirtschaftlich links ausgerichtete Partei in Deutschland eine Lücke füllen würde, ist unumstritten. Eine Partei, die etwa in der Flüchtlings- und Migrationspolitik einen harten Kurs fährt, die für jene, die schon da sind, aber den Sozialstaat ausbauen will beispielsweise. In Dänemark haben die Sozialdemokraten mit diesem umstrittenen Konzept bei den vergangenen Wahlen Erfolge eingefahren– auch wenn manche Kritiker:innen ihnen dafür in der Folge das Attribut „sozialdemokratisch“ lieber absprechen mochten. Die „Blätter für deutsche und internationale Politik“ zitieren hierzu die dänischen Politikwissenschaftler Frederik Hjorth und Martin Vinæs Larsen, die die Wählerwanderung bei den dänischen Wahlen 2019 untersucht haben und zu dem Schluss kommen, dass eine rechte Migrationspolitik den linken Block stärken könne: „Da die davon abgestoßenen Wähler zu anderen linken Parteien überlaufen, während die angezogenen Wähler von rechten Parteien kommen, erhöht sich die Gesamtunterstützung für Parteien, die eine linke Mainstream-Regierung unterstützen“.

Nähe zu AfD-Milieus?

Bestärkt wird diese Analyse von einem Teilergebnis aus der besagten Kantar-Umfrage von Anfang März: So äußerten AfD-Sympathisant:innen darin mit 60 Prozent Zustimmung die größten Sympathien für eine noch zu gründende Wagenknecht-Partei – bei der Linken waren es 50 Prozent, bei den Grünen indes nur drei Prozent. „AfD und Wagenknecht sprechen zum Teil das gleiche Milieu an“, erklärt der Politik- und Kommunikationsberater Johannes Hillje, der mehrere kluge Bücher über die AfD geschrieben hat. Er sagt aber auch: „Wir wissen aus der Forschung, dass die meisten AfD-Wählerinnen und -Wähler für andere Parteien nicht erreichbar sind.“

Nicht erreichbar dürften für Wagenknecht und ihre Mitstreiter:innen die Erfolge der linken französischen Partei „La France Insoumise“ des Politikveteranen Jean-Luc Mélenchon sein. Denn in Frankreich gibt es im linken politischen Spektrum für Mélenchon nicht allzu viel relevante Konkurrenz. Eine Gemeinsamkeit haben seine und Wagenknechts Art, Politik zu machen, aber dann doch: Sie sind auf die Prominenz der Person zugeschnitten.

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