1. Startseite
  2. Politik

Der russische Außenminister Lawrow zu Gast bei Freunden

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Klaus Ehringfeld

Kommentare

Der sonst stets grimmige Sergej Lawrow (rechts) mit Kubas Außenminister Bruno Rodriguez.
Der sonst stets grimmige Sergej Lawrow (rechts) mit Kubas Außenminister Bruno Rodriguez. © dpa

Der russische Außenminister nutzt eine Reise durch vier lateinamerikanische Länder, um alte Bande neu und fester zu knüpfen.

Man sah Sergej Lawrow in den vergangenen Tagen so, wie man ihn sonst kaum kennt. Mal lachte der russische Außenminister herzlich mit seinem kubanischen Amtskollegen Bruno Rodríguez, davor umarmte er Venezuelas Autokraten Nicolás Maduro, und er zeigte sich auch sehr locker mit Nicaraguas Gewaltherrscher Daniel Ortega. Auf seiner einwöchigen Lateinamerika-Reise gab sich dieser sonst grimmige russische Minister freundlich, offen und verbindlich. Selbst mit Brasiliens linken Staatschef Lula da Silva sah man ihn zu Beginn seiner Reise in überraschender Eintracht.

Es waren die Gesichter zu einer Reise des Moskauer Außenamtschefs in vier lateinamerikanische Länder, die ein PR-Erfolg werden sollte und es auch wurde. War aber auch nicht schwierig. Schließlich reiste Lawrow fast nur zu unbedingten Unterstützern.

Lawrow in Südamerika: In Lateinamerika gibt es viele, die Verständnis zeigen für Russland

Und die Botschaft des Trips war klar: Gerade in Lateinamerika gibt es viele Russland-Versteher:innen. Während erwartet worden war, dass es in Kuba, Nicaragua und Venezuela, den ewigen und unverbrüchlichen Verbündeten Moskaus, nur Zustimmung für den Vernichtungskrieg gegen die Ukraine geben würde, sorgte vor allem Lulas Übereinstimmung mit der russischen Lesart in der westlichen Welt für Überraschung und Unbehagen.

Lawrows politische Absicht war es auf dieser Reise, die alten Freunde fester an sich zu binden und mit Brasilien einen neuen Verbündeten zu gewinnen. Wichtig dabei war auch, im traditionellen Einflussgebiet der Vereinigten Staaten Allianzen zu schmieden und so auch dort Washington die Stirn zu bieten.

Verbrämt haben Lawrow und seine Gastgeber dieses Ansinnen hinter dem Motto der Blockfreiheit und des Multilateralismus, wobei in Wirklichkeit keines dieser Länder neutral ist, sondern sich mehr oder minder eng an Moskau gebunden hat.

Lawrow in Lateinamerika: Herzliches Einvernehmen mit Kuba

„Kuba, Venezuela und Nicaragua gehören zu den Ländern Lateinamerikas, die ihren eigenen Weg gehen und nicht mehr von irgendjemandem abhängig sein wollen“, behauptete Lawrow. In Havanna, der letzten Station der Reise, bedankte er sich ausdrücklich für Kubas Unterstützung der russischen Lesart: „Wir wissen es zu schätzen, dass unsere kubanischen Freunde von Beginn der militärischen Spezialoperation an ihr volles Verständnis für unsere Gründe geäußert haben“, sagte Lawrow während seines Treffens mit Außenminister Rodriguez - was in westlichen Ohren nach Zynismus klingt.

Auf wirtschaftlichem Gebiet hat Moskau den Getreuen wegen eigener Notlagen allerdings wenig anzubieten. Nicaragua erhält russisches Getreide, Kuba Öl und mit Venezuela wurden umfassende Abkommen geschlossen, die dem bankrotten südamerikanischen Staat auf die Beine helfen sollen. „Wir planen zahlreiche Projekte in den Bereichen Erdölförderung, Erschließung von Gasfeldern, Landwirtschaft, Medizin und Pharmazie, Kommunikation, Raumfahrt und neue Technologien“. Ob diese ambitionierten Projekte allerdings jemals in die Tat umgesetzt werden, ist fraglich.

Die sozialistische Karibikinsel Kuba war jahrzehntelang der engste Verbündete Moskaus in Lateinamerika. Und Russland sicherte vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion das wirtschaftliche Überleben der Insel. Heute gehört Russland lediglich zu den zehn größten Kooperationspartnern Kubas. Zusammen mit Venezuela ist es aber einer der wenigen Öllieferanten. Moskau und Havanna wollen ihre Zusammenarbeit vor allem im Energiesektor bis zum Jahr 2030 deutlich ausbauen. Denn Kuba leidet unter Stromabschaltungen, Benzinknappheit und Nahrungsmittelengpässen, die immer mehr an die Zeit nach dem Ende der Sowjetunion in den frühen 1990er- Jahre erinnern.

Lawrow in Südamerika: Demonstrative Einigkeit mit Brasiliens Präsident

Seinen größten politischen Erfolg erreichte Lawrow zweifellos in Brasilien, der ersten Station seiner Reise. Dort durfte er verkünden, dass Brasilia und Moskau über die „Ereignisse in Russland“ einer Meinung seien. Zudem hätten beide Staaten eine multipolare Weltsicht.

Schon zuvor hatte Brasiliens Präsident Lula auf seiner Reise nach China den Westen irritiert und der USA vorgeworfen, kein Interesse an einem Frieden in der Ukraine zu haben. Spätestens in dem Moment hat der 77-jährige, im Westen eigentlich sehr geachtete Politiker, seine Chance verspielt, ein neutraler Vermittler in dem Bemühen um die Beendigung des Kriegs zu sein. Denn ganz offen demonstriert der brasilianische Staatschef sein Verständnis für den Aggressor Russland und seine Missachtung für die Ukraine, die er für den Krieg mitverantwortlich sieht. Die Hauptschuld hat in seinen Augen aber die Nato mit ihrer Expansionsstrategie in Richtung Osten.

Lulas Rückkehr ins Amt und die Abwahl des Rechtsextremisten Jair Bolsonaro wurde in Europas Hauptstädten und von der EU begrüßt und mit Zusagen für Millionenhilfen unterstützt. Doch Lula dankt das mit einer mindestens kritischen Haltung gegenüber den USA und Europa. Der Linkspolitiker nennt das einen unabhängigen, blockfreien Kurs, aber in Wahrheit verbündet er sich mit den autoritären Staaten China und Russland.

Auch interessant

Kommentare