Schleswig-Holstein: Reform des Wahlrechts noch vor Landtagswahl gefordert
Die Landtagswahl in Schleswig-Holstein soll am 8. Mai über die Bühne gehen. Kommt noch vor dem Urnengang eine Reform des Wahlrechts?
Kiel – In einem Monat wird in Deutschland wieder gewählt. Dieses Mal steht die Landtagswahl in Schleswig-Holstein auf dem Programm. Am 8. Mai sollen die Menschen im nördlichen Bundesland ihre Stimme abgeben. Noch vor dem Urnengang fordert der Grünen-Politiker Karl-Martin Hentschel eine Reform des Wahlrechts.
Der ehemalige Fraktionschef der Grünen hat in seiner Funktion als Vorstand des Vereins „Mehr Demokratie“ das Wahlsystem in Schleswig-Holstein unter die Lupe genommen und sieht Verbesserungsbedarf. Die entscheidende Änderung sollen Mehrpersonenwahlkreise bringen, wie es sie in über 70 Demokratien wie beispielsweise Dänemark, Finnland, Irland, Island, Norwegen, Österreich, Schweden und der Schweiz schon gibt.
„Damit könnte Schleswig-Holstein bundesweit Vorbild werden“, sagt Hentschel im Interview mit shz.de. Die Wähler:innen sollen demnach mehr Einfluss darauf haben, welche Personen sie im Parlament vertreten. „Wir schlagen deshalb eine Personenwahl mit einem Verhältnisausgleich vor. Die Wähler haben die Wahl zwischen mehreren Kandidaten einer Partei.“ Ein weiterer Vorteil sei die Zahl der Abgeordneten, die auf 69 festgelegt ist. Es gebe keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr.
Landtagswahl in Schleswig-Holstein: Reform des Wahlrechts noch vor Urnengang gefordert
Doch wie soll die Neuerung des Wahlrechts in der Praxis umgesetzt werden? „Grundidee ist die Wahl von 59 Abgeordneten in Mehrpersonenwahlkreisen. Wahlkreise könnten die heutigen Kreise und kreisfreien Städte sein. Nur Neumünster und der Kreis Plön sowie Flensburg und der Kreis Schleswig-Flensburg werden zusammengelegt“, erklärt Hentschel. In jedem Wahlkreis würden dem 71-Jährigen zufolge dann – je nach Bevölkerungsanteil – zwischen drei und sechs Abgeordnete direkt gewählt.

Mehr Gerechtigkeit: „Die Sitze im Wahlkreis werden proportional zur Zahl der Stimmen für ihre Kandidaten an die Parteien vergeben. Weitere zehn Abgeordnete werden über die Landeslisten der Parteien gewählt. So können die Parteien für sie wichtige Abgeordnete absichern“, so Hentschel. „Anstatt bisher nur einer Zweit- oder Parteistimme können die Wähler drei Personenstimmen an Kandidaten einer oder mehrerer Parteien abgeben.“
Landtagswahl in Schleswig-Holstein: Mehr Demokratie will „keine Stimme verloren“ geben
Eine weitere wichtige Änderung wäre die sogenannte Ersatzstimme, mit der die Wähler:innen eine andere Partei wählen können, falls die zuerst gewählte Partei an der Fünf-Prozent-Klausel scheitern sollte. „Diese kommt zum Tragen, wenn die von ihm abgegebenen Stimmen für Kandidaten einer kleinen Partei wegen der Sperrklausel verfallen. So geht keine Stimme verloren“, sagt Hentschel. Die Befreiung des SSW von der Sperrklausel als Sonderfall solle aber erhalten bleiben.
Besonders interessant ist zudem der geplante Umgang mit Proteststimmen, diese sollen in Zukunft gezielt erfasst werden. „Leere und durchgestrichene Stimmzettel werden gesondert gezählt und in der Statistik als Proteststimme ausgewiesen“, erklärt Hentschel. So bekomme man einen Überblick darüber, wie viele Menschen unzufrieden mit den Parteien sind. Bis zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 8. Mai ist die Zeit für eine Reform des Wahlrechts aber wohl zu knapp. In Umfragen liegt Ministerpräsident Daniel Günther von der CDU klar vorne. (ck)