Kritik am Gebäudeenergiegesetz: „Geld mit der Gießkanne für Vielverdiener“

Verbände bemängeln das Förderprogramm der Bundesregierung für den Austausch von Heizungen. Dabei werde Geld verschwendet, das anderswo fehle.
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) versucht gleich zu Beginn, die Bedenken zu zerstreuen: „Das Gesetz wird nicht dazu führen, dass jemand ohne Heizung dasitzt und auch nicht dazu, dass jemand sein Haus verkaufen muss“, sagte sie am Mittwoch bei der Vorstellung des Entwurfes zum Gebäudeenergiegesetz.
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Das hat das Kabinett – zusammen mit der zugehörigen Förderrichtlinie – am Mittwoch verabschiedet (siehe nebenstehende Box). „Wir haben Handlungsbedarf und sind international vergleichsweise spät dran“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck. Er verwies auf Länder wie Dänemark, wo die Erneuerbaren in einem ähnlichen Gebäudebestand bei ähnlichem Klima bereits 80 Prozent der Wärmeversorgung stellten. Zur häufigen Kritik, dass Wärmepumpen mit Strom betrieben werden, der teils aus Kohlekraftwerken kommt, verwies er auf die laufende Energiewende.
Damit niemand „sein Haus verkaufen muss“, bietet die Regierung verschiedene Möglichkeiten: So wird es künftig eine Grundförderung von 30 Prozent beim Heizungsaustausch und zusätzlich „Klimaboni“ geben. Die Förderung kann damit bis zu 50 Prozent betragen. Derzeit gibt es eine Förderung von bis zu 40 Prozent – allerdings noch eingeschränkt auf Wärmepumpen.

Wenn Menschen, die aufgrund ihres Alters oder weil sie Sozialhilfe bekommen, vom Gesetz ausgenommen sind, sich doch entscheiden, eine bestehende fossile Heizung zu ersetzen, sollen sie zusätzlich einen „Klimabonus“ in Höhe von 20 Prozent erhalten. Einen weiteren Bonus in Höhe von zehn Prozent können Menschen beantragen, die verpflichtende Umstellungen auf klimafreundlichere Heizungen schneller unternehmen als vorgeschrieben.
Die 30-prozentige Grundförderung für den Einbau neuer Heizungen steht Habeck zufolge jedem offen, auch Menschen mit hohen Einkommen. „Darauf haben wir uns nicht verständigen können, eine Einkommensprüfung durchführen zu können“, so Habeck. Das Geld für die Förderung soll aus dem Transformations- und Klimafonds kommen.
Gebäudeenergiegesetz
Vom kommenden Jahr an sollen laut dem Entwurf neue Heizungsanlagen „möglichst“ zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
Klassische Gas- und Ölheizungen können das nur erreichen, wenn sie etwa in Kombination mit einer Wärmepumpe betrieben werden.
Ausnahmen gibt es zum Beispiel für über 80-jähige Hausbesitzer:innen.
Ist die Heizung irreparabel kaputt, ist der Einbau einer Gas- und Ölheizung übergangsweise erlaubt. Innerhalb von drei Jahren soll die Anlage dann aber das 65-Prozent-Ziel einhalten müssen.
Auch sind „H2 Ready“-Gasheizungen eine theoretische Option. Das sind Heizungen, die irgendwann auf 100 Prozent Wasserstoff umgerüstet werden könnten. Diese dürfen nur eingebaut werden, wenn es einen verbindlichen Plan für Wasserstoffnetze gibt. FR/afp
Jonas Pieper, Referent beim Paritätischen Gesamtverband, findet es positiv, dass bei den „Klimaboni“ soziale Aspekte berücksichtigt werden sollen. Die 30 Prozent Grundförderung für alle hält er hingegen nicht für sinnvoll: „Aufgrund der aktuellen Haushaltsdebatte finden wir das unvernünftig.“ Pieper weist auf mögliche Härtefälle hin: „Es gibt natürlich Haushalte, die ein Haus besitzen, die einfach gar keine Rücklagen haben. Wenn sie gleichzeitig geringe Einkommen haben, greifen 50 Prozent zu kurz.“
Die Klima-Allianz, ein Zusammenschluss mehrerer Umwelt- und Sozialverbände, fordert den Bundestag auf, die Ausnahmen für „wasserstofffähige“ Heizungen abzuschaffen: „Der flächendeckende Einsatz von Wasserstoff im Wärmebereich ist eine Illusion und mit enormen finanziellen Risiken für die Verbraucher verbunden“, sagt Stefanie Langkamp, Geschäftsleiterin Politik der Allianz. Zum Schutz von Mieterinnen und Mietern fordert der Verband eine deutliche Absenkung und perspektivisch eine Abschaffung der Modernisierungsumlage, mithilfe derer Vermieter:innen Modernisierungskosten umlegen können.
Auch Barbara Metz, Geschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe, sieht das Gesetz kritisch. Sie moniert, dass durch die Ausnahmen weiterhin Gasheizungen eingebaut werden dürfen – und das sogar gefördert mit Steuergeld: „Das ist vollkommen absurd und rückt die Einhaltung des Pariser 1,5-Grad-Limits in weite Ferne.“ Außerdem kritisiert sie die Aufteilung der Mittel: „Dazu werden Fördergelder mit der Gießkanne auch an Vielverdiener verteilt, anstatt im Wesentlichen einkommensschwache Haushalte in ausreichendem Maße zu fördern.“