Zittern vor Leopard und Abrams? Kreml spielt Angst vor Panzern in Russland herunter
Die Ukraine hat Zusagen für Kampfpanzer aus dem Westen erhalten. Russland scheint verängstigt. Doch der Kreml versucht, den Schein zu wahren.
Berlin – Der Knoten ist geplatzt: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat nach Wochen langem Tauziehen am Mittwoch (25. Januar) zugesagt, Leopard-2-Panzer an die Ukraine liefern zu wollen. Bis „Ende März“ sollen die Panzer in der Ukraine sein, schätzt Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).
In Russland haben die Entscheidungen im Westen jedoch eine regelrechte Abwehrhaltung ausgelöst. „Der Kreml und russische Militärblogger versuchten, die westliche Lieferung von Panzern an die Ukraine herunterzuspielen“, fasst das Thinktank „Institut for the Study of War“ (ISW) die Reaktionen aus Russland zusammen.
Panzer für die Ukraine: Russland versucht zu beschwichtigen
In Washington und Berlin wurde am Mittwoch bekannt gegeben, dass die USA und Deutschland Abrams beziehungsweise Leopard-2-Panzer an die Ukraine liefern werden. Noch am selben Tag versuchte der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, die Entscheidung als „technologischen Misserfolg“ abzuwerten. Das Potenzial der Panzer würde „klar überschätzt“ werden, zitiert das ISW den Sprecher.
Militärexpert:innen sind sich entgegen der russischen Darstellung größtenteils einig, dass die fortschrittlichen Kampfpanzer aus dem Westen einen Unterschied im Ukraine-Krieg machen können. Leopard-Panzer bieten einen „klaren Vorteil für die Ukraine auf dem Schlachtfeld“, gab zuletzt der Militärexperte Andy Milburn gegenüber der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA zu verstehen.
Angst vor Leopard und Abrams: Russland versucht im Ukraine-Krieg abzulenken
Die ersten Einschätzungen aus Russland, verfolgen nach Auffassung des ISW in erster Linie den Zweck „potenzielle Ängste vor den Auswirkungen westlicher Verpflichtungen zur Lieferung von Panzern an die Ukraine zu beruhigen“.

Der russische Telegrammchannel „Vetereanennotizen“, mit über 300.000 Followern, reihte sich in den anfänglichen Kreml-Tenor ein. „Mir ist diese Hysterie um die Übergabe von Panzern an die Ukrainer verdächtig unangenehm. Sie haben sie also übergeben, na und?“, hieß es in einem Post. Der russische Propaganda-Channel vermutete weiter, dass die Nato-Lieferungen die Weltgemeinschaft von Korruptionsermittlungen in der Ukraine ablenken sollten. Wie das genau funktionieren soll, wurde nicht weiter ausgeführt.
Eskalation im Ukraine-Krieg: Kreml spricht von „direkter Beteiligung“ des Westens
Einen Tag nach den Zusagen aus Berlin und Washington gewinnt jedoch auch im Kreml die diplomatische Wortwahl an Schärfe. Während die Lieferung von defensiven Patriot-Raketensystemen in Moskau umgehend als ernsthafte Eskalation gewertet wurde, zeigt sich der Kreml beim Thema Panzerlieferungen anfangs zurückhaltender. Erst einen Tag später wird von Eskalation gesprochen.
„In Moskau betrachten wir dies [Anm. d. Red.: die Lieferung von Kampfpanzern] als eine direkte Beteiligung am Konflikt“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag (26. Januar). Die Einschätzung der amerikanischen Denkfabrik ISW, dass die Nährung des „Eskalationsnarratives im Westen“ bei den Panzerlieferungen nicht an erster Stelle steht, dürfte sich damit bewahrheiten.
Panzer gegen Russland: Bereits vor dem Eintreffen helfen Leopard und Abrams
Der Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sprach zuletzt davon, dass die deutschen Panzer noch vor einer möglichen russischen Frühjahrsoffensive einsatzbereit sein dürften. Militärisch helfen die westlichen Zusagen der ukrainischen Armee aber bereits vor dem Eintreffen der schweren Waffensysteme.
So können die Kommandant:innen bereits jetzt den Ersatz für Panzer planen, welche bei einer Gegenoffensive, auch vor dem Eintreffen der Lieferungen, zerstört werden könnten, so die Einschätzung des ISW. „Der Kreml und seine Verbündeten sind zu Recht besorgt über diese neuen westlichen Verpflichtungen“, schlussfolgert das Institut. (lm)