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Kreml-Kenner entlarvt Fehler: „Putin hat eigenes Schicksal an Krim gekettet“

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Der russische Präsident Wladimir Putin im Dezember vergangenen Jahres im Auto auf der Krim-Brücke, auf er es wenige Wochen zuvor zu einer Explosion gekommen war (Archivbild). © IMAGO/Russian President Press Office

Der ehemalige Redenschreiber Putins glaubt, der Verlust der Halbinsel Krim im Ukraine-Krieg könnte für den Kremlchef auch den Verlust seiner Macht bedeuten.

Krim - Der Ukraine-Krieg begann aus Sicht des Nato-Chefs Jens Stoltenberg bereits im Jahr 2014, als Russland die Krim völkerrechtswidrig annektierte. Die Schwarzmeer-Halbinsel spielt sowohl für die Ukraine als auch für Russland eine zentrale Rolle. Das Schicksal des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist direkt mit der Krim verbunden, glaubt der Kreml-Kenner Abbas Galljamow und sieht darin einen taktischen Fehler des Präsidenten. Verliert Putin die Krim, verliert er die Macht.

Warum Putins Macht an das Schicksal der Krim geknüpft ist

Für Putin geht es beim Kampf um die Krim nicht nur um strategisch wichtiges Gebiet, sondern um den eigenen Machterhalt. Das betonte der russische Politologe Abbas Galljamow, der einst selbst im Kreml tätig war, unter anderem als Redenschreiber für den russischen Präsidenten. Der Kremlchef habe sein eigenes Schicksal an das Schicksal der Halbinsel Krim geknüpft. „Putin selbst hat aus der Krim etwas Heiliges gemacht“, so Galljamow laut Bild-Informationen im Interview mit dem ukrainischen TV-Sender Kanal24. Die Eroberung der Halbinsel im Jahr 2014 sei der wichtigste außenpolitische Erfolg des Präsidenten, mit einem Verlust des Gebiets würde der Kremlchef womöglich die Unterstützung seines Volkes, der Eliten und der Sicherheitskräfte im Land verlieren.

Auf der Krim gehe es um nichts Geringeres als um Russlands Identität, bestätigte auch der Russland-Experte Oleg Ignatow. Die Halbinsel sei für Putin extrem wichtig, glaubt auch der ukrainisch-krimatarische Politiker Refat Tschubarow. „Es ist die Frage seines Lebens, und nicht nur eine politische“, sagte Tschubarow. „Deshalb ist es klar, dass Russland, insbesondere im Stadium der unvermeidlichen Niederlage, alle [...] seine Kräfte mobilisieren wird, um die Krim für sich zu behalten.“ Andere Politikbeobachter gehen noch einen Schritt weiter: Verliert Putin die Krim, könnte das für den Präsidenten nicht nur den politischen Tod bedeuten, glaubt der amerikanische Historiker Michael Kimmage. Demnach könnten Generäle oder Oligarchen seinen Rücktritt fordern. „Oder sie vergiften ihn, oder jemand erschießt ihn, wie es in Russland bei Machtwechseln üblich ist“, so der Historiker.

Präsidentschaftswahlen in Russland für Putin „Moment der Schwäche“

Kürzlich erfolgte ein Anschlag auf die Krim-Brücke über die Straße von Kertsch - eine für Russland wichtige Verbindung
Im vergangenen Jahr gab es auf der Krim-Brücke eine Explosion, Ende April dann explodierte ein Treibstofflager auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim, wohl als Vorbereitung der ukrainischen Gegenoffensive. © IMAGO/Elena Ivanova

Der entscheidende Zeitpunkt für Putin seien die Wahlen in Russland im Jahr 2024. Wäre die Krim verloren, gebe es keinen Grund für den Amtsinhaber zu stimmen, meint Galljamow. „Es wird keinen offensichtlicheren Beweis für Putins Niederlage geben, als den Verlust der Krim“, so der Politikexperte. Auch die Unterstützung der Eliten könnte der Kremlchef dann verlieren. „Jeder weiß, wie unzufrieden die Eliten sind“, betonte Putins früherer Redenschreiber weiter. Zuschlagen würden die Eliten dann im „Moment der größtmöglichen Schwäche. Im Moment der größtmöglichen Zweifel an seiner Legitimation.“ Die Wahlen seien ein Moment der Schwäche - „erst recht, wenn die Krim verloren wird.“

Der russische Machthaber könne die Wahlen aus Galljamows Sicht zwar fälschen, doch wenn es zu offensichtlich sei, werde die Bevölkerung dies nicht hinnehmen. Es könnten Unruhen oder Demonstrationen geben, gleichzeitig würde auch die Unterstützung innerhalb seines Sicherheitsapparats schwinden. Schon jetzt sind erste Risse im System erkennbar. Ende April wurde etwa bekannt, dass es Razzien in Moskauer Polizeibehörden gab, der russische Inlandsgeheimdienst FSB nahm mehrere Beamte fest. Ihnen wurde vorgeworfen, Daten an die Ukraine weitergegeben zu haben.

Kurz bevor im vergangenen Jahr die erste Gegenoffensive der Ukraine um Cherson startete, gab es zahlreiche ukrainische Angriffe auf der Halbinsel Krim. „Der Krieg begann mit der Krim und muss mit der Krim enden – mit ihrer Befreiung“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj damals. Die zweite Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte scheint kurz bevorzustehen und erneut mehren sich die Explosionen auf der Halbinsel.

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