Serbien und Kosovo: Der Frieden, den kaum einer will

Serbien und der Kosovo könnten in Brüssel ein Abkommen unterschreiben, um ihren territorialen Dauerstreit beizulegen. Das trifft auf Ablehnung.
Brüssel - Diplomatischen Kreisen zufolge könnten die Regierung des Kosovo und die Serbiens am Montag (27. Februar) ein wechselseitiges Abkommen in Brüssel unterzeichnen, das dazu führen soll, dass die Sicherheitslage – insbesondere im Norden des Kosovo – sich entspannt und Streitereien künftig weniger leicht eskalieren.
Eine Anerkennung des Kosovo durch Serbien wird das Abkommen allerdings nicht beinhalten. Vielmehr geht es um eine „Zwischenlösung“, ein „Einfrieren der derzeitigen Situation“, den „Versuch Serbien vom russischen Einfluss abzuschirmen“ und eine „Stabilisierung der Region angesichts des Kriegs Russlands gegen die Ukraine“ wie mit dem Papier Vertraute erklären.
Serbien und Kosovo: Konflikte friedlich und ohne Gewalt beilegen
Das Abkommen steht auf der Grundlage eines deutsch-französischen Vorschlags. Serbien und Kosovo sollen laut dem Vertrag vereinbaren, dass sie ihre Konflikte friedlich und ohne Gewalt beilegen, sie sollen „die Unverletzlichkeit der zwischen ihnen bestehenden Grenze“ bekräftigen und die „territoriale Integrität“ sowie die Gerichtsbarkeit des jeweils anderen respektieren. Zudem soll vereinbart werden, dass „keine der beiden Parteien die andere auf internationaler Ebene vertreten“ kann, gleichzeitig sollen wechselseitig ständige Vertretungen eingerichtet werden.
Der deutsch-französische Vorschlag ist nicht Grundlage für ein endgültiges Abkommen zwischen den beiden Staaten, weil Serbien nicht bereit ist, Kosovo anzuerkennen. Am Montag, wenn der serbische Präsident Aleksandar Vucic und der kosovarische Premier Albin Kurti in Brüssel aufeinandertreffen, sind auch die wichtigsten außenpolitischen Berater der deutschen und der französischen Regierung, Jens Plötner und Emmanuel Bonne dabei. Deshalb geht man davon aus, dass das Abkommen dann auch unterzeichnet werden könnte.
Indirekt steht das Abkommen auch mit der Schaffung eines serbischen Gemeinde-Verbands im Kosovo in Zusammenhang, der in einem Abkommen 2013 vereinbart wurde. Dazu hat die deutsche Friedrich-Ebert-Stiftung einen Vorschlag ausgearbeitet, der mit kosovarischem Recht vereinbar ist. Bislang gibt es im Kosovo viel Widerstand gegen die Schaffung jenes Gemeindeverbands, weil man die Sorge hat, dass Belgrad sich darüber in innerkosovarische Angelegenheiten einmischen kann.
Serbien und Kosovo: Russlands Botschafter wendet sich gegen das Abkommen
Auch Vucic steht unter Druck, da rechtsradikale Gruppen im Land gegen das Abkommen mobilisieren. Diese Gruppen stehen teilweise mit Russland in Verbindung. Vor zehn Tagen wurden drei Männer in Belgrad festgenommen, die mit „mehr als“ Unruhen gedroht hatten, falls Serbien das Abkommen akzeptiert. Die drei seien wegen „Aufrufs zu einer gewaltsamen Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung“ und illegalen Waffenbesitzes angeklagt worden, verlautbarte das Innenministerium.
Auch Alexander Botsan-Kharchenko, Russlands Botschafter in Serbien, wandte sich öffentlich gegen das Abkommen. Er verglich den Brüsseler Vorschlag mit den Abkommen zur Entspannung in der Ukraine. „Heute – angesichts der Enthüllungen von Merkel über die Minsker Vereinbarungen – können wir davon ausgehen, dass die Brüsseler Vereinbarungen höchstwahrscheinlich entstanden sind, um die militärische Ausbildung von Pristina zu verschleiern“, sagte er in ein Interview mit der Iswestija. Der Russe geißelt den Brüsseler Vorschlag als „Verschleierungstaktik“.
Serbien und Kosovo: Kosovarische Regierung will dem Europarat beitreten
Kritisiert wird von kosovarischer Seite, dass an der ausgebliebenen Anerkennung des Kosovo durch fünf EU-Staaten (Rumänien, Slowakei, Spanien, Zypern, Griechenland) nichts verändert wird. In EU-Kreisen gibt es die leise Hoffnung, dass sich zumindest die Slowakei und Griechenland umstimmen lassen könnten, den Kosovo anzuerkennen. Serbien soll angeblich dazu gebracht werden, seine Lobby-Arbeit in der EU gegen die Anerkennung des Kosovo zu beenden.
Von manchen wird der deutsch-französische Vorschlag mit dem deutsch-deutschen Grundlagenvertrag 1973 verglichen. Allerdings gibt es einen grundsätzlichen Unterschied: Der Kosovo hat auch nach dem Abkommen keine Chance, UN-Mitglied zu werden. Denn Russland und China würden sicher ihr Veto einlegen. Der Kosovo will in Bälde dem Europarat beitreten. Zurzeit wird das von Frankreich und Deutschland blockiert, die damit die kosovarische Regierung dazu bringen wollen, den serbischen Gemeindeverband zu schaffen. (Adelheid Wölfl)