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Ein Gipfel ohne den Süden

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Von: Susanne Schwarz

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Menschen in Ländern auf der Südhalbkugel sind besonders den Umweltkatastrophen durch den Klimawandel ausgesetzt.
Menschen in Ländern auf der Südhalbkugel sind besonders den Umweltkatastrophen durch den Klimawandel ausgesetzt. © afp

Durch die Verlagerung der Klimakonferenz nach Madrid bleibt eine Hälfte der Welt außen vor.

Die Organisation der diesjährigen UN-Klimakonferenz, der COP 25, war kompliziert: Madrid ist der dritte anvisierte Standort. Ursprünglich sollte der Gipfel in Brasilien stattfinden. Auf Druck des gerade gewählten ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro wurde COP 25 die Tür gewiesen.

Chile sollte es dann sein. Aber das fiel flach wegen der Massenproteste angesichts der sozialen Schieflage im Land und der massiven Repression durch die Regierung. Ende Oktober winkte Chile ab, und Spanien sprang kurzfristig ein.

Das Chaos dürfte ein bekanntes Problem noch verschärfen: Die Delegationen von Nichtregierungsorganisationen wie von Regierungen aus dem Süden sind deutlich kleiner als ihre Pendants aus dem Norden. „Es ist sehr gut, dass die COP 25 überhaupt stattfinden kann, aber der Umzug von Santiago de Chile nach Madrid ist leider auch mit hohen Umzugskosten verbunden“, sagt Sabine Minninger von Brot für die Welt. Erstattungen für die längst gebuchten Hotelzimmer und Flüge sind rar, und Unterkunft in Madrid ist teuer. „Gerade kleine Organisationen aus dem globalen Süden schaffen es kaum, die Mehrkosten zu bewältigen“, sagt Minninger.

Klima-Gipfel: Der Norden hat Angst

Das ist dieses Jahr besonders unglücklich, denn endlich geht es in der Tagesordnung prominent um Schäden und Verluste, was gerade für die Südhalbkugel wichtig ist – seit Jahren werden Entscheidungen dazu mit Verweis auf die COP 25 vertagt.

Der formale Anlass kommt unscheinbar daher: Es soll beschlossen werden, wie der 2013 vereinbarte „Warschau-Mechanismus“ für Schäden in das zwei Jahre später beschlossene Pariser Klimaabkommen integriert werden kann. Das ist tatsächlich ein Politikum: Letztendlich geht es darum, wie die Welt damit umgeht, dass durch die Klimakrise Existenzen, Lebensräume, Naturschätze und Kulturgüter vernichtet werden – und zwar vor allem im Süden. „Dort fehlt es an Geld für einen Wiederaufbau, wenn zum Beispiel ein Sturm ganze Landstriche verwüstet hat – dabei haben die am stärksten betroffenen Länder am wenigsten zum Problem beigetragen“, erläutert Minninger. „Es wäre nur fair, wenn Geld aus dem Norden in den Süden fließt, und zwar spezifisch für diese Fälle, nicht nur im Rahmen sonstiger Zahlungen oder Spenden.“

Haftung für die Klimakrise?

Das Thema ist kontrovers, geht es doch um Geld, um viel Geld. Die Industrieländer wollen auf keinen Fall, dass ein Beschluss wie eine Art Schuldeingeständnis gewertet werden kann, das dann vielleicht Haftung für die ganze Klimakrise nach sich ziehen könnte. Das Paris-Abkommen schließt das eigentlich aus, aber in der Debatte schwingt das trotzdem mit.

Und nun werden ausgerechnet aus dem Süden die Zivilgesellschaften fehlen. Tadzio Müller, Klimareferent der Rosa-Luxemburg-Stiftung, kann diesem Manko trotzdem etwas Positives abgewinnen: „Dass Chile die COP wegen der anhaltenden Proteste absagen musste, zeigt auch, dass soziale Bewegungen etwas erreichen können.“ Und noch eines mehr freut ihn angesichts des Widerstands auf der Südhalbkugel: „Die Menschen in Chile haben es dem Präsidenten Piñera nicht durchgehen lassen, dass er seiner neoliberalen Ausbeutungspolitik durch den Klimagipfel den Anschein grüner Legitimation geben wollte.

Auf der UN-Klimakonferenz wird auch über einen CO2-Handel diskutiert. Der Umweltökonom Reimund Schwarze erklärt die Tücken eines globalen Emissionssystems und sagt: „Der CO2-Handel zwischen Staaten braucht Kontrolle“.

Brasilien tritt auf der UN-Klimakonferenz offensiv auf und stellt unverfroren Forderungen.

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