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Mehrere US-Bundesstaaten wollen Kinderarbeit wieder zulassen

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Von: Johanna Soll

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Teenager in den USA (Symbolbild)
Teenager in den USA. (Symbolfoto) © Barbara Munker / dpa

Was tun bei Arbeitskräftemangel? In manchen Bundesstaaten der USA sollen Teenager wieder schwere Arbeiten verrichten dürfen, etwa am Bau oder in der Fleischverarbeitung.

Des Moines/Saint Paul – Die Arbeitslosenquote in den USA liegt derzeit bei 3,4 Prozent und ist somit niedrig. In einigen Regionen herrscht allerdings Fachkräftemangel und in den Parlamenten mancher Bundesstaaten gibt es immer wieder Vorstöße, den Kinderarbeitsschutz zu lockern. So wollen Unternehmen schnell an billige Arbeitskräfte kommen, ohne höhere Löhne und attraktivere Zusatzleistungen für erwachsene Fachkräfte bieten zu müssen, wie die Washington Post berichtet.

Um minderjährige Arbeitnehmer:innen vor gefährlichen Arbeitsplätzen zu schützen und die Schulbildung zu priorisieren, regeln in den USA Bundesgesetze, welchen Jobs Jugendliche zu welchen Arbeitszeiten nachgehen dürfen. Die einzelnen Bundesstaaten können in gewissem Rahmen jedoch eigene Gesetze erlassen.

In den Parlamenten der Bundesstaaten Minnesota, von Demokraten regiert, und Iowa, von Republikanern regiert, wurden kürzlich Gesetzentwürfe eingebracht, die den Kinderarbeitsschutz ausgerechnet für einige der gefährlichsten Arbeitsplätze aufweichen sollen. Sowohl Altersgrenzen als auch Anforderungen an die Arbeitsplatzsicherheit sollen gesenkt werden. In Minnesota sollen 16- und 17-Jährige auf dem Bau arbeiten dürfen.

Kinderarbeit in den USA: Keine Haftung, wenn Jugendliche bei der Arbeit verletzt oder getötet werden

Iowa will 14- und 15-Jährigen erlauben, bestimmte Tätigkeiten in der Fleischverarbeitung zu übernehmen. Außerdem sollen 15-Jährige als Rettungsschwimmer:in und Schwimmlehrer:in arbeiten und leichte Fließbandarbeiten ausführen dürfen. Für letzteres sowie für das Be- und Entladen von Fahrzeugen und Ladenregalen würden sie eine behördliche Ausnahmegenehmigung benötigen, die die Arbeiten nur im Umfang der „Kraft und Fähigkeit des Fünfzehnjährigen“ erlauben.

Der Gesetzentwurf in Iowa sieht auch eine Verlängerung der zulässigen Arbeitszeiten von Jugendlichen während des Schuljahres vor. Besonders signifikant ist, dass der Gesetzgeber dort Unternehmen vor zivilrechtlicher Haftung schützen will, sollten jugendliche Arbeitnehmer:innen durch die Arbeit krank, verletzt oder getötet werden. Fachleute kritisieren die Gefahren des Gesetzesvorhabens für Jugendliche. Insbesondere Kinder aus ärmeren Familien würden für diese Arbeiten eingestellt.

Befürworter:innen des Iowa-Gesetzentwurfes behaupten, die Altersgrenze für bestimmte Jobs zu senken, sei notwendig. Laut Brad Epperly, einem Lobbyisten der Lebensmittelindustrie, arbeite eine „schrecklich geringe“ Zahl junger Menschen. Bei einer Anhörung zitierte er Statistiken des Bundes, wonach die Erwerbsquote von Personen im Alter von 16 bis 24 Jahren im Jahr 2021 bei etwa 56 Prozent lag.

Fälle von illegaler Kinderarbeit in den USA häufen sich

Der Bundesstaat New Jersey hat 2022 ein Gesetz erlassen, das die Arbeitszeiten von Jugendlichen in den Schulferien verlängert. Das Parlament von Wisconsin verabschiedete eine Aufhebung der Arbeitszeitbeschränkung für Jugendliche während des Schuljahres, doch der demokratische Gouverneur Tony Evers legte dagegen ein Veto ein, sodass das Gesetz nicht in Kraft trat.

US-Bundesbehörden hatten in den vergangenen Monaten mehrere Verstöße gegen Kinderarbeit zu prüfen. Im August 2022 verklagte das Bundesarbeitsministerium ein Zulieferunternehmen des südkoreanischen Automobilherstellers Hyundai im US-Bundesstaat Alabama wegen illegaler Kinderarbeit. Minderjährige Migrant:innen aus Guatemala, zwischen 12 und 15 Jahren alt, hatten dort in einer Metallstanzfabrik gearbeitet, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet.

Ein Auftragnehmer des Fleischproduzenten JBS im Bundesstaat Nebraska einigte sich im Dezember im Rahmen eines Vergleichs mit dem Bundesarbeitsministerium in einem Zivilprozess. Die Behörde hatte dem Unternehmen „unterdrückerische Kinderarbeit“ vorgeworfen. Die Strafverfolgungsbehörden leiteten eine Untersuchung der Anlage ein, nachdem ein minderjähriger Arbeiter angeblich Verätzungen durch in der Anlage verwendete Reinigungsmittel erlitten hatte. (Johanna Soll)

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