Kiew steht im Ukraine-Krieg vor logistischen Hürden
Die Panzerlieferungen an die Ukraine bleiben umstritten, doch auch für die, die sie wollen, bereiten sie Schwierigkeiten: Es geht um Fragen der Logistik.
Kiew – Deutschland hat sich im Zuge des Ukraine-Kriegs dazu entschlossen, Panzer zu liefern, was abermals die Debatte um den Status der „Kriegspartei“ befeuert. Die Ukraine unter Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuletzt immer wieder mit Nachdruck weitere Waffensysteme aus dem Westen gefordert, mehrere Länder dem schließlich zugestimmt, darunter auch Deutschland. Kritiker:innen warnen vor einer Eskalation, doch so oder so: Mit der Lieferung der Panzer beginnt für die Ukraine ein logistischer Kraftakt. Die Panzerlieferungen aus den verschiedenen Ländern bringen auch denen, die sie wollen, einige Schwierigkeiten. Warum?
Umstrittene Panzerlieferungen im Ukraine-Krieg: Neues Material mit logistischen Hürden
Die umstrittenen Panzerlieferungen an die Ukraine aus nunmehr zwölf Nationen sind für die Streitkräfte vor Ort mit organisatorischen Schwierigkeiten verbunden. Nachdem sich verschiedene westliche Länder dazu entschlossen haben, der Ukraine Panzer zu liefern, bleibt für einige Militärexpert:innen die Frage, wie viel Auswirkungen sie überhaupt auf das Kriegsgeschehen haben werden. Hintergrund ist vor allem die große Unterschiedlichkeit des gelieferten Materials, wie die Washington Post berichtet. Selbst bei den gleichen Panzermodellen aus verschiedenen Ländern kann es Abweichungen geben.

Geliefert werden unterschiedliche Modelle, mit unterschiedlichem technischen Stand, zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Hinzu kommt: Um die gelieferten Geräte zu nutzen, bedarf es umfassender Schulungen. Da es sich um verschiedene Systeme handelt, werden wiederum verschiedene Schulungen benötigt. Auch die Beschaffung unterschiedlicher Munition ist komplex, gleiches gilt für die Versorgung mit Ersatzteilen. Spanien etwa liefert zudem ältere Leopard-Modelle, die möglicherweise umfassende Reparaturarbeiten benötigen. Ob die Lieferungen für das Militär schnell zum Gamechanger werden, ist umstritten, so die Washington Post.
USA und Deutschland planen Panzer-Schulungen außerhalb der Ukraine
Sowohl die USA als auch Deutschland wollen ukrainische Streitkräfte außerhalb der Ukraine im Gebrauch der Panzer schulen. Ein anonymer US-Beamter, der mit der Entscheidungsfindung in den USA vertraut ist, erklärte laut Washington Post, der Einsatz der Panzer aus den USA erfordere umfangreiche Vorbereitungen, inklusive der Ausbildung außerhalb der Ukraine. Der Beamte gab zu Papier: „Wir sind zuversichtlich, dass wir nach einigen Monaten in der Lage sein werden, angemessene Unterstützung bei der Wartung und Instandhaltung zu leisten“.
Deutschlands Trainingsprogramme für die Nutzung der gelieferten Panzer beginnen laut dem US-Medium bereits zeitnah. Schon am 26. Januar war eine Gruppe ukrainischer Soldaten zu Ausbildungszwecken in Köln gelandet, wie die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtet. Auch Großbritannien will mit seinen Schulungsprogrammen möglichst bald beginnen. Verteidigungs-Staatssekretär Alex Chalk erklärte, diese seien „Nicht nur für die Panzer-Crews, die die Fahrzeuge bedienen“, sondern auch für die, „die für die Wartung verantwortlich sein werden.“
Ukraine aktuell: Panzerlieferungen sorgen für gespaltene Meinungen
Die Panzerlieferungen an die Ukraine sorgen aktuell nicht nur in Deutschland für gespaltene Meinungen, derweil kommen von Wolodymyr Selenskyj weitere Forderungen. In einem Kommentar für den Deutschlandfunk schreibt etwa Sebastian Engelbrecht: „Kriege haben ihre eigene tödliche Dynamik. Und die Lieferung des deutschen Leopard-2-Panzers an die Ukraine wird diese Dynamik beschleunigen. Die Beteiligung deutscher Kampfpanzer wird die russische Armee zu einer Verstärkung ihrer Kräfte herausfordern. Eine weitere Eskalation des Krieges, und sei es nur innerhalb der Ukraine, ist so vorprogrammiert.“ Auch Kanzler Scholz hatte bei seiner Entscheidung gezögert, trotz Druck aus der eigenen Koalition.
Engelbrecht kommt in seinem Kommentar zu dem Schluss, das „Zaudern des deutschen Kanzlers Scholz vor seiner Panzer-Entscheidung“ sei nur allzu verständlich. Sein Fazit: „Panzer bringen keinen Frieden, sie bringen Krieg. Diese Einsicht mag manchem zu simpel erscheinen, aber sie stimmt im Kern.“ Das sieht man in der Ampel anders, die Würfel sind abermals für Waffenlieferungen gefallen – allem Zaudern zum Trotz. Welche Dynamik die Panzer ins Kriegsgeschehen bringen und welche eben nicht, wird sich zeigen. Klar ist: Auch die Frage nach Waffenlieferungen wird hochumstritten bleiben, nicht nur in Deutschland. Und sie geht in eine neue Phase, denn: Die Ukraine fordert nun auch Kampfjets. (Alexander Eser-Ruperti)