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Ketanji Brown Jackson: Eine Perspektive, die bisher fehlte

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Von: Thomas Spang

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Ketanji Brown Jackson bei ihrer Nominierung im Februar.
Ketanji Brown Jackson bei ihrer Nominierung im Februar. © AFP

Ketanji Brown Jackson ist die erste Schwarze am Supreme Court der USA – an der Machtbalance ändert sie jedoch nichts.

Die Emotionen am Ende einer von Freude und Bitterkeit geprägten Anhörung waren mit Händen zu greifen. Während sich US-Präsident Joe Biden und seine Kandidatin für das Oberste Gericht im Roosevelt Room des Weißen Hauses beim Überschreiten der 50-Stimmen-Schwelle überglücklich in den Armen liegen, protestierten zwei republikanische Senatoren aus dem Süden auf ihre Art gegen die Bestätigung der ersten Afroamerikanerin am Supreme Court.

Rand Paul und Lindsey Graham stimmten aus der Garderobe des Senats gegen Ketanji Brown Jackson (51) – ohne Anzug und Krawatte, wie es die Regeln für einen Auftritt in der altehrwürdigen Kammer verlangen. Damit setzten die beiden Senatoren ein Ausrufungszeichen hinter ein Verfahren, das von bizarren Anfeindungen gegen die Schwarze Ausnahmejuristin geprägt war. Sie reichten von Angriffen auf ihre Rolle als Pflichtverteidigerin in einem Terrorismusprozess über den Versuch, sie mit Kinderpornografie in Verbindung zu bringen, bis hin zu anzüglichen Fragen zu ihrer Definition von dem, was eine Frau ausmacht, und welcher Religion sie angehöre.

Ketanji Brown Jackson: Erste Schwarze am Supreme Court

Das ging den drei verbliebenen Moderaten in der weit nach rechts gerückten Fraktion der Republikaner entschieden zu weit. Mitt Romney, Lisa Murkowski und Susan Collins schlossen sich bei der Abstimmung allen Demokraten im Senat an. In Stellungnahmen lobten sie Brown Jacksons „unbestrittene Qualifikation“, ihre „juristische Unabhängigkeit“ und ihr „Temperament“. Sie werde als Nachfolgerin Stephen Breyers (83) „eine wichtige Perspektive“ an den Supreme Court bringen.

Genau das hatte US-Präsident Biden betont, als er die bisherige Richterin am Bundesberufungsgericht im District of Columbia am Tag nach dem Kriegsbeginn in der Ukraine für das Amt nominierte. Viel zu lange „sah unsere Regierung, unsere Gerichte nicht aus wie Amerika“, hatte Biden die Symbolik der Nominierung einer Nachfahrin von Sklaven hervorgehoben.

Brown Jackson wird nach ihrer Vereidigung die erste Schwarze und vierte Frau am obersten Gericht der USA in seiner 233 Jahre währenden Geschichte sein. Ihr Weg in den Olymp des amerikanischen Rechts ist das Gegenmodell zu den vorgezeichneten Karrieren von Sprösslingen aus vermögenden Familien, die auf überteuerten Eliteschulen zum großen Sprung ansetzen.

Ketanji Brown Jackson: Tätigkeit als Pflichtverteidigerin

Die 1970 in Washington, D. C., geborene Brown Jackson wuchs als Tochter eines Justiziars und einer Schulleiterin in Miami auf. Sie ging auf eine öffentliche Schule und schaffte es mit einem Stipendium nach Harvard, wo sie 1996 ihren Abschluss in Jura machte. Ihr Referendariat absolvierte sie bei dem Mann, dem sie nun am Obersten Gericht nachfolgt.

Typisch für ihren Werdegang „von unten“ ist ihre Tätigkeit als Pflichtverteidigerin für Menschen, die keinen Anwalt aus eigener Tasche bezahlen konnten. Barack Obama berief sie 2013 an das Bundesgericht im District of Columbia, von dem aus sie sieben Jahre später an das Bundesberufungsgericht wechselte.

„Sie wird eine unglaubliche Richterin sein“, twitterte Präsident Biden nach ihrer Bestätigung zusammen mit einem Selfie aus dem Weißen Haus. An der Machtbalance im bisher 6 zu 3 von Konservativen dominierten Supreme Court wird ihre Berufung wenig ändern, an der Zusammensetzung schon. Erstmals stellen weiße Männer nicht mehr die Mehrheit am Supreme Court. Und als erste ehemalige Pflichtverteidigerin bringt sie eine Perspektive in die Beratungen des Richterkollegiums ein, die bisher fehlte. Wenn die Anhörungen ein Maßstab sind, wird sich Brown Jackson so schnell nicht aus der Ruhe bringen lassen. Die oft bitteren Angriffe der weißen Republikaner parierte sie gefasst, zuweilen mit einem Lächeln auf ihren Lippen.

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