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SPD-Politikerin Mast zum Klimaschutzgesetz: „Alle in der Regierung sollten Gesetze einhalten“

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Von: Pitt von Bebenburg, Friederike Meier

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Die Klimaziele bleiben trotz der Ergebnisse des Koalitionsausschusses unverändert, versichert Katja Mast im FR-Interview.
Die Klimaziele bleiben trotz der Ergebnisse des Koalitionsausschusses unverändert, versichert Katja Mast im FR-Interview. © christoph boeckheler*

SPD-Politikerin Katja Mast über Verkehrsminister Volker Wissing, sozialen Ausgleich für neue Heizungen und den Autobahn-Ausbau.

Frau Mast, ob Klimaschutz, Heizungen oder Autobahnen – in der Koalition knirscht es bei fast jedem Thema. Hat die Ampel-Bundesregierung eine Zukunft?

Die Ampel hat sehr viel auf den Weg gebracht. Der Krieg in der Ukraine markiert eine Zeitenwende und trotzdem haben wir im ersten Jahr über 100 Gesetze verabschiedet. Nun sind wir dabei, weitere sehr große Gesetze auf den Weg zu bringen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die Herausforderungen bewältigen, die im Land anliegen: Wie schaffen wir die Energiewende, wie schaffen wir den extremen Zubau an erneuerbaren Energien, damit wir wegkommen von Atom und Kohle? Wie kriegen wir es hin, dass noch mehr Bürgerinnen und Bürger nicht nur hinter dem Klimaschutz stehen, sondern sich auch daran beteiligen? Das ist essenziell. Wenn wir bis 2045 klimaneutral sein wollen, müssen alle mitmachen.

Sind die Menschen denn überhaupt motiviert, das zu tun?

Die Zustimmung zu Klimaschutz ist in Umfragen sehr groß …

… ist das nur im Allgemeinen so oder auch, wenn die Menschen es dann selbst umsetzen müssen?

Das ist die spannende Frage. Jetzt wird Klimaschutz konkret und es geht nicht mehr nur um abstrakte Ziele. Es geht ganz konkret um das Leben der Bürgerinnen und Bürger, es geht um Heizungen, es geht um Mobilität. Das betrifft jede und jeden. Umso wichtiger ist, dass ambitionierter Klimaschutz Hand in Hand geht mit sozialem Ausgleich und mit wirtschaftlicher Stärke. So wird Klimaschutz eine Erfolgsstory.

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Beim Parteitag der FDP wurde über das Gebäudeenergiegesetz kürzlich nicht unter der Rubrik Klimaschutz debattiert, sondern unter dem Stichwort „Heizungsverbot“. Tanzt da ein Koalitionspartner mal wieder aus der Reihe?

Parteitagsrhetorik ist manchmal etwas anderes als das, was dann wirklich in den Anträgen steht. Wir haben uns gemeinsam verpflichtet, Deutschland klimaneutral zu machen bis 2045. Es wäre grob fahrlässig, wenn wir den Gebäudebereich außer Acht lassen würden, wo eine sehr große Kohlendioxid-Emission stattfindet. Es gibt keinen Zweifel an der Notwendigkeit, dass wir neue Heizungssysteme brauchen. Eine neue Heizung wird zwischen 20 und 30 Jahre alt. Wenn wir bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden wollen, müssen wir jetzt mit der Wärmewende beginnen. Das ist eine Generationenaufgabe. Am Anfang der Debatte hat ja jeder geglaubt, ab 2024 kommt jemand in den Keller und reißt die Heizung raus. Was für ein Irrsinn! Es geht darum, dass neu einzubauende Heizungen mit mindestens 65 Prozent Erneuerbaren Energien betrieben werden müssen – und zwar unabhängig vom Heizungstyp. Das ist der ökologische Teil, dazu kommt der soziale Teil: Das müssen sich auch Menschen mit einem ganz normalen Einkommen leisten können.

Und zwar sowohl die Vermieterinnen und Vermieter als auch die Mieterinnen und Mieter?

Ja, genau. Deswegen haben wir Mieterschutz eingebaut, damit es keine Überforderung gibt, wenn eine neue Heizung eingebaut wird.

Auch an der Basis der SPD gibt es Unmut darüber, wie schlecht das Gesetz handwerklich vorbereitet war und kommuniziert wurde. Die Furcht, dass Menschen überfordert werden, ist groß. Was ist da schiefgelaufen?

Das Gesetz hat das Licht der Öffentlichkeit in einem sehr frühen Stadium erblickt. Da waren viele Fragen, etwa zu Übergangsregelungen und Härtefällen, noch nicht berücksichtigt, die jetzt im Entwurf der Bundesregierung aufgenommen wurden. Vor allem aber gab es noch keinen Förderrahmen und keine Debatte über die soziale Komponente. Das Gesetz ist in die Öffentlichkeit geraten, ohne zu beantworten, wie sich das breite Bevölkerungsschichten leisten können. Da ist massiv nachgearbeitet worden. Und das Parlament wird da jetzt nochmal nacharbeiten.

Dazu gibt es aktuell den Vorschlag der Grünen, dass der Staat bis zu 80 Prozent fördern soll bei sehr niedrigen Einkommen. Was halten Sie davon?

Wir haben vom ersten Tag an klargemacht: Wir stimmen dem Gesetz nur mit starker sozialer Förderung zu. Der Vorschlag der Grünen ist dazu ein wichtiger Debattenbeitrag.

Zur Person

Katja Mast zieht als Erste Parlamentarische Geschäftsführerin die Fäden in der SPD-Bundestagsfraktion – gerade auch für Absprachen mit den Koalitionspartnern. Die 52-jährige Politikerin gehört dem Bundestag seit 2005 an, von 2017 bis 2021 war sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Von 2011 bis 2016 amtierte die Bankkauffrau als Generalsekretärin der SPD in ihrem Heimatland Baden-Württemberg. pit

Im Koalitionsvertrag ist das Klimageld erwähnt, das Menschen in Zeiten steigender Energiepreise entlasten soll. Kommt das noch?

Das, was wir vereinbart haben, wird kommen. Wenn wir die CO2-Bepreisung ab 2027 umstellen und die Zertifikate auf dem Markt gehandelt werden, wird es auch einen sozialen Ausgleich geben müssen.

Die Ampel will das Klimaschutzgesetz so aufweichen, dass Sektoren wie Verkehr oder Gebäude nicht so stark Energie einsparen müssen. Wie weich wird das Klimaschutzgesetz?

Die SPD ist sehr stolz darauf, dass sie in Zeiten der großen Koalition der Motor dafür war, dass wir überhaupt ein Klimaschutzgesetz in der Bundesrepublik Deutschland bekommen haben. Das war alles andere als einfach mit einem Koalitionspartner CDU/CSU, der einfach nichts erreichen will beim Thema Klimaschutz. Im Koalitionsvertrag hat die Ampel eine Weiterentwicklung vereinbart: Die Klimaziele bleiben unverändert, es darf kein Gramm CO2 mehr ausgestoßen werden als bisher geplant. Es geht nur darum, wie wir die Ziele gut erreichen können. Im Koalitionsausschuss haben wir festgehalten, dass die Bilanz über die Sektoren hinweg betrachtet wird, um festzustellen: Hält die Bundesregierung die Klimaziele ein, ja oder nein? Auch die Betrachtung der einzelnen Sektoren bleibt erhalten.

Man kann die Sektoren betrachten, aber das heißt noch lange nicht, dass auch gehandelt wird.

Ich will nur daran erinnern, dass die sozialdemokratische Bauministerin Klara Geywitz ein Sofortprogramm für den Gebäudebereich vorgelegt hat, das vom Expertengremium positiv beurteilt worden ist.

Aber der Verkehrsminister, Volker Wissing von der FDP, nicht.

Genau.

Trockener Stausee in Spanien: Die Folgen der Klimakrise sind auch in Europa sichtbar.
Trockener Stausee in Spanien: Die Folgen der Klimakrise sind auch in Europa sichtbar. © IMAGO/ZUMA Wire

Das sollte er eigentlich tun, oder?

Ja. Alle in der Bundesregierung sollten Gesetze einhalten. Deswegen ist es bei der künftigen Regelung umso wichtiger, dass das Parlament einen Hebel bekommt, ein solches Sofortprogramm einfordern zu können.

Auch beim Thema Autobahn-Ausbau gibt es einen andauernden Konflikt zwischen FDP und Grünen. Täuscht der Eindruck, dass die SPD sich hier gut hinter der FDP verstecken kann, aber eigentlich auch die Beschleunigung beim Autobahnbau befürwortet?

Wir haben uns in einem sehr langen Koalitionsausschuss sehr präzise geeinigt, dass wir uns eine Planungsbeschleunigung bei einigen wenigen Engpassstellen bei Autobahnen vorstellen können. Die Bundesländer haben da ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Ich bin gespannt, wie sich Hessen mit Schwarz-Grün positioniert, aber auch Baden-Württemberg mit Grün-Schwarz. Mir ist aber auch wichtig festzustellen: Wir haben eine massive Erhöhung der Investitionen in die Schiene. Und wir haben seit dem 1. Mai das Deutschlandticket. Dabei geht es nicht nur um eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger. Wir erwarten, dass mehr Menschen vom Individualverkehr zum öffentlichen Verkehr umsteigen – das hilft auch dem Klima.

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