Unruhen in Kasachstan: Lob für Russland aus Deutschland - mit neidischem Unterton
Russland schickt Truppen ins benachbarte Kasachstan. Das bewertet nicht nur eine deutsche Online-Plattform positiv. Eine Analyse.
Frankfurt am Main - Man könnte durchaus ignorieren, was der Bonner Mittler-Report-Verlag online zum russischen Einsatz in Kasachstan zu sagen hat. Auf seiner Plattform „Soldat & Technik“ in sehr direkter Anlehnung an die gleichnamige Fachzeitschrift, die man in Kooperation mit dem deutschen Verteidigungsministerium bis 2004 herausgab. Inzwischen heißt die „Europäische Sicherheit & Technik“, aber der alte Name ist eingeführt. Auf jeden Fall könnte es durchaus lohnenswert sein zu beachten, was da im Netz in der Rubrik „Aus der Truppe“ kolportiert wird.
Weil niemand Geringeres zitiert wird als Generalmajor Andreas Hannemann, Chef der Division Schnelle Kräfte „und damit oberster Luftlandesoldat des deutschen Heeres“. Der konzediert den Luftlandekräften aus Russland, „weltweit führend“ zu sein. Er hat das zwar im vergangenen Herbst auf einem Symposium gesagt, als Kasachstan auf niemandes Radar war, aber gesagt ist gesagt und also zitierfähig.

Bewertung des russischen Einsatzes in Kasachstan: Zynismus erster Güte
Und das Vorgehen der russischen Krisenreaktionskräfte klar nach Lehrbuch kann aus militärischer Perspektive tatsächlich Respekt abnötigen: mobilisieren, verladen, hinfliegen, absetzen, Brückenkopf sichern und ausbauen. In praktisch einem Tag. Solch Respekt ist aber bar jeder politischen Bewertung des Militärbündnisses „Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit“. An der ist nämlich ebenso objektiv nicht zu rütteln: Zynismus erster Güte, unwürdig dieses 21. Jahrhunderts. Seit dem ersten Einsatz im syrischen Bürgerkrieg von Russland – bei „Soldat & Technik“ sprachlich geadelt als „Auslandsmissionen“ – weiß man: Das ist die Kreml-Linie, unbeirrbar.
Bemerkenswert ist dagegen der neidische Unterton besagten Artikels „Kasachstan: Russische Luftlandetruppe demonstriert ,Kaltstartfähigkeit‘“: Warum können die das? Woher haben die so motivierte Soldaten? Und all die Ausrüstung? Daraus dann konsequent: Warum nicht wir? Sieht man, wie sich Konfliktlagen weltweit entwickeln, könnte man antworten: wahrscheinlich wir auch bald. Glücklich machen kann das niemanden. Aber Berlin muss angesichts dessen feststellen, dass da „Aus der Truppe“ ein unguter Ton sich Bahn schlägt. Und wahrscheinlich in der Truppe auch Gehör findet. Das ist ein weiteres untrügliches Zeichen dafür, dass dem Westen eine robuste zivil-militärische Friedensdoktrin fehlt, für die Armeen zu kämpfen bereit sind. (Peter Rutkowski)