Tragische Bilanz nach Unruhen in Kasachstan: 225 Todesopfer - doch Russland feiert „Erfolg“

Nach den schweren Unruhen in Kasachstan zieht Russland seine Truppen wieder ab. Derweil werden die Schwiegersöhne des Ex-Präsidenten auf die Straße gesetzt. Alle Infos im News-Ticker.
- Die Behörden in Kasachstan* ziehen nach den gewaltsamen Unruhen Bilanz. 225 Todesopfer haben die Aufstände gekostet.
- Die Schwiegersöhne von Kasachstans Ex-Präsident Nasarbajew verlieren zentrale Chefpositionen im Land.
- Russland* setzt seinen Truppen-Abzug weiter fort – und bezeichnet den Einsatz als Erfolg.
- Dieser News-Ticker wird regelmäßig aktualisiert.
Nur-Sultan -Viele Jahre lang wurde die Ex-Sowjetrepublik Kasachstan international für seine Stabilität gelobt. Doch Anfang des Monats brachen im autoritär geführten Nachbarland Chinas blutige Unruhen aus. Zunächst richteten sich die Proteste gegen eine Verdopplung der Gas-Preise, bevor sie sich zu regierungskritischen Demonstrationen im ganzen Land* entwickelten und in rohe Gewalt umschlugen. Nun steht fest, wie viele Menschen dabei ihr Leben verloren haben.
„Während des Ausnahmezustands wurden die Leichen von 225 Menschen in die Leichenhallen eingeliefert“, sagte ein Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft, Serik Schalabajew, am Samstag (15. Januar) vor Journalisten. Unter den Opfern* waren demnach 19 Polizisten und Soldaten.
Unruhen in Kasachstan: 225 Polizisten, Soldaten, Zivilisten und „bewaffnete Banditen“ sterben
Bei einigen Todesopfern habe es sich um „bewaffnete Banditen gehandelt, die an terroristischen Anschlägen beteiligt waren“, sagte Schalabajew. „Leider sind auch Zivilisten Opfer von Terrorakten geworden“. Die kasachischen Behörden hatten zuvor von dutzenden Todesopfern gesprochen. Eine Mitteilung, in der von mindestens 164 Toten die Rede war, wurde vom Informationsministerium später wieder zurückgezogen. Laut Angaben einer Sprecherin des Gesundheitsministeriums wurden mehr als 2600 Menschen in den Krankenhäusern behandelt, 67 befinden sich demnach weiterhin in einem ernsten Zustand.

Gewaltausbruch in Kasachstan: Ex-Präsident im Fokus - sein Nachfolger wohl mit Schachzug
Ein Großteil der Wut der kasachischen Demonstranten galt dem ehemaligen Staatschef Nursultan Nasarbajew. Der 81-Jährige hatte 2019 seinen Nachfolger Kassym-Schomart Tokajew selbst bestimmt, galt als Mentor des derzeitigen Präsidenten und soll weiterhin großen Einfluss im Land ausüben. 2019 wurde ihm zu Ehren die Hauptstadt von Astana in Nur-Sultan umbenannt.
Experten gehen davon aus, dass Tokajew die Krise auch dafür nutzt, um Nasarbajew, zu entmachten. Tokajew entzog ihm kürzlich den Posten als Chef des einflussreichen Sicherheitsrates und entließ mehrere seiner Vertrauten aus wichtigen Ämtern. Wie nun bekannt wurde, wurden auch zwei Schwiegersöhne des Ex-Präsidenten als Chefs zweier großer Energiekonzerne abgesetzt.
Kasachstan: Schwiegersöhne von Ex-Präsident Nasarbajew fliegen von Gas-Chefsesseln
Der Staatsfonds teilte am Samstag mit, der Schwiegersohn von Nasarbajew, Dimasch Dossanow, habe den Vorsitz des Öltransportunternehmens KasTransOil abgegeben. Kakirat Tscharipbajew, ebenfalls ein Schwiegersohn des Ex-Präsidenten, habe den Vorsitz des Gasunternehmens KasakGas, ehemals KasTransGas abgetreten. Zu den Hintergründen machte der Fonds keine näheren Angaben.
Der 58-jährige Tscharipbajew ist Medienberichten zufolge der Ehemann der ältesten Tochter des Ex-Staatschefs, Dariga Nasarbajewa. Der 40-jährige Dossanow ist demnach mit Nasarbajews jüngster Tochter Alija verheiratet. Der Ex-Präsident hat eine weitere Tochter, Dinara, deren Ehemann einer der reichsten Männer Kasachstans ist.
Russland interveniert nach Unruhen in Kasachstan - nun läuft der Truppenabzug
Die Entlassungen deuten auf Machtkämpfe infolge der gewaltsamen Proteste hin. Präsident Tokajew hatte die Unruhen als „versuchten Staatsstreich“ organisierter „terroristischer“ Kräfte verurteilt. Für die Krise machte er auch mehrere Unternehmen, darunter KazakGas verantwortlich. Mit Geheimdienstchef Karim Massimow wurde auch ein enger Vertrauter Nasarbajews seines Amtes entlassen und unter dem Verdacht des „Hochverrats“ verhaftet.
Mittlerweile hat sich die Lage in Kasachstan wieder beruhigt. Das von Russland angeführte Militärbündnis OVKS, das auf kasachische Bitte hin im Land mit mindestens 2.500 Soldaten interveniert hatte, zieht sich seit Donnerstag (13. Januar) wieder zurück*. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte den Militäreinsatz bei einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin* als Erfolg bezeichnet. Der Abzug soll am 19. Januar abgeschlossen sein. (AFP/dpa/jo) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA