Kanzler Scholz in der Offensive

Olaf Scholz und Oppositionsführer Friedrich Merz liefern sich in der Generaldebatte zum Haushalt einen Schlagabtausch. Die Ampel verspricht, gegen die Inflation vorzugehen.
Einen Erfolg hat der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz am Mittwoch im Bundestag verbuchen können: Olaf Scholz sprach im Anschluss frei und ohne Manuskript, zumindest die ersten paar Minuten seiner Rede in der Haushaltsdebatte. Der Oppositionschef hatte zuvor gestichelt, Scholz möge doch seinen vorbereiteten Sprechzettel zur Seite legen und stattdessen lieber spontan auf seine Fragen antworten.
Eine dieser Merz-Fragen mit Unterstellungscharakter war, wieso der Bundeskanzler seiner kurz nach dem Kriegsbeginn in der Ukraine verkündeten „Zeitenwende“ nicht gerecht werde. In der Europäischen Union gebe es „nur noch Verstimmung, es gibt Enttäuschung über die unklare Rolle Deutschlands, und es gibt richtig Verärgerung über Sie und Ihre Regierung“, sagte er an die Adresse des Kanzlers, der mit versteinerter Miene neben Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) auf der Regierungsbank saß.
In seiner Replik zeigte sich der Bundeskanzler dann nicht minder angriffslustig. Scholz wies die scharfe Kritik der Opposition an seiner Ukraine-Politik ebenso scharf zurück. Er nannte die Vorwürfe, wonach die Bundesregierung die Ukraine zu wenig unterstütze, „dahergeredet“. Deutschland liefere „sehr moderne“ und schwere Waffen, wie Luftabwehrraketen, Gepard-Flugabwehrpanzer sowie Panzerhaubitzen.
Scholz in der Haushaltsdebatte: Luftabwehrsystem für die Ukraine
Zudem kündigte Scholz an, dass die Ukraine das Luftabwehrsystem Iris-T erhalten soll sowie ein Ortungssystem. „Damit versetzen wir die Ukraine in die Lage, eine Großstadt vor russischen Luftangriffen zu schützen“.
Merz warf Scholz vor, bei seinen politischen Zielen unklar zu sein. Die Ukraine müsse den Krieg gewinnen. „Warum sagen Sie das nicht einfach und ganz klar?“ Der Kanzler blieb bei seiner Formulierung, wonach Putin den Krieg nicht gewinnen dürfe. Ansonsten müssten die Ukrainerinnen und Ukrainer frei über ihr Land entscheiden. „Und sonst niemand“, sagte Scholz.
Den Spott des Kanzlers erntete Merz mit seinem Vorschlag, den Solidaritätsbeitrag umzuwidmen und zur Finanzierung der enormen Kriegskosten zu verwenden. Dies sei „ein merkwürdiger Einfall“, erst recht von der Union, die 16 Jahre Regierungsverantwortung gehabt hätte und für die Defizite bei der Ausstattung der Bundeswehr verantwortlich sei, sagte der Kanzler. „Wir bringen in Ordnung, was nicht in Ordnung war.“ Merz hatte seinen Vorstoß damit begründet, dass ein Soli die jetzige Bevölkerung belasten würde, aber nicht die kommenden Generationen wie über eine Schuldenfinanzierung.
Scholz in der Haushaltsdebatte: „konzertierte Aktion“ gegen die Inflation
Zentrales Thema der Debatte war auch die hohe Teuerungsrate, die im Mai auf 7,9 Prozent gestiegen war. Scholz kündigte eine „konzertierte Aktion“ gegen die steigende Inflation an, bei der die Bundesregierung mit Arbeitgebern und Gewerkschaften über Lösungen beraten will. Neue Entlastungen nannte er allerdings nicht, stattdessen verwies er auf die bereits beschlossenen wie den Tankrabatt oder das Neun-Euro-Ticket im öffentlichen Personennahverkehr. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte, die Ampel-Regierung reagiere „angemessen auf die aktuelle wirtschaftliche Lage“.
Das sahen vor allem die kleineren Oppositionsparteien anders: Die Fraktionsvorsitzende der AfD, Alice Weidel, bezeichnete das Entlastungspaket als „Trostpflaster und Alibi-Politik“. „Sie geben das Geld mit vollen Händen aus und verteilen es in alle Welt“, sagte sie. Die Linke nannte den ersten Haushaltsentwurf der Ampel-Koalition „nicht sozial und zutiefst ungerecht“. Die Bundesregierung gebe „keine sozialen Antworten auf die Krisen unserer Zeit“, sagte Amira Mohamed Ali. Die Fraktionschefin der Linken forderte „eine wirksame staatliche Preisaufsicht für Lebensmittel und Energie“ sowie weitere direkte Zahlungen an die Bürgerinnen und Bürger, um die Preissteigerungen abzufedern. Die Koalition hat bislang eine einmalige Energiepauschale von 300 Euro auf den Weg gebracht. mit afp