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Kiew wünscht sich Kampfjets – doch was ist mit der eigenen Flotte?

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Von: Christian Stör

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Ein F 16-Kampfflugzeug nimmt an der NATO-Übung in der Nähe des Luftwaffenstützpunkts in Lask (Polen) teil.
Die Ukraine wünscht sich vor allem US-amerikanische Kampfjets des Typs F 16. © RADOSLAW JOZWIAK/afp

Die Ukraine fordert vom Westen immer wieder die Lieferung von Kampfjets, die die endgültige Wende im Krieg gegen Russland bringen könnten.

Kiew – Nach der Lieferung von Kampfpanzern fordert die Ukraine vom Westen auch Kampfjets. Die Kampfflugzeuge seien wichtig, weil man sie dafür benötige, um russische Raketen abzuschießen, sagte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, am Montag (30. Januar) der Deutschen Welle.

„Russland feuert viele Raketen auf ukrainische Städte und Infrastruktur ab“ - die Kampfjets seien Teil der ukrainischen Bemühungen, den Luftraum zu verteidigen.

Mig-29 und Suchoi 27: Womit kämpft die ukrainische Luftwaffe bisher im Krieg gegen Russland?

Vor dem Ukraine-Krieg hatte die Ukraine dem International Institute for Strategic Studies in London zufolge in etwa folgende einsatzfähige Kampfflugzeuge:

Der Investigativgruppe Oryx zufolge soll die Ukraine während des Krieges weitere 18 Suchoi 25 aus verschiedenen Quellen erhalten haben. Polen lieferte zudem laut Medienberichten bereits Mig-29 in Einzelteilen, auch die Bundesregierung steuerte Mig-29-Ersatzteile bei. Das russische Militär will unterdessen mehr als das Dreifache aller real vorhandenen ukrainischen Flugzeuge abgeschossen haben.

Der Westen hat inzwischen auch schwere Waffen zur Flugverteidigung geschickt. Abwehrsysteme wie Patriot und Iris-T wirken gegen feindliche Flugzeuge, Raketen und Drohnen – schützen aber nur auf einen gewissen Umkreis des eigenen Standortes. Kampfjets sind dagegen zum Schutz großer Regionen geeignet, wenn auch nur für beispielsweise anderthalb Stunden pro Flug.

Welche Typen von Kampfjets will die Ukraine?

Die Ukraine fährt keine einheitliche Linie, wenn es um die Kampfjets geht. Vizeaußenminister Andrij Melnyk erwähnte zuletzt faktisch alle bekannten Flugzeugtypen wie die US-amerikanischen F-16, F-35, die europäischen Entwicklungen des Eurofighters und der Tornados, die französischen Rafale und schwedische Gripen. Vor allem aber dürfte es um die F-16 gehen.

Der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Juri Ihnat, nannte jüngst in einem Interview als Ziel zwei Staffeln mit je zwölf Kampfflugzeugen - also insgesamt 24 Maschinen. Idealerweise solle es sich demnach um US-Kampfjets vom Typ F-16 handeln. Außer den USA verfügen auch viele andere westliche Staaten über diese Maschinen, nicht aber Deutschland.

Wann wären westliche Kampfjets in der Ukraine einsetzbar?

Hier spielt vor allem die Dauer der Ausbildung eine entscheidende Rolle. So sagte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal dem Nachrichtenportal Politico, die Schulung von Piloten werde „sechs Monate oder länger“ dauern. Umso wichtiger sei es, dass die Entscheidung zur Lieferung bald falle.

Der einstige Nato-Oberbefehlshaber James Stavridis verwies im ZDF auf die Mig-29-Kampfjets aus Polen, die die ukrainischen Piloten sofort zu bedienen wüssten. Auch die Slowakei und Bulgarien haben noch Mig-29. Ein Problem wäre die Versorgung mit Ersatzteilen. Diese werden in Russland hergestellt.

Wie begründet die Ukraine ihre Forderung nach Kampfjets?

Kriegsziel der Ukraine ist die komplette Befreiung des von Russland besetzten Staatsgebiets - einschließlich der bereits 2014 annektierten Halbinsel Krim. Für einen effektiven Vormarsch der Bodentruppen müssen diese idealerweise von der Luftwaffe unterstützt werden. Aufgrund der weiter funktionierenden ukrainischen Flugabwehr setzt Russland eigene Jets nur begrenzt in Frontnähe für Bombardements ein.

Im Krieg gelingt es beiden Seiten immer wieder, gegnerische Flugzeuge abzuschießen. Berichte über direkte Luftkämpfe zwischen ukrainischen und russischen Kampfjets gab es nur in den ersten Kriegstagen. Westliche Jets könnten hier vor allem Lücken schließen helfen. Doch die Rückerlangung der Lufthoheit wäre auch nach der Lieferung Dutzender Kampfjets aus dem Westen nicht zu erwarten. Das wäre nur möglich, wenn die russischen Flugabwehrsysteme komplett ausgeschaltet werden.

Westen führt Debatte über Kampfjets für die Ukraine

Mehrere Länder schließen die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine nicht aus. In der Bundesregierung will man dieses Signal nicht setzen. „Dass es nicht um Kampfflugzeuge geht, habe ich ja sehr früh klargestellt und mache das auch hier“, sagte Kanzler Olaf Scholz zuletzt im Bundestag. US-Präsident Joe Biden hat sich am Montag (30. Januar) klar gegen die Lieferung von F-16-Kampfjets ausgesprochen.

Auch der Potsdamer Militärhistoriker Sönke Neitzel sieht eine Lieferung von Kampfjets kritisch. Im ZDF warnte er vor einer Eskalation des Ukraine-Konflikts, von der man nur abraten könne. Der Westen könnte aber deutlich machen, dass er Kampfflugzeuge liefert, wenn Russland biologische, chemische oder atomare Waffen in diesem Krieg einsetzt.

Ein belgischer F-16-Düsenjäger nimmt auf dem Luftwaffenstützpunkt Kleine-Brogel in Belgien an der NATO-Übung „Steadfast Noon“ teil.
Kiew will zwei Staffeln mit je zwölf Kampfflugzeugen aufbauen. © KENZO TRIBOUILLARD/afp

Der französische Präsident Emmanuel Macron schließt die Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine nicht grundsätzlich aus. „Prinzipiell ist nichts verboten“, sagte er auf die Frage, ob Frankreich möglicherweise Kampfflugzeuge an die Ukraine liefern werde. Macron stellte allerdings einige Bedingungen auf. Zunächst müsse Kiew eine „offizielle Anfrage“ stellen. Außerdem dürften die Waffen nicht eskalierend wirken und keinen russischen Boden berühren, sondern lediglich zur Abwehr benutzt werden. Auch dürfe die französische Armee durch Waffenlieferungen nicht geschwächt werden.

Wie würde Russland auf die Lieferung von Kampfjets reagieren?

Russland hat zwar schon jetzt keine Luftüberlegenheit über der Ukraine, seine Kampfjet-Verbände allerdings auch noch nicht im vollen Umfang im Einsatz. Der General und Militärpilot Wladimir Popow sagte in einem Interview der Moskauer Zeitung MK, dass Russland die Kampfjets mit Luft-Luft-Raketen abschießen würde. Wenn das nicht gelinge, müssten sie auf den Luftwaffenstützpunkten durch Hochpräzisionswaffen zerstört werden.

Dabei wies auch das Verteidigungsministerium in Moskau zuletzt Angaben des Westens zurück, Russland könnten die Raketen und die Munition ausgehen. Von ihren Zielen der Besetzung der vier ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson will Russlands Machtführung nicht ablassen. Kremlchef Wladimir Putin hat immer wieder betont, dass die Atommacht Russland ihre Interessen mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln durchsetzen werde. (cs/dpa)

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