Polen kommt der EU entgegen

Deutschlands Nachbarland hofft durch ein neues Gesetz auf die Freigabe von Milliarden. Eine Expertin hält das jedoch für Täuschung.
Das polnische Parlament hat am Mittwochabend mit knapper Mehrheit ein Gesetz verabschiedet, durch das Teile der umstrittenen Justizreform geändert werden. Konkret geht es um die von der EU-Kommission und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) kritisierte Disziplinarkammer.
Damit will Warschau Brüssel überzeugen, blockiertes Geld freizugeben. Die EU-Kommission stellt die Unabhängigkeit der Disziplinarkammer infrage und war deshalb vor den EuGH gezogen. Die EU hält rund 35 Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufbau-Fonds zurück.
Im Fokus der EU-Kommission steht ein polnisches Gesetz, das ermöglicht, regierungskritische Richter:innen zu bestrafen. Medienberichten zufolge, die die Nachrichtenagentur Reuters zitieren, soll sich nun nicht mehr eine Kammer des Gerichtshofs mit Disziplinarfällen von Richter:innen befassen, sondern das Oberste Verwaltungsgericht.
Die EU-Kommission sprach in einer ersten Reaktion von einem Schritt in die richtige Richtung. Sylwia Gregorczyk-Abram von der unabhängigen polnischen Juristen-Initiative „Freie Gerichte“ sieht hingegen in dem neuen Gesetz keine Verbesserung für die Rechtsstaatlichkeit Polens. Sie sagte dem ARD-Studio Warschau, das Gesetz beschleunige auch keine Verfahren oder schlage Lösungen vor. Es sei nur ein Versuch, die Verantwortung zu verwässern. Die polnische Regierung täusche vor, „dass man tatsächlich etwas gemacht hat“.
Die Disziplinarkammer, die inzwischen in „Kammer für berufliche Verantwortung“ umbenannt wurde, ist ein Schlüsselelement der von der regierenden PiS-Partei initiierten Justizreform. Sie kann alle Richter oder Staatsanwältinnen suspendieren oder entlassen. Kritiker:innen befürchten, dass die Kammer zur Bestrafung von regierungskritischen Richter:innen genutzt wird.
Jetzt muss Brüssel entscheiden, ob das Entgegenkommen ausreicht, um das gesperrte Geld freizugeben. Die PiS wird zumindest mit Blick auf die Parlamentswahl im Herbst behaupten können, sie hätte ihr Bestes getan, um das Geld zu erhalten.