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Juraprofessor: „Wehrpflicht könnte gegen Gleichheitsgrundsatz verstoßen“

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Von: Moritz Serif

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Die Wehrpflicht wurde 2011 abgeschafft. (Symbolfoto)
Die Wehrpflicht wurde 2011 abgeschafft: Unser Symbolbild zeigt getarnte Soldaten von den Panzergrenadieren, die mit ihren Waffen bei der Grundausbildung über das freie Gelände rennen. © Frank May/dpa

Die Debatte über eine Wiedereinsetzung der Wehrpflicht reißt nicht ab. Bei der FDP gibt es einen offenen Dissens zwischen zwei wichtigen Politikern.

Berlin – Sollte die Wehrpflicht wieder eingesetzt werden? Ja oder nein? Darüber gibt es in der Bundesrepublik aktuell hitzige Diskussionen. Spätestens jedoch seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges. Befürwortende wie Marie-Agnes Strack-Zimmermann halten den Militärdienst für dringend notwendig. „Grundsätzlich gilt das Ende der Dienstpflicht ausschließlich in Friedenszeiten. Im Spannungs- oder Verteidigungsfall kann sie wieder aktiviert werden“, sagte die FDP-Politikerin kürzlich der Süddeutschen Zeitung.

Kurz darauf fuhr ihr Christian Lindner, FDP-Vorsitzender und Finanzminister, an den Karren. Beide gelten nicht als die besten Freunde. „Die Wehrpflicht steht für die FDP überhaupt nicht zur Debatte. Das ist eine Gespensterdiskussion. Alle Kraft muss darauf konzentriert werden, die Bundeswehr als hochprofessionelle Armee zu stärken“, sagte er. Unklar ist, wie es jetzt weitergeht.

Wehrpflicht ist seit 2011 in Deutschland ausgesetzt

Fakt ist jedoch: Die Wehrpflicht ist seit 2011 ausgesetzt und fraglich dürfte sein, ob sie überhaupt noch rechtlich Bestand hat. Christoph Degenhart ist ermeritierter Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Leipzig. Von 2010 bis 2020 war der Jurist zudem Richter am Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen. Degenhart gab auf Anfrage der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA eine rechtliche Einschätzung ab. Der Rechtsexperte hält eine Wehrpflicht für verfassungsgemäß.

„Grundsätzlich ist Art. 12a GG eine ausdrückliche Entscheidung für die Wehrpflicht. Die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht ist daher zulässig. Ich denke, dass Artikel 12a auch Grundrechtsbeschränkungen rechtfertigt“, sagt Degenhart. Es müsse sich sonst um verfassungswidriges Verfassungsrecht handeln. „Dies ist nur ganz ausnahmsweise denkbar, wenn Normen gegen ganz grundlegende Wertentscheidungen verstoßen. Das ist hier meiner Ansicht nach nicht ersichtlich“, so Degenhart.

Wehrpflicht „könnte gegen Gleichheitsgrundsatz verstoßen“

„Ich denke daher, dass die Wehrpflicht verfassungsrechtlich Bestand hat. Der Verteidigungsauftrag der Bundeswehr hat Verfassungsrang. Allenfalls wäre zu überlegen, ob die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht, die aktuell ja auf Männer beschränkt ist und Frauen außen vor lässt, gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz verstoßen“, sagt Degenhart. Es habe vor 20 Jahren einst eine Entscheidung gegeben zu dieser Frage. Allerdings habe das zuständige Gericht dies verneint. Degenhart gibt jedoch zu bedenken, dass „sich die Gesellschaft weiter entwickelt hat“. (mse)

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