Nach Reichelt-Entlassung bei Bild: Springer-Chef Döpfner äußert sich zu umstrittener SMS

Nach dem Rauswurf des Bild-Chefs Julian Reichelt wird auch Kritik an Springer-CEO Mathias Döpfner laut. Es geht um eine fragwürdige SMS. Er äußert sich dazu.
Berlin – Die Affäre um den geschassten Bild-Chefredakteur Julian Reichelt zieht immer weitere Kreise. Nicht nur an Reichelt selbst, sondern auch am Chef des Springer-Verlags, Mathias Döpfner, gab es zuletzt heftige Kritik. Diese reichten bis zu Rücktrittsforderungen. Es geht dabei nicht allein um seine Aussagen nach der Entlassung Reichelts, mit denen er mutmaßlichen Sexismus und Machtmissbrauch in der Bild-Redaktion bagatellisiert haben soll, sondern vor allem um Äußerungen in einer älteren SMS.
Döpfner hat nun, in seiner Funktion als Präsident des Zeitungsverlegerverbands (BDZV), in einem Schreiben an die Verlage sein Bedauern wegen dieser privaten SMS ausgedrückt und zugleich Stellung zu der an ihm geäußerten Kritik bezogen. In dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt und über das zuvor das Branchenmagazin Übermedien am Sonntag (24.10.2021) berichtete, schreibt Döpfner als Präsident des BDZV über den teils öffentlich geäußerten Unmut in Verlagen: „Ich nehme diese Kritik sehr ernst. Ich bin dankbar für die Offenheit, die mir eine Orientierung und bessere Einschätzung ermöglicht. Wenn der Ruf der Branche, des BDZV und insbesondere des Präsidentenamts in dieser Woche hierdurch Schaden genommen haben, bedauere ich dies persönlich zutiefst.“ Zugleich bat der Vorstandsvorsitzende des Axel-Springer-Konzerns um Unterstützung „bei den verbandlichen Aufgaben“.
Entlassung von Bild-Chef Julian Reichelt: Unmut über private SMS von Mathias Döpfner
Hintergrund sind externe Presserecherchen zum damaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt, den der Medienkonzern Axel Springer in der Folge von seinen Aufgaben entbunden hatte. Die Recherchen von New York Times und den Nachforschungen des Investigativ-Teams der Ippen-Mediengruppe bauten auf früheren internen Ermittlungen Springers gegen Reichelt auf, in denen es um Vorwürfe des Machtmissbrauchs im Zusammenhang mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen sowie Drogenkonsum am Arbeitsplatz gegangen war. Der Springer-Konzern in Berlin hatte nach der Prüfung im Frühjahr Reichelt zunächst eine zweite Chance gegeben.
Die US-Zeitung New York Times veröffentlichte ihren Artikel am vergangenen Sonntag (17.10.2021). Einen Tag später gab Springer dann den Abgang Reichelts bekannt. Ein Detail in dem Zeitungsbericht speziell zu Döpfner löste bei Medienhäusern in Deutschland Unmut aus. Einige Verlage äußerten sich öffentlich, auch das Thema Rücktritt kam auf.
Springer-Chef Mathias Döpfner in privater SMS: Deutschland als „neuer DDR-Obrigkeitsstaat“
In einer älteren privaten SMS hatte der 58-jährige Reichelt als letzten und einzigen Journalisten in Deutschland bezeichnet, der noch mutig gegen den „neuen DDR-Obrigkeitsstaat“ aufbegehre. Fast alle anderen seien zu „Propaganda Assistenten“ geworden. Springer hatte das als Ironie eingeordnet.
Döpfner ging in dem Verbands-Rundschreiben, das auf Freitag (22.10.2021) datiert ist, auf die SMS erneut ein: „Sie alle wissen, dass meine kritisierten Äußerungen, Stichworte: DDR-Obrigkeitsstaat und PR-Assistenten, in einer privaten SMS gefallen sind. Sie war Teil eines vertraulichen Dialogs. Worte werden dabei gewöhnlich, Sie werden das nachempfinden können, nicht auf die Goldwaage gelegt. Es gibt so etwas wie ein emotionales, provokantes, irrationales und spontanes Innenleben einer bilateralen Unterhaltung unter vermeintlich sich vertrauenden Leuten. Außenstehende werden das zwangsläufig gar nicht oder bestenfalls falsch verstehen.“
Springer-Chef Mathias Döpfner nach der Entlassung von Julian Reichelt: „Mein Herz schlägt für freien Journalismus“
Der BDZV-Präsident schrieb weiter: „Die Aufregung kann ich vor diesem Hintergrund nachvollziehen. Es tut mir daher sehr leid, dass diese unvorhersehbare Entwicklung auch den BDZV, die Verlage sowie das Empfinden der Journalistinnen und Journalisten getroffen hat.“ Wer ihn kenne, der wisse, dass sein „Herz für den freien Journalismus schlägt, und ebenso für den Rechtsstaat, in dem wir leben“. Sein Wirken und Denken seien genau hierauf ausgerichtet. Er werde nicht nachlassen, hierfür zu kämpfen. (judo/dpa)
Transparenzhinweis: Die Abberufung von Bild-Chefredakteur Julian Reichelt spielt vor dem Hintergrund der Diskussion um die Veröffentlichung einer umfassenden Recherche zu seiner Person durch IPPEN.MEDIA. Das Investigativ-Team von IPPEN.MEDIA hatte Reichelt vergangene Woche mit den Vorwürfen konfrontiert und um Stellungnahme gebeten. Die Ergebnisse der Recherchen wurden jetzt bei Spiegel.de veröffentlicht.