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Joe Bidens gute Ratschläge für Nordirland

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Von: Sebastian Borger

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An der Ulster University in Belfast posiert Joe Biden mit Studierenden für Selfies.
An der Ulster University in Belfast posiert Joe Biden mit Studierenden für Selfies. © afp

Bei seiner Stippvisite lobt der US-Präsident Potenziale der Provinz und weist ihre Polit-Kaste zurecht

Mit einem eindringlichen Appell an den Friedenswillen und die Kompromissbereitschaft hat Joe Biden seinen Besuch in Nordirland begonnen. „Jede Generation muss neu für die Erhaltung der Demokratie kämpfen“, sagte der US-Präsident am Mittwoch bei der Eröffnung eines neuen Campus der Ulster University in Belfast. Das Friedensabkommen von 1998, dessen 25. Jahrestag diesmal auf den Ostermontag fiel, habe den britischen Teil Irlands komplett verändert. Die USA würden auch in Zukunft als Partner zur Verfügung stehen: „Der Friede hier ist uns und mir persönlich wichtig.“

Der prestigeträchtige Besuch des Präsidenten war zu Jahresbeginn noch als Krönung der Feierlichkeiten zu dem historischen Moment vor 25 Jahren gehandelt worden. Doch sind die politischen Institutionen, die damals geschaffen wurden, wie schon häufiger im vergangenen Vierteljahrhundert blockiert.

Nach der Landung am Dienstagabend war Biden vom britischen Premier Rishi Sunak begrüßt worden, der nach schwierigen Jahren im US-britischen Verhältnis das Verhältnis zum Mann im Weißen Haus entspannt hat. Dazu trug auch die kürzlich erzielte Einigung zwischen London und Brüssel über den zukünftigen Status von Nordirland im „Windsor Framework“ bei. Damit sollen die schlimmsten Brexit-Folgen gelindert werden, was Bidens Regierung immer wieder fordert.

US-Firmen spielen seit langem eine wichtige Rolle in der Region. Allein im vergangenen Jahrzehnt waren sie dort für 13 000 neue Arbeitsplätzen verantwortlich. Sunak versäumt keine Gelegenheit, Nordirland als „spannendste Wirtschaftszone der Welt“ anzupreisen: mit der Sonderstellung im EU-Binnenmarkt bei gleichzeitigem Verbleib im Vereinigten Königreich.

In seiner Rede erinnerte Biden an seinen Besuch in Belfast 1991: In den „langen, harten Jahren“ seither sei zunächst das Blutvergießen beendet und der Weg zu dauerhaftem Frieden begangen worden. „Das war nicht zwangsläufig.“ Der Präsident zitierte ein Bonmot des früheren US-Senators George Mitchell, der als neutrale Instanz die Gespräche zum Karfreitagsabkommen geleitet hatte. Dabei habe er, so Mitchell, „700 Tage Misserfolg erlebt – und einen Tag Erfolg“.

Nun gelte es, so Biden weiter, die großen wirtschaftlichen Chancen wahrzunehmen. Dem Lob für Premier Sunak und die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen folgte die Mahnung – „als Freund, wenn ich mir das erlauben darf“ – an die örtliche Polit-Kaste: Sie solle bald eine „effektive Regionalregierung, die den Nordiren verantwortlich ist“, installieren.

Genau dies wird von der unionistischen DUP verweigert, vorgeblich wegen der ungelösten Schwierigkeiten im innerbritischen Handel. Mit der protestantischen Psychologie Vertraute mutmaßen eher, dass die DUP nur nicht als Juniorpartnerin in die seit 1998 vorgeschriebene Allparteien-Regierung eintreten. Bei der jüngsten Wahl 2022 hatte nämlich die republikanische Sinn Féin (SF) erstmals die DUP hinter sich gelassen, was den Anspruch auf das Amt der Regierungschefin für Michelle O’Neill von der SF begründet.

Viele britische Medien fokussierten sich dann vor allem auf die gerade mal 17 Stunden, die der Besucher auf dem Boden des Königreichs verbrachte. Unmittelbar nach seiner Rede flog Biden nach Dublin – um dann gleich wieder gen Norden zu reisen. In der an Nordirland grenzenden Grafschaft Louth trafen sich der Präsident, seine Schwester Valerie und sein Sohn Hunter mit entfernten Verwandten. Nach politischen Terminen in Dublin am Donnerstag werden am Freitag erneut die irisch-katholischen Wurzeln des 80-Jährigen im Mittelpunkt des Besuchsprogramms stehen. Wie seine Vorgänger will der Präsident offenbar jene rund 35 Millionen Menschen in den USA beeindrucken, die ihre Herkunft auf die irische Migration zurückführen.

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