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„Nukleare Option“: Joe Biden fordert umstrittene Reform des US-Senats

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Von: Katja Thorwarth

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US-Präsident Joe Biden wirbt für eine Reform des Wahlrechts.
US-Präsident Joe Biden wirbt für eine Reform des Wahlrechts. © Patrick Semansky/dpa

Biden will eine Änderung der Mehrheitsregeln im Senat unterstützen. Damit soll eine von den Republikanern bislang blockierte Wahlrechtsreform durchgesetzt werden. 

Atlanta - US-Präsident Joe Biden hat den Ton im Streit um die umstrittene Reform des US-Senats drastisch verschärft und gefordert, notfalls eine zentrale Regel des Senats zu ändern. Biden sagte am Dienstag (11.01.2022) bei einer Rede in Atlanta im Südstaat Georgia, dass, sollten die Republikaner die beiden Gesetzesvorhaben in der Kongresskammer blockieren, eine als Filibuster bekannte Abstimmungsregel aufgehoben werden müsse.

„Die Bedrohung für unsere Demokratie ist so groß, dass wir einen Weg finden müssen, diese Wahlrechtsgesetze zu verabschieden“, sagte der US-Demokrat in der Stadt Atlanta. „Wenn das absolute Minimum blockiert wird, dann haben wir keine andere Wahl, als die Senatsregeln zu ändern, und das umfasst auch, den Filibuster dafür loszuwerden.“ Eine Abschaffung der Regelung wurde in Washington immer wieder als „nukleare Option“ bezeichnet.
 

US-Präsident Joe Biden: Gesetzesvorhaben brauchen „Super-Mehrheit“

Im Senat brauchen Gesetzesvorhaben eine „Super-Mehrheit“ von 60 der 100 Senatoren, um überhaupt zur Abstimmung zu kommen. Das bedeutet, dass die Opposition Texte mit einer Sperrminorität von 41 Stimmen blockieren kann. Bekannt ist das als Filibuster. Die Republikaner von Bidens Vorgänger Donald Trump nutzen ihre Sperrminorität derzeit, um im Oberhaus zwei von den Demokraten vorangetriebene Wahlrechtsreformen zu blockieren.

Das Wahlrecht sorgt in den USA seit Donald Trumps Abwahl im November 2020 für erbitterte Kontroversen. Die Republikaner haben im vergangenen Jahr in 19 von ihnen regierten Bundesstaaten Änderungen des Wahlrechts beschlossen. Sie begründen dies mit angeblicher Betrugsanfälligkeit der bisherigen Wahlgesetzgebungen.

Änderung des Wahlrechts in den USA: Minderheiten wird das Wählen erschwert

Die Demokraten und zahlreiche Experten werten dies hingegen als Versuch, Minderheiten wie Afroamerikanern, die mehrheitlich demokratisch wählen, das Wählen zu erschweren, und Republikanern einen größeren politischen Einfluss auf die Wahlen zu sichern. Die Demokraten haben zwei Gesetzesreformen auf Bundesebene vorgelegt, um dem Vorgehen der Republikaner einen Riegel vorzuschieben.

Ein Gesetz namens „Freedom to Vote Act“ (etwa: Gesetz für die Freiheit zu wählen) soll landesweite Standards für Wahlen festlegen. So soll der Wahltag ein Feiertag werden, außerdem soll das Recht auf Briefwahlen und eine Stimmabgabe vor dem eigentlichen Wahltag garantiert werden. Mit dem Gesetz soll auch eine politische Einflussnahme der Parteien auf die Wahlen verhindert werden.

Joe Biden spricht in Atlanta vom „Wendepunkt der Geschichte“

Ein nach dem verstorbenen schwarzen Abgeordneten und Bürgerrechtsaktivisten John Lewis benanntes Gesetz soll zudem die Diskriminierung von Minderheiten - insbesondere Afroamerikanern - bei Wahlen verhindern. Der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, kündigte an, das Oberhaus könnte sich schon am Mittwoch mit den Reformen befassen.

Joe Biden sprach in Atlanta mit Blick auf die Gesetze von einem „Wendepunkt“ in der US-Geschichte. „Werden wir die Demokratie der Autokratie vorziehen, das Licht dem Schatten, die Gerechtigkeit der Ungerechtigkeit? Ich weiß, wo ich stehe. Ich werde nicht nachgeben. Ich werde nicht zurückweichen.“ Er werde „das Recht auf Wahlen und unsere Demokratie gegen alle Feinde im In- und Ausland verteidigen“.

Pläne von Joe Biden: Vorwurf der versuchten „Machtübernahme“

US-Präsident Biden hatte lange davor zurückgeschreckt, sich für eine Einschränkung des Filibuster starkzumachen. Ohnehin ist nicht klar, ob den Demokraten das gelingen würde. Die 50 Senatoren der Demokraten müssten geschlossen für eine solche Regeländerung stimmen. Einige Vertreter des konservativen Parteiflügels haben aber Vorbehalte geäußert.

Die Republikaner werfen den Demokraten im Streit um den Filibuster und das Wahlrecht eine versuchte „Machtübernahme“ vor. Der Anführer der Konservativen im Senat, Mitch McConnell, sagte, die Demokraten wollten „Millionen von Amerikanern zum Schweigen bringen und den Senat übernehmen, um Einfluss auf die Wahlen zu gewinnen“. (ktho/afp)

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