Proteste in Nordirland vor Biden-Besuch: Warum die Reise für die USA wichtig ist
Joe Biden besucht die Grüne Insel. Der US-Präsident mit irischen Wurzeln will sich dort für die Wahrung des Friedens und wirtschaftliche Zusammenarbeit einsetzen.
Belfast – Joe Biden ist am Dienstagabend (11. April) in Nordirlands Hauptstadt Belfast eingetroffen und wurde dort von Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak begrüßt. Der US-Präsident und First Lady Jill Biden werden neben Nordirland auch Irland besuchen und bleiben bis Freitag auf der Grünen Insel. Bidens Besuch fällt mit dem 25. Jahrestag des Karfreitagsabkommens zusammen.
Dieses beendete 1998 den jahrzehntelangen blutigen Konflikt zwischen mehrheitlich katholischen Befürworter:innen der Vereinigung beider Teile Irlands und den überwiegend protestantischen Anhänger:innen der Union Nordirlands mit Großbritannien. Die USA waren maßgeblich an der Verhandlung des Karfreitagsabkommens beteiligt und gelten als dessen Garantiemacht. Biden sieht das Abkommen als Teil seiner eigenen politischen Errungenschaften der 1980er und 90er Jahren an.

Der 80-Jährige hat irische Wurzeln, ist stolz auf seine Herkunft und sagte vor seinem Abflug, die Priorität seiner Reise werde darin bestehen, „den Frieden zu wahren“. Biden wird am Mittwoch eine Rede an der Ulster University in Belfast halten und sich mit Vertreter:innen der wichtigsten politischen Parteien Nordirlands treffen, das seit Februar 2022 keine arbeitsfähige Regierung hat. Ein weiteres Ziel von Bidens Reise ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit der Region mit den USA.
Vor Biden-Besuch Sprengsätze auf Friedhof in Londonderry sichergestellt
Trotz allen Fortschritts hat Nordirland noch immer mit Spannungen zu kämpfen. In Belfast und Londonderry, das Katholiken nur Derry nennen, leben Katholiken und Protestanten noch immer in unterschiedlichen Stadtvierteln – getrennt durch meterhohe Mauern und Zäune, sogenannte „peace walls“. Selbst Kindergärten und Schulen sind nach Konfessionen getrennt.
Bereits Tage vor dem Präsidentenbesuch war die Polizei in Nordirland in Alarmbereitschaft. In Londonderry kam es am Montag zu Ausschreitungen durch eine katholisch-republikanische Gruppierung. Ein Polizeiauto wurde in Brand gesetzt und während des Einsatzes auf einem Friedhof wurden Steine, Flaschen und Molotowcocktails auf Polizeiautos geworfen. Zuvor hatte die Polizei auf dem Friedhof vier mutmaßliche Rohrbomben sichergestellt. Sie seien nach Angaben der Polizei entschärft worden und würden untersucht.
Wegen des Streits über die Brexit-Regeln leidet Nordirland auch seit mehr als einem Jahr unter politischer Lähmung. Daran änderte auch die Ende Februar von London und Brüssel geschlossene Windsor-Vereinbarung zur Beilegung des Streits nichts. Die protestantisch-unionistische Partei DUP gibt sich stur und fordert weitere Zugeständnisse. Die beiden jeweils größten Parteien aus beiden konfessionellen Lagern müssen sich dem Karfreitagsabkommen zufolge auf eine Regierungsbildung in Nordirland einigen, sonst bleibt die Selbstverwaltung handlungsunfähig. Dass der US-Präsident einen unmittelbaren Durchbruch bewirken kann, glaubt kaum jemand. (jso/dpa)