Die Frage nach einem möglichen Motiv konnten sie nicht beantworten. „Ich traue unserer Regierung nicht“, betonte Greene. Gaetz sagte: „Marjorie und ich sind heute hier, weil wir nicht wollen, dass die Stimme der Republikaner ungehört bleibt, und weil wir nicht wollen, dass die heutige historische Erzählung von denen, die die wahren Aufrührer sind, gekapert und vereinnahmt wird.“
+++ 20.16 Uhr: Joe Biden nannte Donald Trump in seiner Rede nicht ein einziges Mal beim Namen - doch die Worte des US-Präsidenten über seinen Vorgänger waren vernichtend. Trump habe nicht nur als erster Präsident in der Geschichte der USA versucht, „eine friedliche Machtübergabe zu verhindern“, sondern verbreite bis heute „Lügen“ über die von ihm verlorene Präsidentschaftswahl 2020 - aus Machtgier, Eigennutz und wegen seines „verletzten Egos“.
Der Präsident nutzte seine Rede zum ersten Jahrestag der Kapitol-Erstürmung am 6. Januar 2021 für eine beispiellose und zornige Abrechnung mit dem Rechtspopulisten, der seine Wahlniederlage bis heute nicht anerkannt hat, und für einen Aufruf zur Verteidigung der Demokratie.
Doch während viele Kommentatoren die Ansprache lobten und der bekannte Politikwissenschaftler Larry Sabato gar von der „besten Rede, die Präsident Biden je gehalten hat“ sprach - bei Trumps Republikanern und deren Anhänger:innen dürfte sie wenig mehr als ein Achselzucken ausgelöst haben.
Die meisten konservativen Parlamentarier blieben den Erinnerungsveranstaltungen im Kongress am Donnerstag ohnehin fern. „Dieses politische Theater ist nur eine Ablenkung von der Tatsache, dass Biden rundum total versagt hat“, erklärte Trump und bezichtigte den Präsidenten, „Amerika weiter spalten“ zu wollen. Der Minderheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, warf den Demokraten vor, den Jahrestag „auszubeuten, um parteipolitische Ziele voranzubringen“.
Der erste Jahrestag der Erstürmung des Kapitols machte einmal mehr die tiefe politische Spaltung der USA deutlich - und zeigte, wie brüchig das Fundament ist, auf dem die Demokratie der stolzen Weltmacht steht.
+++ 17.08 Uhr: Die USA und die Welt befänden sich heute in einem „Kampf zwischen Demokratie und Autokratie“, sagte Präsident Joe Biden außerdem. Er werde sich aber entschlossen für die Demokratie einsetzen: „Ich werde diese Nation verteidigen. Ich werde nicht zulassen, dass jemand der Demokratie ein Messer an die Kehle hält.“
Unterdessen wehrt sich der ehemalige US-Präsident Donald Trump, nachdem Biden ihn für den gewaltsamen Angriff auf das Kapitol in Washington vor einem Jahr verantwortlich gemacht hat. Biden zerstöre mit seiner Politik die Vereinigten Staaten, schrieb Trump am Donnerstag in einer Mitteilung, die seine Sprecherin Liz Harrington auf Twitter verbreitete. Am ersten Jahrestag des Angriffs habe Biden den Namen Trump benutzt „in dem Versuch, das Land weiter zu spalten“. „Dieses politische Theater soll allein von der Tatsache ablenken, dass Biden völlig und total versagt hat.“
Die USA hätten keine Grenzen mehr, die Corona-Pandemie* sei außer Kontrolle, Amerika sei nicht mehr energieunabhängig, die Inflation sei ungezügelt, das Militär stecke im Chaos, und der US-Abzug aus Afghanistan sei „vielleicht der peinlichste Tag“ in der langen Geschichte der USA gewesen, so Trump. Erneut behauptete der republikanische Ex-Präsident ohne jegliche Grundlage, durch Betrug um den Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2020 gebracht worden zu sein.
+++ 16.00 Uhr: Ein Jahr nach Erstürmung des Kapitols in Washington hat US-Präsident Joe Biden seinen Vorgänger Donald Trump für den blutigen Angriff auf das Parlament verantwortlich gemacht. „Zum ersten Mal in unserer Geschichte hat ein Präsident nicht nur eine Wahl verloren, sondern versucht, die friedliche Machtübergabe zu verhindern“, sagte Biden in seiner Ansprache zum Jahrestag im Kapitol. „An diesem Gedenktag müssen wir dafür sorgen, dass ein solcher Angriff nie wieder geschieht.“
Trumps Namen nannte Biden nicht. Normalerweise hält er sich - wie andere frühere Präsidenten - mit offener Kritik am Vorgänger zurück. Der US-Demokrat kritisierte, der damalige Amtsinhaber habe den Angriff im Weißen Haus im Fernsehen verfolgt „und nichts getan“. Der Republikaner habe „ein Netz an Lügen über die Wahl 2020“ gesponnen. Trump stelle seine eigenen Interessen über die der USA. „Sein angeschlagenes Ego ist ihm wichtiger als unsere Demokratie oder unsere Verfassung. Er kann sich nicht damit abfinden, dass er verloren hat.“
Biden nannte Trumps Betrugsbehauptungen am Donnerstag eine „Big Lie“ - eine „große Lüge“. Über seinen Vorgänger sagte er: „Er ist nicht nur ein früherer Präsident. Er ist ein besiegter früherer Präsident.“ Trump sei in einer freien und fairen Wahl unterlegen. An die Adresse von Wählern sagte Biden: „Der ehemalige Präsident und seine Unterstützer haben beschlossen, dass der einzige Weg, um zu gewinnen, darin besteht, Ihre Stimme zu unterdrücken und unsere Wahlen zu untergraben.“ Das sei „unamerikanisch“.
Erstmeldung von Donnerstag, 06.01.2022, 11.30 Uhr: Washington D.C. – Zum 06. Januar 2022 erinnern die USA* an den Sturm auf das Kapitol durch radikale Anhänger von Donald Trump vor einem Jahr. In der Hauptstadt Washington, D.C. sind heute zahlreiche Gedenkveranstaltungen geplant. Fünf Menschen waren bei den Ausschreitungen ums Leben gekommen, darunter ein Beamter der Kapitol-Polizei.
Der Tag hallt ein Jahr später noch nach. Joe Biden wurde trotz aller Proteste Präsident, doch Donald Trump, dessen Verbündete und Fans dominieren weiter die Schlagzeilen. In einer Rede will Biden nun erneut klarstellen: Donald Trump trägt die Verantwortung für die Attacke.
Jen Psaki*, die Sprecherin des Präsidenten, kündigte im Vorfeld an, dass sich Joe Biden in der National Statuary Hall zunächst noch einmal dem Ablauf der Erstürmung des Kapitols widmen wird, bevor er auf die Rolle Donald Trumps am 06. Januar 2021 zu sprechen kommt. Biden werde die „Signifikanz der Ereignisse am Kapitol und die singuläre Verantwortung, die Präsident Trump für das Chaos und das Gemetzel, das wir gesehen haben, trägt, darlegen“, so Psaki.
Joe Biden werde dabei auch die „Lügen, die der ehemalige Präsident verbreitet hat, zurückweisen“. Trump versuche, „das amerikanische Volk und seine eigenen Unterstützer in die Irre zu führen und von seiner Rolle und den Geschehnissen abzulenken“.
Bei seiner Rede werde Biden auch Republikaner* in die Verantwortung nehmen, die sich nach den Vorfällen im Kapitol nicht negativ zu Trump äußerten. Der damalige Präsident habe sein Amt missbraucht, die Verfassung untergraben und seinen Eid an das amerikanische Volk ignoriert, um sich und seinen Verbündeten mehr Macht zu sichern.
Angesichts des Jahrestags der Kapitol-Erstürmung wird auch Vize-Präsidentin Kamala Harris* am Donnerstag eine Rede halten. Es sei damals nicht nur ein Aufstand, sondern ein „Angriff auf unsere Freiheit und unsere Werte“ gewesen, heißt es von einem Beamten im Weißen Haus als Vorschau auf Harris Rede. Die Demokratin werde aller Voraussicht nach sagen, dass USA weiter daran arbeiten müssten, die Demokratie zu sichern – auch weil die Republikaner das Wahlrecht in mehreren Bundesstaaten* einschränken möchten, wie Demokraten behaupten.
Die Kapitol-Erstürmung hatte nur zwei Wochen vor der Vereidigung Joe Bidens stattgefunden, die dann unter extrem hohen Sicherheitsvorkehrungen vollzogen wurde. Trotz fehlender Beweise und erfolgloser Versuche von Donald Trump, das Ergebnis der Wahl vor Gericht anzufechten, zweifeln noch immer Millionen von Amerikanerinnen und Amerikanern – 40 Prozent der Bevölkerung – an der Rechtmäßigkeit von Bidens Sieg. Das zeigt eine Umfrage von Axios-Momentive.
Die Attacke auf das Kapitol und ihre Nachwirkungen dürften Joe Biden über seine gesamte Amtszeit begleiten. Nach Angaben des Weißen Hauses wird er am Donnerstag auch betonen, wie wichtig eine friedliche Machtübergabe geschichtlich gesehen und für die US-Demokratie sei.
Nach Joe Biden und Kamala Harris wird sich auch Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhaus, zu den Vorfällen in Washington, D.C. vor einem Jahr äußern. Mittags (Ortszeit, 18 Uhr MEZ) gibt es ein Gebet und eine Schweigeminute. Dann folgt eine Diskussion zweier Historiker – laut Pelosi, um „das Narrativ des 06. Januars zu etablieren und zu bewahren“. Anschließend können Kongressabgeordnete ihre Gedanken teilen. Später wird noch eine Mahnwache an der Treppe zum Kapitol abgehalten, die vor einem Jahr voller Trump-Unterstützer vor.
Im Gegensatz zu den Demokraten halten sich die meisten Republikaner mit Äußerungen zur Kapitol-Attacke und zu Donald Trump eher zurück. Ihr Vorsitzender im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, kritisierte sogar die Demokraten. Anstatt herauszufinden, wieso das Kapitol so schlecht gesichert gewesen war und sich zu fragen, was man besser machen könnte, würde man die Ausschreitungen eher als „politische Waffe“ gegen die Republikaner einsetzen, „um das Land weiter zu teilen“, schrieb er in einer Mitteilung an seine Fraktion Anfang des Jahres.
Die republikanische Parteiführung wird am Donnerstag nicht im Kapitol sein. Viele sind stattdessen in den Bundesstaat Georgia für eine Trauerfeier des verstorbenen ehemaligen Senators Johnny Isakson gereist.
Indes ruft Donald Trump seine Fans erneut zum Widerstand gegen Joe Biden* auf. Er wirft dem Demokraten fälschlicherweise vor, eine Corona-Impfplicht für Kinder einführen zu wollen. Nun fordert der ehemalige Präsident von seinen Unterstützern, der „MAGA-Nation“, sich „zu erheben“. (lrg) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.