Jean-Luc Mélenchon: Linker „Anti-Macron“ mischt Frankreich auf
Jean-Luc Mélenchon hat sich zum Gesicht der Linken in Frankreich entwickelt. Dazu inszeniert er sich als „Anti-Macron“.
Paris – Jean-Luc Mélenchon gilt als Vertreter der radikaleren französischen Linken. Dabei bevorzugt er große, inszenierte Auftritte und sucht mit großen Reden die Öffentlichkeit. Inhaltlich setzt sich der Vertreter der Partei „France Insoumise“ („Unbeugsames Frankreich“) für soziale Themen sowie Umwelt- und Klimaschutz ein. Nach der Präsidentschaftswahl in Frankreich 2022 will er zudem das politische System reformieren. Im politischen Alltag tritt Mélenchon als „Anti-Macron“ auf.
Name | Jean-Luc Mélenchon |
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Geboren | 19. August 1951 in Tanger, Marokko |
Studium | Philosophie |
Frühere Berufe | Lehrer und Journalist |
Partei | France Insoumise (Unbeugsames Frankreich) |
Positionen | links, ökologisch, EU-/Nato-kritisch |
Jean-Luc Mélenchon: Die politischen Anfänge des linken Anführers
Zu Beginn seiner politischen Laufbahn vertrat Jean-Luc Mélenchon radikalere Positionen. Der am 19. August 1951 in der marokkanischen Stadt Tanger geborene linke Politiker kam im Alter von elf Jahren nach Frankreich, wo er später Abitur machte. Er studierte schließlich Philosophie und engagierte sich währenddessen in einer trotzkistischen Organisation.
Nach dem Studium arbeitete Mélenchon als Lehrer und Journalist und war in Gewerkschaften tätig. In den 1970er Jahren trat er der Parti Socialiste (PS) bei und stieg mit der Zeit immer weiter auf. 1997 scheiterte er bei seinem Versuch, Generalsekretär der Sozialisten zu werden, an François Hollande. Es war jedoch nur ein zwischenzeitlicher Rückschlag. Von 2000 bis 2002 war Jean-Luc Mélenchon Minister für Berufsausbildung unter Premierminister Lionel Jospin.
Jean-Luc Mélenchon: Aufbau einer eigenen linken Partei in Frankreich
Im Laufe der Zeit entfremdete sich Jean-Luc Mélenchon jedoch von der Sozialistischen Partei. Die mit der deutschen SPD vergleichbare Partei bewegte sich nach Ansicht des linken Politikers zu sehr in die Mitte und vertrat nicht mehr die Interessen der Arbeiterklasse. 2008 trat Mélenchon somit aus der Sozialistischen Partei aus.

Nach seinem Austritt gründete er die Parti de Gauche, die später in die Partei France Insoumise aufging. Für die Partei saß Jean-Luc Mélenchon von 2009 bis 2017 im Europäischen Parlament. 2012 versuchte Mélenchon erstmals, Frankreichs Präsident zu werden, verpasste mit 11 Prozent jedoch die Stichwahl. Bei der Frankreich-Wahl 2017 kam der linke Politiker immerhin auf 19,6 Prozent der Stimmen, blieb aber erneut auf dem vierten Platz. Während die Kandidatur als Präsident erfolglos blieb, schaffte Mélenchon jedoch den Einzug in die französische Nationalversammlung, wo er als Kritiker der Regierung von Emmanuel Macron hervortrat.
Jean-Luc Mélenchon: Als „Anti-Macron“ zum Präsidenten Frankreichs?
Jean-Luc Mélenchon kandidiert auch bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich 2022. Zuvor hatte er jedoch seine Bewerbung daran geknüpft, dass 150.000 Menschen dem Vorhaben über eine Online-Plattform zustimmen. Das Ziel wurde innerhalb von vier Tagen erreicht.
Auch vor der Frankreich-Wahl 2022 zeigt sich Jean-Luc Mélenchon als radikaler Kritiker von Emmanuel Macrons Politik. Der Linke sieht einen „sozialen Notstand“ in Frankreich und macht dafür die Sozial- und Wirtschaftspolitik des Präsidenten verantwortlich. Im Wahlkampf ging der „Anti-Macron“ daher in die Offensive und attackierte Macron und die Rechtsextremistin Marine Le Pen. Beide hätten eigentlich das gleiche Wirtschaftsprogramm. Der Unterschied sei die Nuance: Macron verachte die Arbeiterklasse, während Le Pen für die „Verachtung von Rassen“ stehe. Nach der verpassten Stichwahl sprach er sich klar gegen die Wahl der Rechtsextremistin aus.
Mélenchons Programm zu den Frankreich-Wahlen 2022
Jean-Luc Mélenchons Programm für die Frankreich-Wahl sah weitreichende arbeits- und sozialpolitische Reformen vor. Die Kernthemen des linken Präsidentschaftskandidaten im Überblick:
- Begrenzung von Energie- und Lebensmittelpreisen
- Erhöhung des Mindestlohns auf 1400 Euro pro Monat
- Senkung des Rentenalters von 62 auf 60 Jahre
- Niedrigere Steuern für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen
- Beschäftigungsgarantie für Langzeitarbeitslose
Auch im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes sieht Jean-Luc Mélenchon einen Schwerpunkt. Der Linke fordert dabei etwa die Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 Prozent, die Anerkennung von Ökozid-Verbrechen, die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft und, als einer der wenigen Präsidentschaftskandidat:innen in Frankreich, den Ausstieg aus der Atomenergie.
Jean-Luc Mélenchon will „sechste Republik“ in Frankreich aufbauen
Der linke Kandidat bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich hat jedoch auch Reformpläne für das politische System im Allgemeinen. Als Präsident möchte Jean-Luc Mélenchon eine verfassungsgebende Versammlung einberufen, die eine „sechste Republik“ ausarbeitet.
Jean-Luc Mélenchon fordert dabei eine Abkehr vom präsidentiell geprägten politischen System in Frankreich. Stattdessen sollen die Menschen mehr Möglichkeiten bekommen, sich in den politischen Prozess einzubringen, etwa durch Referenden. Zudem soll es die Möglichkeit geben, Abgeordnete, die ihr Mandat nicht respektieren, abzusetzen.
Jean-Luc Mélenchon: Einsatz für ein „blockfreies“ Frankreich
Im Bereich der Außenpolitik tritt Jean-Luc Mélenchon als Kritiker der Europäischen Union (EU) auf, die er als Konstrukt des kapitalistischen Systems betrachtet. Während der Euro-Krise hatte er Deutschland Imperialismus vorgeworfen und von einem deutschen wirtschafts- und finanzpolitischen Diktat gesprochen. Lange Zeit hat er den Austritt Frankreichs aus der EU gefordert, mittlerweile will er stattdessen eine Klausel der EU nutzen, wonach Mitgliedsstaaten sich in bestimmten Politikfeldern nicht zwangsläufig beteiligen müssen.
Frankreich soll nach Ansicht Mélenchons international ein „blockfreier Staat“ werden. Der Linke sieht demnach einen Austritt aus der Nato vor, der er immer wieder aggressive Politik gegenüber Russland vorwarf. Im Ukraine-Konflikt hatte Mélenchon noch im Januar 2022 vor der russischen Invasion in die Ukraine die Bedrohung durch Russland geleugnet. Nach dem Beginn des Ukraine-Krieges verurteilte er den Einmarsch Russlands und forderte den Abzug der Truppen.
Parlamentswahl in Frankreich: Jean-Luc Mélenchon hofft auf Amt des Premierministers
Vor der Parlamentswahl in Frankreich im Juni 2022 hat Mélenchons Partei La France Insoumise das Bündnis „NUPES“ mit der kommunistischen Partei, der Parti Socialiste und den Grünen geschlossen. Sie wollten gemeinsam antreten, um die Chancen auf Siege in den Wahlkreisen zu erhöhen. Mélenchon hoffte, nach der Wahl zum Premierminister ernannt zu werden. Zu den Zielen des Bündnisses gehörten die Erhöhung des Mindestlohns, die Senkung des Renteneintrittsalters, das Eintreten für einen ökologischen Wandel sowie der Ausstieg aus der Atomenergie.
Letztendlich verpassten Mélenchon und Co. jedoch ihr Ziel, stärkste Kraft zu werden. Mit 131 gewonnenen Wahlkreisen lagen sie deutlich hinter Macrons-Allianz Ensemble (245). Zudem fand Mélenchons Vorschlag, das Bündnis nach der Parlamentswahl beizubehalten und eine gemeinsame linke Fraktion zu bilden, keine Zustimmung bei den anderen beteiligten Parteien. (ms)