Ein Jahr nach der Zeitenwende: Wie Scholz Deutschland verändert hat
Vor einem Jahr kündigt Bundeskanzler Olaf Scholz die „Zeitwende“ an. Seither ist viel passiert. Kritik kommt jedoch von der Opposition.
Berlin – Nur wenige Tage nach dem Russland in die Ukraine einmarschiert ist, kündigt Olaf Scholz eine „Zeitenwende“ an. Seit der Rede am 27. Februar 2022 hat sich einiges verändert, aus den Reihen der Opposition kommt jedoch Kritik.
„Wir erleben eine Zeitenwende. Und das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor“, mit diesen Worten läutete der SPD-Kanzler die Zeitwende ein. In der Folge kam es zu mehr Investitionen und der Standpunkt beim Thema Waffenlieferungen änderte sich grundlegend.
Zeitenwende beim Militär: Deutschland springt direkt auf das Nato-Wunschziel
Deutschland stand zuvor für seine Rüstungsausgaben immer wieder in der Kritik. Der Nato-Partner USA forderte beispielsweise eine Erhöhung des Rüstungsetats auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
Auf das Zwei-Prozent-Ziel hatten sich die Nato-Staaten bereits im Jahr 2014 verständigt, wie die europäische Finanzzeitung Wirtschaftsdienst schreibt. Die Mitgliedsstaaten sollten sich bis zum Jahr 2024 diesem angenähert haben, so der Beschluss. Im Jahr 2020 lagen die Militärausgaben in Deutschland bei 1,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, wie der Stern schreibt.
Scholz kündigt Sondervermögen an: Bringt die Zeitenwende den Geldsegen für die Bundeswehr?
In seiner Rede zur Zeitenwende kündigte Olaf Scholz ein einmaliges Sondervermögen für Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro an. „Wir werden von nun an Jahr für Jahr mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren“, stellte der Bundeskanzler zudem in seiner Regierungserklärung in Aussicht.
Ein Jahr nach der Ankündigung des Sondervermögens hagelt es jedoch Kritik an der Umsetzung. „Die Bundeswehr hat ungeheure Defizite und die Zeitenwende hat bei ihr bislang noch gar nicht begonnen. Die Truppe hat ein Jahr verloren und ist nun blanker als Anfang 2022“, kritisierte der CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter gegenüber der Augsburger Allgemeinen am Montag (27. Februar).

Die SPD-Frontfrau Saskia Esken wies die Vorwürfe zuletzt zurück. Die Zeitenwende-Rede sei ein klares Signal gewesen, sagte sie gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Von dem Sondervermögen sind laut Verteidigungsministerium mittlerweile 30 Milliarden Euro fest verplant. Fakt ist jedoch auch, dass bis dato noch kein Euro davon investiert wurde.
Krieg in Europa: Zeitenwende beim Thema Waffenlieferungen
„Was für die Sicherung des Friedens in Europa gebraucht wird, das wird getan“, kündigte Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung vom 27. Februar 2022 an. Den Worten folgten auch Taten. Galten Waffenlieferungen in aktive Kriegsgebiete zuvor noch als Tabubruch, drehte sich das Blatt im Zuge des Ukraine-Kriegs um 180 Grad.
- Waffen-Lieferungen in die Ukraine
- USA: Es wurden Waffen im Wert von mehr als 32 Milliarden US-Dollar (30,2 Milliarden Euro) geliefert
- Deutschland: Die militärische Zuwendung beträgt 2,56 Milliarden Euro. Noch im Frühjahr soll der Wert auf 3,3 Milliarden gesteigert werden.
- Großbritannien: Mit 2,6 Milliarden Euro Investition liegen dir Briten ungefähr gleich auf mit Deutschland. Zusätzliche Ausgaben in ähnlicher Höhe wurden bereits angekündigt.
- Polen: Der Nachbarstaat der Ukraine hat militärische Unterstützung in Höhe von mehr als 2,2 Milliarden Euro geleitstet.
- Quelle: dpa
Sogar die selbsterklärte Anti-Kriegspartei der Grünen sprach sich mehr und mehr für Waffenlieferungen in die Ukraine aus. Anfangs ging es noch um die Lieferung von Schutzhelmen. Ein Jahr später wurden bereits Kampfpanzer zugesichert und Panzerabwehrraketen geliefert. Insgesamt wurden Waffen im Wert von 2,556 Milliarden Euro von Deutschland der Ukraine zugesichert, wie die dpa schreibt. Doch auch im nichtmilitärischen Bereich hat die Zeitwenden für Veränderungen gesorgt.
Zeitenwende in der EU: Ukraine erhält Kandidatenstatus
Bis zum 24. Februar 2022 galt ein EU-Beitritt der Ukraine eher als unwahrscheinlich, wie Reuters schreibt. Als politische Unterstützung wurde Kiew im Juni 2022 dann der Kandidatenstatus zugestanden. Gleiches gilt für die Republik Moldau. „Ihr EU-Beitritt liegt in unserem Interesse“, sagte Scholz zu den Beitrittsperspektiven in seiner Regierungserklärung vom Februar 2022.
Der Ukraine-Krieg hatte auch eine Energie-Krise, mit teils extremen Preissteigerungen, zur Folge. Dem setzte Olaf Scholz den sogenannten „Doppel-Wumms“ entgegen. Mit einem Sondertopf im Haushalt sollten die Folgen abgemildert werden. Hierfür wurden 200 Milliarden Euro beschlossen. (Lucas Maier)