Israel: Regierung droht das Aus – Netanjahu-Comeback kündigt sich an
In Israel scheitert die Regierung dabei, ein umstrittenes Gesetz zu verlängern. Das Bündnis könnte zerbrechen - und Benjamin Netanjahu könnte zurückkehren.
Jerusalem – Am Ende wurde die Abstimmung in der Knesset zum Offenbarungseid für Israels Ministerpräsident Naftali Bennett. Dabei war das Parlament am Montag (6. Juni) eigentlich zusammengekommen, um einen Routine-Akt zu beschließen. Die zivilrechtlichen Garantien der israelischen Siedler im Westjordanland sollten bestätigt werden – ein regelmäßig notwendiger Beschluss, der aber seit Jahren reibungslos abläuft.
Doch dann folgte der große Knall: 58 Knesset-Mitglieder votierten gegen eine Ausweitung der Laufzeit des Gesetzes, nur 52 dafür. Das Ergebnis ist der wohl vorläufige Höhepunkt eines schon länger schwelenden Konflikts innerhalb der Regierungskoalition. Seit Juni 2021 leitet die vom nationalkonservativen Bennett angeführte Regierung das politische Tagesgeschäft im Mittelmeer-Staat. Dabei setzt sie sich aus acht verschiedenen Parteien zusammen, die sich über das gesamte ideologische Spektrum verteilen – und dementsprechend häufig aneinandergeraten.

Israel: Gesetzesbeschluss ist politisches Dauerstreitthema
Mit 61 von insgesamt 120 Partei-Vertreter:innen im Parlament hielt sie eine knappe Mehrheit, die seit dem Fraktionsaustritt zweier Abgeordneter in diesem Jahr aber dahin ist. Insbesondere kontroverse Entscheidungen macht das zu einer äußerst kniffligen Angelegenheit. Der gescheiterte Gesetzesbeschluss vom Montag ist deshalb Streitthema zwischen Linken und Rechten im Land, weil er den Vorwurf eines doppelten Standards zwischen Israelis und Palästinensern befeuert.
Wie der Spiegel berichtet, können jüdische Siedlerinnen im Westjordanland dank des immer wieder erneuerten Gesetzes israelisches Zivilrecht in Anspruch nehmen. Palästinenser sind dabei aber nicht berücksichtigt, obwohl Israel Teile des Territoriums kontrolliert. Für sie gelte im Westjordanland ausschließlich palästinensisches oder sogar israelisches Militärrecht.
Israel: Benjamin Netanjahu könnte vor Rückkehr als Ministerpräsident stehen
Laut New York Times rang sich der Großteil der Liberalen bis Linken in der Regierung dennoch dazu durch, das Gesetz zu verlängern – um die Koalition zu erhalten. Ausreichend war das aber nicht, denn die oppositionelle Rechte um Ex-Ministerpräsident Benjamin Netanjahu – ironischerweise großer Unterstützer der Siedlerbewegung – sprachen sich gegen das Gesetz aus. Sie verfolgt den Plan, Netanjahu wieder zurück ins Amt zu befördern.
Mit der Abstimmung am Montag rückt dieses Szenario jedenfalls einen Schritt näher, so die New York Times. Sollte es der Regierung nicht bis Ende des Monats gelingen, das Gesetz bei einer weiteren Abstimmung doch noch durchzuwinken, sei sie politisch tot. Auch für die Siedler im Westjordanland wäre ein Scheitern fatal, ein rechtliches Chaos die Folge.
Israel: Opposition fürchtet Rückkehr Benjamin Netanjahus
Konkret soll Justizminister Gideon Saar deshalb bereits angedeutet haben, mit seiner Rechtspartei die Regierung verlassen zu wollen. Ziel sei stattdessen eine neue Allianz mit Netanjahu. Dessen Partei, die für das Gesetz noch am Montag den Daumen gesenkt hatte, könnte es dann mit einer breiten Mehrheit verlängern. Nach Angaben der New York Times fürchtet die Opposition bereits, Netanjahu könne als neuer, alter Premierminister Israels versuchen, die Justiz im Land zu untergraben – aktuell steht er wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht. (juf)