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Streit über Netanjahus Justizreform: Israels Präsident Herzog warnt vor „Bürgerkrieg“

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Von: Vincent Büssow

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Die rechts-religiöse Regierung von Benjamin Netnajahu plant, die Justiz in Israel zu schwächen. Präsident Herzog warnt – und bietet einen Kompromiss.

Tel Aviv/Berlin – Im Streit über die in Israel geplante Justizreform hat Präsident Herzog deutliche Worte gefunden. Am Mittwochabend (16. März) äußerte er sich zu der aktuellen Lage – und schloss auch einen Bürgerkrieg nicht aus. Anlass war die Präsentation eines Kompromissvorschlags, der im Auftrag von Herzog erarbeitet worden war. Auch Olaf Scholz äußerte sich beim Deutschland-Besuch von Regierungschef Benjamin Netanjahu besorgt.

„Diejenigen, die denken, dass ein Bürgerkrieg unmöglich ist, haben keine Idee, wie nah wir ihm schon sind.“ Mit diesen Worten stellte Jitzchak Herzog seine Alternative zur Reform der rechts-religiösen Regierung von Netanjahu vor. Der Kompromiss sieht einige Abschwächungen bei den umstrittensten Punkten vor. Die Opposition in Israel forderte, den Vorschlag zu akzeptieren. „Der Vorschlag von Präsident Herzog ist nicht perfekt und er ist nicht das, was wir uns gewünscht haben, aber es ist ein richtiger Kompromiss [...] und wir akzeptieren ihn“, sagte Oppositionsführer Jair Lapid.

Streit über Justizreform in Israel: Aufhebung der Gewaltenteilung?

Netanjahus geplante Justizreform soll dem Parlament mehr Macht geben. Die Justiz soll hingegen weniger rechtsstaatliche Kontrolle behalten. Kritiker fürchten dabei eine Aufhebung der Gewaltenteilung und damit eine Aushöhlung der Demokratie. Seit Wochen protestieren in Israel täglich zehntausende Menschen gegen die Reform.

Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu in Deutschland.
Benjamin Netanjahu führt eine rechts-religiöse Regierung in Israel an. Seine Pläne für eine Justizreform sorgen für heftige Kritik. Präsident Herzog warnte vor einem „Bürgerkrieg“. © Kay Nietfeld/dpa

Justiz-Streit in Israel: Olaf Scholz äußert sich besorgt

Trotz der deutlichen Worte seines Präsidenten wies Netanjahu den Kompromissvorschlag umgehend zurück. Er begrüße „jeden Versuch, zu einer Lösung oder einem Dialog zu kommen“, sagte er vor dem Abflug zu seinem Deutschland-Besuch. „Aber was der Präsident vorschlägt, wurde von den Repräsentanten der regierenden Koalition nicht akzeptiert.“ Der Vorschlag Herzogs würde lediglich die jetzige Situation im Justizsystem des Landes „verewigen“, sagte der Premierminister. Diese bezeichnete er als „Ungleichgewicht“.

In Deutschland angekommen, erntete Netanjahu weiterhin Kritik für sein Vorhaben. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte nach einem gemeinsamen Treffen, „als demokratische Wertpartner und enge Freunde Israels verfolgen wir diese Debatte sehr aufmerksam und - das will ich nicht verhehlen - mit großer Sorge.“ Netanjahu wies die Vorwürfe der Demokratiefeindlichkeit als „absurd“ und „lächerlich“ zurück. Israel werde „ständig verleumdet“, er selbst werde als „eine Art Potentat angesehen, der die Demokratie abschaffen“ wolle. (vbu mit afp)

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