Inhaftierter Arzt im Hungerstreik – Bilder lösen Besorgnis aus

In den vergangenen Wochen nahmen die Proteste auf den Straßen des Irans ab. Doch Fotos eines inhaftierten Arztes schockieren jetzt die Öffentlichkeit.
Teheran – Bilder des iranischen Aktivisten Farhad Meysami haben in sozialen Medien große Besorgnis ausgelöst. Menschenrechtler:innen veröffentlichten am Donnerstagabend Fotos des seit 2018 im Iran inhaftierten Arztes. Unter anderem zeigte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International die Fotos via Twitter, versehen mit einer Trigger-Warnung. Darauf ist der 53-Jährige, der im Hungerstreik ist, mit rasiertem Kopf und völlig abgemagert zu sehen. Die Iraner:innen zeigten sich schockiert und forderten zum wiederholten Male seine Freilassung.
Meysami befindet sich seit mehr als vier Jahren in Haft. Die Justiz wirft ihm Verstöße gegen die „nationale Sicherheit“ vor. Bereits im Jahr 2018 war der Aktivist in den Hungerstreik getreten. Seit Ausbruch der jüngsten Proteste im Iran vom Herbst 2022 verweigert er in der Gohardascht-Haftanstalt in Karadsch – nahe der Hauptstadt Teheran – erneut die Aufnahme von Nahrung. Medienberichten zufolge fordert Meysami ein Ende der Exekutionen von Demonstrant:innen, die Freilassung politischer Gefangener und das Ende der strikten islamischen Kleidungsordnung.
Proteste Iran: Halbstaatliche Nachrichten zeigen angeblich verbesserten Zustand
Die iranischen Behörden widersprachen am vergangenen Freitag (27. Januar) den Berichten. Meysamis Gewichtsverlust erklärte die Justiz mit einer angeblichen Darmerkrankung, wie das Nachrichtenportal Misan berichtete. Zudem soll er seinen Hungerstreik unterbrochen und ärztliche Hilfe erhalten haben. Die halbstaatliche Nachrichtenagentur Young Journalists Club veröffentlichte als Beweis für seinen angeblich verbesserten Zustand ein Foto von Meysami. Auf dem Bild sind neben ihm Verpackungen von Lebensmittel, sowie eine Tasse und Wasserflaschen zu sehen. Die Angaben der Berichte lassen sich allerdings nicht unabhängig überprüfen.
Auch der inhaftierter iranische Regisseur Jafar Panahi kämpft mit einem Hungerstreik für seine Freilassung: Mit dem Morgen des 1. Februar werde er weder trinken noch essen und keine Medizin für seine Erkrankung einnehmen, bis er freigelassen werde.
Proteste im Iran: Verantwortung für Meysamis Leben liegt „bei der Islamischen Republik“
Politiker:innen und Intellektuelle fordern jedoch erneut Meysamis Freilassung. Unter anderem fordert der Politologe Abbas Abdi auf Twitter öffentlich in einem Appell dessen Entlassung aus der Haft. Der Menschenrechtsaktivist Hossein Ronaghi, der zuvor ebenfalls inhaftiert war und auf Kaution freigesetzt wurde, schrieb, Meysami verdiene keinen Gefängnisaufenthalt. Seine Situation sei „schmerzhaft“, schrieb er dazu auf Twitter. Die Verantwortung für Meysamis Leben liege „bei der Islamischen Republik“.
Auslöser der jüngsten Protestwelle im Iran war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini Mitte September. Sie war von der sogenannten Sittenpolizei wegen eines Verstoßes gegen die strengen islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden. In den vergangenen Wochen nahmen die Proteste auf den iranischen Straßen wieder ab. Ihren Unmut drücken viele Frauen inzwischen auch durch zivilen Ungehorsam aus – etwa, indem sie den Kopftuchzwang ignorieren. (na/dpa)