Berichte über vergiftete Schülerinnen im Iran
An mehreren Mädchenschulen im Iran werden Schülerinnen vergiftet. Eltern vermuten hinter den Anschlägen frauenfeindliche Motive.
Teheran - Am Dienstag (28. Februar) sollen an einer Mädchenschule in der Nähe von Teheran erneut zahlreiche Schülerinnen vergiftet worden sein. Es seien „etliche Schülerinnen in der Chajjam-Mädchenschule in der Stadt Pardis, in der Provinz Teheran, vergiftet“ worden. Das meldet die Nachrichtenagentur Tasnim. Im Krankenhaus sollen demnach derzeit 35 Mädchen behandelt werden.
Medienberichten zufolge soll es in den vergangenen Monaten immer wieder zu ähnlichen Fällen an Mädchenschulen im Iran gekommen sein. Insgesamt rund 30 Schulen sollen betroffen sein. Die ersten Vorfälle wurden demnach bereits im November gemeldet, einige Wochen nach Ausbruch der landesweiten, regimekritischen Proteste.
Atemnot bei Hunderten Schülerinnen an Mädchenschulen im Iran gemeldet
Durch den Tod der 22-jährigen iranischen Kurdin Mahsa Amini waren die Proteste vor vier Monaten ausgelöst worden. Amini starb, nachdem sie von der Sittenpolizei wegen eines Verstoßes gegen die Kleiderordnung festgenommen worden war. Eltern reagierten empört auf die Vergiftungen. Sie vermuten Frauenfeindlichkeit als Motiv hinter den Taten, die in Verbindung mit den landesweiten Protesten stehen könnten, da ausschließlich Mädchen betroffen sind. Auch Aktivistinnen und Aktivisten zeigten sich entsetzt. Sie verglichen die mutmaßlichen Verantwortlichen der Anschläge mit radikalislamischen Gruppen wie den Taliban in Afghanistan.
In mindestens zwei weiteren Städten wurden seit November Hunderte Fälle von Atemnot bei Schülerinnen gemeldet, darunter in der Stadt Ghom. Zuletzt waren am Sonntag in Borudscherd Schülerinnen einer Mädchenschule nach einem weiteren rätselhaften Vergiftungsvorfall ins Krankenhaus eingeliefert worden. Es soll der vierte Vorfall in der westiranischen Stadt innerhalb einer Woche gewesen sein. Todesfälle habe es laut dem Fernsehsender Euronews bisher noch nicht gegeben.
Iranisches Parlament berät über Vergiftungen an Mädchenschulen
Das iranische Parlament beriet am Dienstag (28. Februar) in einer Sitzung über die Vorfälle. An der Sitzung nahm laut der Nachrichtenagentur Irna auch der iranische Gesundheitsminister Bahram Ejnollahi teil. Die Nachrichtenagentur zitierte den Parlamentspräsidenten Mohammad Bagher Ghalibaf mit den Worten, sowohl in Ghom als auch in Borudscherd habe man es mit „Vergiftungen von Schülerinnen zu tun“.
Der stellvertretende Gesundheitsminister Junes Panahi sagte laut Irna, nach den Vergiftungsfällen in Ghom sei festgestellt worden, „dass einige Leute wollten, dass alle Schulen, insbesondere die Mädchenschulen, geschlossen werden“. Die Vizepräsidentin des iranischen Parlaments, Massoumeh Ebtekar, sprach von einer „Wiederholung des Verbrechens der Vergiftung von Mädchen“. Sie forderte die Behörden auf, „den frauenfeindlichen Fanatikern ein für alle Mal ein Ende zu setzen“. (Clemens Dörrenberg)