- 0 Kommentare
- Weitere
„Islamischer Staat“
Irak: Islamischer Staat meldet sich mit Anschlag in Bagdad zurück
- vonMartin Gehlenschließen
Islamistische Attentäter sprengen sich auf einem Basar in die Luft. 32 Personen sterben, dutzende werden verletzt – Iraks Ministerpräsident entlässt als Reaktion zuständige Beamte.
- Bei einem Terroranschlag sterben in Iraks Hauptsstadt Bagdad 32 Menschen.
- Der „Islamische Staat“ bekennt sich zu den zwei Selbstmordattentätern.
- Es ist der schwerste Anschlag seit Jahren, Iraks Ministerpräsident entlässt Beamte.
Bagdad – Hunderte weißer Kerzen stecken in dem sandigen Boden. In ihrer Mitte liegen ein paar irakische Fahnen, um die Lichter herum kauern junge Leute. Sie trauern um die 32 Toten in ihrem Bagdader Wohnviertel Bab al-Sharqi, die durch einen Doppelanschlag auf den örtlichen Kleiderbasar ums Leben kamen.
In der Nacht zu Freitag bekannte sich der „Islamische Staat“ (IS) zu dem mörderischen Attentat auf den Arbeiterbezirk in Bagdad, der am östlichen Ufer des Tigris liegt. Der Angriff habe den schiitischen Musliminnen und Muslimen gegolten, verkündete die Terrormiliz auf ihren Propagandakanal bei Telegram, der auch die Namen der beiden Attentäter nannte.
Islamischer Staat: Terrormiliz verübt Anschlag in Bagdad
Nach Angaben von Augenzeug:innen täuschte der erste Täter plötzliche Bauchkrämpfe vor. Als Passanten ihm zur Hilfe kamen, sprengte er sich in die Luft. Kurz darauf riss sein Komplize weitere Menschen in den Tod. Mehr als hundert Besucherinnen und Händler des Open-Air-Marktes wurden verletzt. Fotos vom Tatort zeigten ein Bild der Verwüstung – blutende Opfer, abgerissene Gliedmaßen und zerfetzte Tische.
Am Freitag zog Ministerpräsident Mustafa al-Kadhimi erste Konsequenzen und entließ den für die Geheimdienste zuständigen Vizeinnenminister, den Direktor der Antiterroraufklärung sowie den Chef der Bundespolizei. „Sicherheit ist nicht nur ein Wort für die Medien, es ist eine Verantwortung“, erklärte der Regierungschef, der selbst vier Jahre lang Leiter des Geheimdienstes war. „Wer seiner Aufgabe nicht gerecht wird, die Bürger zu schützen, der muss zurücktreten.“
IS in Städten wiedererstarkt – Auf dem Land schon Teil des Alltags
Denn das schwerste Attentat in Bagdad seit drei Jahren ist Indiz dafür, dass von der IS-Terrormiliz nach dem Untergang ihres Kalifats auch in den Städten wieder akute Gefahr ausgeht. In ländlichen Regionen dagegen gehören Überfälle auf Kontrollpunkte, gezielte Hinrichtungen, Entführungen und Straßenbomben längst zum Alltag.
Das Pentagon bezifferte die Zahl der Attentate im Irak für die ersten neun Monate 2020 auf fast 900, andere Quellen gehen von einer doppelt so hohen Zahl aus. Nach Erkenntnissen des UN-Sicherheitsrats operieren im Irak und Syrien nach wie vor 10.000 Dschihadisten, deren Kämpfer sich ungehindert zwischen beiden Ländern bewegen. In der Regel sind die Terrorkommandos nicht größer als fünf bis 15 Mann. Der IS sei nach wie vor eine Bedrohung, räumte kürzlich Iraks Außenminister Fuad Hussein ein und erklärte, sein Land brauche in dem Kampf die Unterstützung der Region und der internationalen Gemeinschaft.
Irak benötigt Hilfe im Kampf gegen den Terror
Auch wenn die irakischen Antiterroreinheiten in der Vergangenheit immer wieder IS-Zellen ausschalten konnten, alleine werden sie mit der Terrorgruppe nicht fertig. Sie sind angewiesen auf die Aufklärung durch amerikanische Drohnen und Luftschläge gegen IS-Verstecke. Trotzdem halbierte Präsident Donald Trump in der Schlussphase seiner Amtszeit die im Irak stationierten Spezialkräfte von 5200 auf 2500.
Rubriklistenbild: © Ali Najafi / afp