Wahl gewonnen: Joko Widodo bleibt Präsident

Indonesier erteilen dem radikalislamischem Kandidaten eine Absage.
Vier Wochen nach dem Ende der Präsidentschaftswahlen in Indonesien hatte es die Wahlkommission des Landes plötzlich eilig. Einen Tag früher als geplant verkündete sie das Resultat: Amtsinhaber Joko Widodo wurde mit 55,5 Prozent der Stimmen für weitere fünf Jahre bestätigt. Sein einziger Widersacher, der frühere General Prabowo Subianto, erhielt 44,5 Prozent. Der Grund der plötzlichen Hast: Prabowo will sich nicht geschlagen geben. Die Regierung fürchtete, der Verlierer würde seine Verbündeten von den radikalislamischen Milizen zum Proteststurm ausrücken lassen.
Tatsächlich weigerte sich Prabowo am Dienstag, das offizielle Ergebnis zu unterzeichnen. Seine Mannschaft verkündete, man wolle beim Verfassungsgericht Beschwerde einlegen. Der Ex-General, der schon bei seiner ersten Präsidentschaftskandidatur 2014 gescheitert war, hatte während der vergangenen Wochen mehrfach verkündet, er setze im Fall einer Niederlage auf die „Macht der Leute“ auf den Straßen. Prabowo, Sohn einer Christin, war im Wahlkampf mit Vertretern der radikalislamischen Milizen aufgetreten, die in Indonesien die Scharia, das juristische Regelwerk des Islam, einführen wollen.
Die Regierung Indonesiens, der nach Einwohnern gerechnet drittgrößten Demokratie der Welt, reagierte auf solche Drohungen mit polizeilichen Einsätzen. Ein Sprecher von Prabowos Team wurde am Montag nach einem Protestaufruf unter dem Vorwurf des „Verrats“ festgenommen. Zuvor hatte bereits der Polizeichef des Landes gewarnt, man werde mit drakonischen Mitteln gegen Anti-Wahl-Proteste vorgehen.
Die Bevölkerungsmehrheit scheint für die Proteste gegen die Wahl des 57 Jahre alten Widodo wenig übrigzuhaben. „Das Wahlergebnis zeigt, die Indonesier wollen Demokratie und keine islamische Herrschaft“, sagt der Journalist Tommy Suryopratomo vom Fernsehsender Metro TV.
Seit zwei Jahrzehnten erst ist Indonesien eine Demokratie. Rund 260 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zählt das Land, 90 Prozent von ihnen sind muslimisch. Sie scheinen entschlossen, ihre vergleichsweise junge Demokratie gegen deren Feinde zu verteidigen.
„Ich bin der Präsident aller Indonesier“, erklärte der wiedergewählte Widodo in einem Interview der „New York Times“, „Demokratie schützt Pluralismus. Meine Regierung stellt Harmonie und die Bekämpfung des Extremismus an die oberste Stelle.“
Widodo, ein ehemaliger Möbelhändler, verzichtet auf Visionen. Er spricht lieber über die 1100 Kilometer Straßen, die unter seiner Ägide neu gebaut wurden. Dennoch holte seine Regierung während des vergangenen Jahres häufig „Pancasila“ aus der Mottenkiste, die alte Staatsphilosophie des Diktators Suharto. Das Ziel: Der alte und neue Präsident will dem wachsenden Einfluss konservativer oder dogmatischer islamischer Gruppen ein eigenes Gesellschaftsmodell entgegensetzen. Im Wahlkampf reiste er nach Mekka, um dem Gerücht zu begegnen, er sei klammheimlich Christ.
Doch „Jokowi“, wie Widodo in Indonesien genannt wird, verdankt seinen Wahlsieg auch einem Zugeständnis an die religiösen Wähler. Als Vize-Präsidenten musste er sich Ma’ruf Amin ins Boot holen. Der 76-jährige Amin vertritt den konservativen Flügel der größten islamischen Vereinigung Indonesiens, der Nahdlatul Ulama. Sie zählt nach eigenen Angaben 40 Millionen Mitglieder und ist unter anderem berüchtigt für ihre Hetze gegen Homosexuelle.
Vor allem aber sorgte Amin mit einer Fatwa, einer islamischen Rechtsauskunft, und einer zweifelhaften Zeugenaussage dafür, dass der chinesisch-stämmige Christ Ahok Basuki Tjahaja Purnama, ein Schützling des Präsidenten und Kandidat für den Gouverneursposten von Jakarta, wegen Blasphemie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde.
Sorgen über den künftigen Einfluss Amins versuchen Anhänger Widodos zu zerstreuen. Der TV-Journalist Suryopratomo verweist auf den beschränkten Aufgabenbereich des Vize-Präsidenten: „Er wird nur für islamische Wirtschaft zuständig sein, um unseren Rückstand gegenüber Malaysia aufzuholen.“