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Nach Erdbeben: Immer mehr Kinder tauchen in Heimen von Islamisten auf

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Von: Erkan Pehlivan

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Immer mehr Erdbeben-Kinder tauchen in Heimen von Islamisten auf.
Kind von Rettungskräften nach Erdbeben in Kahramanmaras gerettet © IMAGO/Istanbul Fire Department

Unbegleitete Kinder aus dem Erdbebengebiet werden zunehmend in Heimen von Islamisten untergebracht. Oppositionsparteien versuchen dagegen vorzugehen.

Sakarya – Immer mehr Kinder aus dem Erdbebengebiet in der Türkei gelten als vermisst oder tauchen in Heimen von Sekten und islamistischen Gruppen auf. Bei ihnen handelt es sich vor allem um Waisen, die ihre Elten bei dem verheerenden Erdbeben verloren haben. In einem Fall wurden bis zu 60 Kinder in zwei Villen der Hilfsorganisation IHH in Istanbul gebracht. Die Organisation gilt als islamistisch und hat eine Nähe zur Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Neun Kinder in Koranschule von Islamisten in Sakarya untergebracht

Jetzt ist ein weiterer Fall bekannt geworden. In Sakarya sollen neun Kinder aus der Katastrophengebiet in einer Koran-Schule der sogenannten „Ismail-Aga-Gemeinde“ untergebracht worden sein. Bei ihnen handele es sich nach einem Bericht des türkischen Dienstes der Deutschen Welle um Kinder, die im Erdbeben ihrer Väter verloren haben und mit ihren Müttern nach Sakarya gebracht worden seien. Danach habe man sie getrennt, weil die Kinder schon über 12 Jahre seien.

Inzwischen mehren sich die Strafanzeigen wegen dieser Kinder. Eine erste Anzeige hatte der Rechtsanwaltverein „Çağdaş Hukukcular Dernegi“ (ÇHD) gestellt. „Wenn die Kinder entführt sein sollten, sollte die Täter unverzüglich ermittelt und strafrechtlich belangt werden“, teilt die ÇHD mit. Auch der Kinder- und Frauenrechteverein „önce çocuklar ve kadınlar derneği“ (Erst Kinder und Frauen) hat Strafanzeige wegen Entführung und Freiheitsberaubung gestellt.

Opposition gründet Kommission und stellt Regierungsanfrage

Die Oppositionspartei CHP hat deswegen eine Kommission gegründet, die die Zahlen und den Verbleibt der vermissten Kinder untersuchen will. Die Mitglieder der Kommission wollen anschließend einen Bericht dazu veröffentlichen. „Wir haben eine Kommission gegründet, die das Thema unbegleitete Kinder untersucht. Wir wollen das Thema im Parlament lösen und setzen unsere Anstrengungen dazu fort. Wir erwarten dazu eine Stellungnahme des Familienministeriums sowie der Religionsbehörde Diyanet“, hieß es.

Auch die pro-kurdische HDP versucht den Verbleib viele Kinder aus der Erdbebenregion herauszufinden. „80 Prozent der verschwundenen Kinder sind jünger als drei Jahre alt“, gibt die Abgeordnete Filiz Kerestecioglu (HDP) auf Twitter bekannt. In einer Anfrage will die Oppositionspolitikerin daher unter anderem wissen, wie viele Kinder etwa in den Krankenhäusern und staatlichen Heimen untergebracht sind, deren Identität unklar ist. Zudem soll geklärt werden, welche Maßnahmen ergriffen wurden, damit unbegleitete Kinder nicht in falsche Hände geraten. Eine Antwort blieb bislang aber aus. (Erkan Pehlivan)

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