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AfD gewinnt Prozess gegen Innenminister Seehofer - erste Reaktionen

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Das Bundesverfassungsgericht entscheidet heute über eine Klage gegen Innenminister Horst Seehofer. Er hatte die AfD in einem Interview scharf kritisiert. (Archivbild)
Das Bundesverfassungsgericht entscheidet heute über eine Klage gegen Innenminister Horst Seehofer. Er hatte die AfD in einem Interview scharf kritisiert. (Archivbild) © dpa / Michael Kappeler

Nachdem Innenminister Horst Seehofer die AfD in einem Interview als „staatszersetzend“ kritisierte, hat die Partei den CSU-Politiker verklagt. Nun wurde das Urteil verkündet.

Update vom 9. Juni, 12.30 Uhr: Nachdem das Verfassungsgericht der Klage der AfD gegen Innenminister Horst Seehofer stattgegeben hat, wurden nun erste Reaktionen bekannt. So bezeichnete der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen die Entscheidung des Gerichts als „wichtigen Beitrag zur politischen Hygiene in Deutschland“. Die Richter hätten festgestellt, dass Seehofer keine „Regierungsressourcen“ nutzen dürfe, „um die Opposition zu diffamieren“, sagte Meuthen.

Causa Seehofer: Meuthen sieht in Urteil „Beweis für funktionierenden Rechtsstaat“

Weiter sieht Meuthen das Urteil als einen „Beweis für einen funktionierenden Rechtsstaat“. Zum Inhalt des Interviews, in dem Seehofer das Verhalten der AfD-Bundestagsfraktion als „staatszersetzend“ bezeichnete, sagte Meuthen: „Das, was Herr Seehofer da gemacht hat, war derbe Kritik. Aber wer viel austeilt, muss auch mal einstecken können.“ Der AfD-Chef moniere nicht, dass Seehofer sich in der Sache kritisch äußere. Das sei politischer Wettbewerb. „Wichtig ist, dass hier nicht regierungsamtliche Ressourcen missbraucht werden. Das war der Kernpunkt des Verfahrens“, betonte er.

Auch auf Seiten des Beklagten hat sich mittlerweile ein Vertreter geäußert. Der Parlamentarische Staatssekretär Günter Krings (CDU) betonte, dass das Gericht „in wirklich dankenswerter Klarheit festgestellt hat, dass auch ein Bundesinnenminister, auch Horst Seehofer, am politischen Meinungskampf teilnehmen kann, auch mit pointierten, ja auch harten Äußerungen“. 

Weiter sagte er, es bleibe möglich, das Verhalten einer Partei oder Fraktion als „schäbig“ oder „staatszersetzend“ zu kritisieren. Damit müssten Regierungsmitglieder ihre Überzeugungen in Interviews oder Talkshows nicht mit angezogener Handbremse darlegen. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts will das Bundesinnenministerium allerdings künftige Veröffentlichungen auf seiner Homepage kritisch prüfen

Causa Seehofer: Bundesverfassungsgericht gibt der AfD recht

Update vom 9. Juni 2020, 10.12 Uhr: Im Rechtsstreit um eine harsche Kritik von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) an der AfD hat die Partei einen Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht errungen. Das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe entschied am Dienstag, dass Seehofer die AfD durch die Veröffentlichung von kritischen Interviewäußerungen auf der Internetseite seines Ministeriums in ihrem Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb verletzt habe. Der Innenminister hatte die Partei unter anderem als „staatszersetzend“ bezeichnet.

Der Zweite Senat des Verfassungsgerichts entschied nun, dass die Seehofers Interviewäußerungen zwar verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden seien. Doch durch die Veröffentlichung auf der Internetseite habe der Bundesinnenminister auf Ressourcen zurückgegriffen, die ihm allein aufgrund seines Regierungsamts zu Verfügung stünden. Weil er diese Möglichkeit im politischen Meinungskampf eingesetzt habe, liege ein Verstoß gegen das Gebot staatlicher Neutralität vor. Damit werde das Recht der AfD auf gleichberechtigte Teilnahme am politischen Wettbewerb verletzt.

Übrigens: Auch in der Berateraffäre von CDU-Politikerin Ursula von der Leyen gibt es neue Entwicklungen. Die Regierungsparteien haben ihren Abschlussbericht zum Untersuchungsausschuss vorgelegt

Seehofer: Nach AfD-Kritik entscheidet das Verfassungsgericht

Erstmeldung vom 9. Juni 2020:

Karlsruhe - Weil er das Verhalten der AfD-Bundestagsfraktion in einem Interview als „staatszersetzend“ bezeichnete, verklagte die Partei Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Das Bundesverfassungsgericht verkündet nun an diesem Dienstag voraussichtlich um 10 Uhr sein Urteil zu der heftigen Kritik des CSU-Politikers. Das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe muss darüber entscheiden, ob Seehofer als Minister das Verhalten der AfD-Bundestagsfraktion derart scharf kritisieren durfte. Da die Interviewäußerungen auf der Internetseite des Ministeriums veröffentlicht wurden, wirft die AfD dem Minister eine Verletzung seiner Neutralitätspflicht vor. 

Übrigens: Auch in der nordkoreanischen Regierung ist der Ton dieser Tage rau. So bezeichneten die Verantwortlichen in Pjöngjang Berichten der staatlichen Nachrichtenagentur zufolge kürzlich regimekritische Aktivisten aus Südkorea als „widerliches Pack“. Am Dienstag kappte Nordkorea zudem alle Kommunikationskanäle zum Süden

Seehofer bezeichnete die AfD als „staatszersetzend“

In dem später auf der Ministeriumsseite veröffentlichten Interview im September 2018 sagte Seehofer über die AfD-Fraktion unter anderem: „Ich kann mich nicht im Bundestag hinstellen und wie auf dem Jahrmarkt den Bundespräsidenten abkanzeln. Das ist staatszersetzend.“ Gut zwei Wochen lang war das Interview auf der Webseite des Innenministeriums zu sehen. Die AfD macht geltend, der Innenminister habe dadurch ihr Recht auf Chancengleichheit der Parteien verletzt und wirft ihm vor, staatliche Ressourcen unzulässigerweise zur Verbreitung einer parteipolitischen Aussage genutzt zu haben.  

In einem ähnlichen Fall im Februar 2018 entschied das Verfassungsgericht im Streit um eine AfD-kritische Pressemitteilung der früheren Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU), dass die Ministerin damit das Recht der Partei verletzt habe. Wanka hatte in der Flüchtlingskrise 2015 auf einen Demonstrationsaufruf der AfD mit der Parole „Rote Karte für Merkel!“ per Ministeriums-Pressemitteilung mit den Worten  „Die Rote Karte sollte der AfD und nicht der Bundeskanzlerin gezeigt werden“ reagiert.

Johanna Wanka
Auch CDU-Politikerin Johanna Wanka musste sich für Kritik an der AfD vor dem Bundesverfassungsgericht verantworten. © dpa / Rainer Jensen

Innenminister Horst Seehofer will Anzeige gegen eine taz-Autorin stellen. Grund ist ein satirischer Artikel. Seehofer verweist dabei auch auf die Krawalle in Stuttgart. Unterdessen legte Seehofer auch den Verfassungsschutzbericht 2019 vor.

Klage gegen Seehofer - Verfassungsgericht urteilte bereits in einem ähnlichen Fall

Das ging den Verfassungsrichtern damals zu weit. Damit alle Parteien die gleichen Chancen hätten, seien Mitglieder der Bundesregierung zu Neutralität verpflichtet, urteilten sie 2018. Demnach dürfen sich Minister mit Kritik an ihren Maßnahmen und Vorhaben zwar sachlich auseinandersetzen. Ein „Recht auf Gegenschlag“ haben sie aber nicht.

Bereits im Februar hatte sich in der Karlsruher Verhandlung abgezeichnet, dass der Zweite Senat unter dem scheidenden Gerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle die Causa Seehofer nicht viel anders beurteilen dürfte. Die Richter hinterfragten sehr kritisch, ob derartige Äußerungen nicht auf anderen Kanälen verbreitet werden könnten.

Auch interessant: Seehofer will sich nach 50 Jahren aus der Politik verabschieden - und kündigte einen klaren Schnitt an.

AfD-Chef Gauland über Seehofers Aussagen: „Das geht nicht“

Am Rande der Verhandlung hatte AfD-Fraktionschef Alexander Gauland gesagt, Seehofer habe sich eben nicht im Bierzelt einen Ausrutscher geleistet. „Wenn ich auf der Internetseite eines Ministeriums etwas veröffentliche, dann sieht es so aus, als ob es die staatliche Amtsautorität ist und dass die Beschimpfung der AfD dann sozusagen schon Teil des Staates ist. Und genau das geht nicht.“ 

Seehofer hatte sich in dieser Angelegenheit von seinem Parlamentarischen Staatssekretär Günter Krings (CDU) vertreten lassen. Krings hatte die Äußerungen als zugegebenermaßen „zugespitzt“ bezeichnet. Der Ton in der Politik sei aber deutlich rauer geworden. Eine Reaktion müsse möglich sein, argumentierte er.

Übrigens: In Sachen Coronavirus-Impfstoff äußerte sich Seehofer kürzlich relativ optimistisch. Weitere Details zu seinen Aussagen erfahren Sie im nachfolgenden Video.

Nachdem aufgrund der Corona-Krise bislang strenge Einreisebedingungen gegolten haben, verkündete Horst Seehofer nun weitreichende Änderungen an den Grenzen für EU-Bürger.

Zur Kommunalwahl in Delbrück wird die Alternative für Deutschland (AfD)* erstmals antreten. Die Kandidaten der Parteien im Kreis Paderborn stehen fest.

dpa, AFP

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