Peter Beuth und der Polizei-Skandal: Kaum noch Perspektiven für den hessischen Innenminister

Peter Beuth wurde schon als Regierungschef in Hessen gehandelt – damit dürfte nach den Drohschreiben von „NSU 2.0" an Janine Wissler jetzt Schluss sein.
- Hessens Innenminister Peter Beuth steht im ständigen Gegenwind.
- Noch stehen seine Partei - die CDU - und der grüne Koalitionspartner hinter ihm.
- Bei einer Gruppe ist Peter Beuth besonders unbeliebt.
Wiesbaden - Es gab einen Tag im politischen Leben des Peter Beuth, an dem ihm sogar eingefleischte Kritiker Respekt zollten. Das war der Tag vor drei Jahren, an dem sich im NSU-Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags herausstellte, dass Innenminister Beuth die interne Aufarbeitung von Versäumnissen des Landesverfassungsschutzes vorangetrieben hatte. Sein Vorgänger Boris Rhein hatte sie zwar in Auftrag gegeben, aber sträflich schleifen lassen.
Anerkennung für Beuth hielt nicht lange
Doch die Anerkennung für Peter Beuth hielt nicht lange an. Dann wurde bekannt, dass das Verfassungsschutzdokument für 120 Jahre (!) unter Verschluss bleiben sollte. Beuth und sein Verfassungsschutz reagierten auf das Unverständnis, doch die Aufarbeitung bleibt für 30 Jahre gesperrt. Bis 2044. Dann dürfte Beuth kein Innenminister mehr sein. Doch ohnehin dürften die Zeiten, in denen er als Nachfolger von Ministerpräsident Volker Bouffier gehandelt wurde, erst einmal vorbei sein.
Der Minister, ein 52-jähriger Jurist aus Taunusstein im Rheingau-Taunus-Kreis, steht im Zusammenhang mit den rechtsextremen Bedrohungen unter dem Kürzel NSU 2.0 massiv in der Kritik. Als Generalsekretär der hessischen CDU hätte Peter Beuth noch zurückgekeilt. Als Minister wählt er meistens die kühle, bürokratische Antwort und lässt die Kritik an sich abprallen. Das sind spröde Auftritte, und die Hörfunkkollegen müssen jede Menge „Ähms“ aus den O-Tönen herausschneiden.

Drohschreiben von NSU 2.0: Noch steht seine Fraktion hinter Peter Beuth
Beuth weiß, dass die Opposition ihm nichts anhaben kann, solange seine Fraktion hinter ihm steht – und der grüne Koalitionspartner. Und das tut er, so treu wie in keinem anderen Ressort. Auch ein möglicher NSU-2.0-Untersuchungsausschuss kann den Juristen Peter Beuth nicht schrecken. Er hat als Vorsitzender und Obmann in mehreren solcher Ausschüsse geübt, wie man die Opposition auskontert, alle Vorwürfe leugnet und die hohen Kosten eines solchen Gremiums für die Steuerzahler beklagt.
Der passionierte Tennisspieler und Karnevalist, der aus dem Rheinland stammt, hat sich schon einige Zeit vor Bundesparteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer mit einer peinlichen Büttenrede in die Nesseln gesetzt. Offenbar hatte Peter Beuth nicht verstanden, dass Karneval der Kritik an der Obrigkeit dient, nicht der Verunglimpfung durch die Obrigkeit. Und so dichtete er 2018 die plumpen Reime: „Vor dem Flüchtlingsverwalter verschleiert mancher gern sein Alter. Das stellt unseren Staat fast bloß, macht Bürger ganz verständnislos.“
Vor dem Polizeiskandal: Ärger mit Eintracht-Fans für Peter Beuth
Peter Beuths Lieblingstermin ist die alljährliche Vorstellung der Kriminalitätsstatistik, da von Jahr zu Jahr weniger Delikte in Hessen gemeldet und mehr aufgeklärt werden. Doch sein Jubel über Hessen als „sicheres Land“ stößt manchen sauer auf – etwa den Opfern des Terrors von Hanau.
Eine Gruppe trägt mit Peter Beuth eine besonders intensive Fehde aus: Die Fans des Fußballbundesligisten Eintracht Frankfurt, die von ihm seit seinem Amtsantritt nie etwas gehalten haben. Das liegt zum einen in der Natur der Sache. Innenminister pochen auf Recht und Ordnung. Gerade die Ultras, die die Frankfurter Fanszene prägen, halten aber etwa Pyrotechnik für einen elementaren Teil des Fußballspiels. Und so gibt es seit jeher Konflikte zwischen dem Dienstherrn der Polizei und den Fans. Manch einer sagt bis heute, dass Beuths Vorgänger Boris Rhein die Wahl zum Frankfurter Oberbürgermeister im Jahr 2012 gewonnen hätte, wenn die Eintracht-Fans vorher nicht massiv Stimmung gegen ihn gemacht hätten.
Peter Beuth macht sich bei Fans von Eintracht Frankfurt unbeliebt
Auch Peter Beuth machte sich mit Forderungen nach harten Strafen für Pyrozündler unbeliebt, doch zur Eskalation kam es erst am 21. Februar 2019. Auf der (letztlich vergeblichen) Suche nach Pyrotechnik durchkämmte die Polizei vor dem Europacupspiel gegen Schachtjor Donezk die Fankurve. Die Ultras reagierten mit einem Banner, dessen derber Text sich gegen Peter Beuth richtete. Die Polizei wertete das Transparent als Beleidigung und stellte es in einem brutalen Einsatz sicher. Danach lag ein Fan im Krankenhaus. Beuth sagte damals, er habe die Einsätze nicht angeordnet, doch das war den Fans egal. Beim nächsten Heimspiel hingen im ganzen Stadion Banner, die sich gegen den Innenminister richteten.
Sollte die Eintracht im August gegen den FC Basel eine 0:3-Hinspielniederlage aufholen, wäre im Viertelfinale des Europapokals wieder ein Duell mit Donezk möglich. Transparente muss Peter Beuth dann nicht befürchten. Das Spiel findet ohne Zuschauer statt.
Ein neuer Fall könnte Beuth besonders schwer zu schaffen machen. Es geht um die Informationen, die Beuth vom LKA erhalten haben soll. Auch im Fall „NSU 2.0“ sind weiterhin Fragen an den Innenminister offen. Welche Folgen die Drohschreiben haben können, zeigt ein Interview mit Olivia Sarma von „Response Hessen“. Inzwischen hat Hessens Polizeichef Udo Münch seinen Hut genommen. Da die Drohbriefe bisher an sieben Frauen adressiert waren, scheint Sexismus ein zentrales Motiv der Täter zu sein.