Der Held von New York scheitert

Wenige Tage vor dem "Super Tuesday" haben sich die Reihen unter den Kandidaten für die US-Präsidentenwahl deutlich gelichtet.
Von DIETMAR OSTERMANN
Washington. Wenige Tage vor dem "Super Tuesday" haben sich die Reihen unter den Kandidaten für die US-Präsidentenwahl deutlich gelichtet. Nach dem Sieg von John McCain bei der Vorwahl in Florida läuft es bei den Republikanern nun auf ein Duell zwischen dem Senator aus Arizona und Mitt Romney hinaus. Erwartet wurde der Ausstieg von New Yorks Ex- Bürgermeister Rudy Giuliani. Bei den Demokraten kündigte der ehemalige Senator John Edwards an, aus dem Rennen auszusteigen. Damit haben faktisch nur noch Hillary Clinton und Barack Obama bei dem Demokraten Aussicht auf die Kandidatur. Angesichts der Konzentration der Medien auf die beiden demokratischen Favoriten hatte Edwards zusehends Probleme gehabt, Gehör zu finden.
Falsche Taktik, falsche Themen
Mit Giulianis schmählichem dritten Platz in Florida, hinter McCain und Romney, endete eine der kuriosesten Präsidentschaftsbewerbungen der jüngeren US-Geschichte im Debakel. Die Demontage hatte sich angedeutet. Vorigen Sommer schien Giuliani zwar in Umfragen allen Konkurrenten im Feld der Republikaner kurzzeitig um Meilen enteilt. Damals glaubte mancher in der verzagten Bush-Partei, in dem früheren Bürgermeister von New York den Erlöser zu erblicken. Im kollektiven Gedächtnis der US-Nation hat Giuliani unauslöschlich seinen Platz als zupackender Krisenmanager im Inferno der Terroranschläge vom 11. September 2001. Ein harter Hund, noch dazu einer, der in der Demokraten-Hochburg New York zwei Wahlen gewann: Warum also nicht Giuliani?
Zwei Gründe sind es, die den Mythos zerstört und den Kandidaten entzaubert haben. Erstens schwere taktische Fehler im Wahlkampf: Als Umfragen in Iowa, New Hampshire, Michigan und South Carolina nicht gut aussahen, entschied er sich für eine riskante Strategie und saß die frühen Vorwahlen dort einfach aus. Giuliani konzentrierte sich ganz auf Florida - und überließ wochenlang anderen das Rampenlicht. Auch wo er sich zeigte, kam der Wahlkämpfer Giuliani nicht gut an: "Je mehr die republikanischen Wähler von ihm sahen, um so um so weniger wollten sie für ihn stimmen", spottete die Zeitung New York Times. Zum Schluss kamen oft nicht mal mehr hundert Menschen zu seinen Veranstaltungen. Dem starken konservativen Flügel und vor allem der christlichen Rechten war Giuliani immer suspekt - wegen seiner liberalen Haltung in der Abtreibungsfrage, früherer Unterstützung für strengere Waffengesetze, seines Familienlebens mit drei Ehefrauen und öffentlichem Rosenkrieg.
Auch inhaltlich besetzte Giuliani die falschen Themen. Seine Sätze, ätzte der Demokrat Joe Biden, bestünden stets "aus einem Verb, einem Nomen und 9/11". Sein Ruhm als Held im Terrorinferno von Manhattan sollte ihn ins Weiße Haus tragen. Prompt tauchten Feuerwehrleute auf, die dem Land "die Wahrheit über Rudy Giuliani und 9/11" sagen wollten. Schon die offizielle Untersuchungskommission hatte chaotische Rettungsmaßnahmen beschrieben. Dokumente belegten, dass Giuliani Warnungen in den Wind geschlagen hatte und ein Katastrophenzentrum ausgerechnet im World-Trade-Center-Komplex bauen ließ. Die Einsatzzentrale stürzte an 9/11 zusammen.
Andere Stories kratzten am Mythos. Berichte über dubiose Klienten von Giulianis Anwaltsfirma tauchten auf. Fragen nach dem cholerischen Temperament des Sohns italienischer Einwanderer, der schon in New York viele vor den Kopf gestoßen hatte, wurden gestellt. Am Ende stand der Überheld als König ohne Kleider da.