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Korruptionsaffäre: Razzia beim ehemaligen FPÖ-Chef Strache

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Von: Katja Thorwarth, Tobias Möllers

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Heinz-Christian Strache weilt im Familienurlaub auf den Balearen.
Heinz-Christian Strache weilt im Familienurlaub auf den Balearen. © Helmut Fohringer/dpa

In Österreich ist es nach Medienberichten zu einer Hausdurchsuchung beim ehemaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gekommen.

Update vom 13. August 2019: Die österreichische Staatsanwaltschaft hat laut Medienberichten das Haus des ehemaligen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache durchsucht. Auch das Haus des früheren Fraktionschefs Johann Gudenus (FPÖ) sei durchsucht worden. Die Razzia sei im Zusammenhang mit einer Korruptionsaffäre am Montag erfolgt, berichtete die Zeitung „Standard“ am Dienstag. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden mehrere Wohnungen durchsucht. Namen nannte sie jedoch nicht.

Bei den Ermittlungen gehe es um die Ernennung eines hochrangigen Vertreters von Straches rechtspopulistischer FPÖ in den Vorstand des Glücksspielunternehmens Casinos Austria. Im Gegenzug für die Ernennung sei dem Unternehmen Entgegenkommen bei etwaigen Gesetzesänderungen im Glücksspiel-Bereich signalisiert worden sein. 

Strache reagierte empört auf die Ermittlungen und sprach von einem „politischen Angriff“ auf seine Person. „Der gegen mich erhobene Vorwurf entbehrt jeder Grundlage und ist daher lediglich ein weiterer politischer Angriff auf meine Person“, teilte Strache via Facebook mit. „Ich habe mir keinerlei Verhalten - weder in diesem, noch in anderen Zusammenhängen - vorzuwerfen, das den Straftatbestand der Bestechlichkeit erfüllt.“ Die Hausdurchsuchung fand bei ihm demnach schon am Montag statt.

Update vom 13. Juni 2019: Wenig Phantasie oder zumindest politisches Feingefühl beweist Ex-FPÖ-Chef Christian Strache. Nachdem er wegen der Ibiza-Affäre und der Anbahnung womöglich illegaler Parteispenden als Vizekanzler und Parteichef zurücktreten musste, zieht es ihn in diesem Sommer ausgerechnet wieder auf die Baleareninsel.

Wie die österreichischen Tageszeitungen "Krone" und "Österreich" berichteten, ist Strache mit seiner Familie am Donnerstag für einen 14-tägigen Urlaub auf die Insel geflogen. "Ja, ich bin wie jedes Jahr mit meiner Familie, meiner Frau Philippa und meinen drei Kindern - wie seit 17 Jahren - auch heuer wieder auf Ibiza", wird Strache von "Österreich" zitiert. "Denn Ibiza ist immer eine Reise wert." 

Bei Straches Ibiza-Urlaub vor zwei Jahren wurde das vorzeitige Ende seiner politischen Karriere eingeleitet. Damals traf er sich mit einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte und sprach mit ihr unter anderem über möglicherweise illegale Parteispenden sowie eine Übernahme der "Kronen-Zeitung". Das stundenlange Gespräch wurde heimlich gefilmt. Strache musste als Vizekanzler und FPÖ-Chef zurücktreten, zudem zerbrach die rechtskonservative Regierung in Österreich. Am 29. September finden in der Alpenrepublik Neuwahlen statt. (tom)

Update vom 13. Juni 2019: Auf Grundlage des Ibiza-Videos hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien Ermittlungen gegen Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Ex-Fraktionschef Johann Gudenus (FPÖ) eingeleitet. Konkret gehe es um den Vorwurf der Untreue, sagte ein Sprecher der Behörde am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Es werde zudem gegen weitere Unbekannte ermittelt. 

Zuerst hatte das österreichische Nachrichtenmagazin "profil" darüber berichtet. Die Ermittlungen betreffen das "Ibiza-Video", das "Spiegel" und "Süddeutsche Zeitung" am 17. Mai veröffentlicht hatten und in dessen Folge die rechtskonservative Regierung in Österreich zusammenbrach. Die 2017 heimlich gefilmten Aufnahmen zeigen den damaligen Parteichef Strache sowie Gudenus im Gespräch mit einer vermeintlichen russischen Investorin über Formen politischer Einflussnahme. 

Zentrum für politische Schönheit äußert sich zum Strache-Video

Update vom 7. Juni 2019: Das heimlich gefilmte „Ibiza-Video“ mit dem früheren österreichischen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache stammt laut Zentrum für politische Schönheit (ZPS) nicht von den eigenen Aktionskünstlern. „Wir haben das Video nicht gemacht“, sagte ZPS-Leiter Philipp Ruch am Donnerstagabend am Rande eines Podiumsgesprächs an den Münchner Kammerspielen. Wer dahinter stecke, könne er im Moment nicht sagen, es sei aber „ein reines Werk der Fiktion genialster Art“. 

„Wir haben tiefe Sympathien, für das, was da passiert ist“, sagte Ruch. „Das ist ein Akt politischer Schönheit.“ Die Macher haben aus seiner Sicht das Video nicht gedreht, um es zu viel Geld zu machen. „Da hat jemand urpolitisch gehandelt, heldenhaft“, sagte Ruch. Die Auswertung der Aufnahmen durch „Spiegel“ und „Süddeutsche“ nannte er ein starkes Stück einer freien Presse, „die sich was traut, gut recherchiert und aufbereitet“. 

Update vom 27. Mai 2019: Die Affäre um den ehemaligen FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache ist längst noch nicht zu Ende. Das ZDF-Magazin Frontal 21 vermeldete auf zdf.de, dass die Künstlergruppe „Zentrum für politische Schönheit“ (ZPS) an der Verbreitung des Ibiza-Videos beteiligt sein solle, es jedoch nicht in Auftrag gegeben habe. Demnach sei den Künstler*innen das Material zugespielt worden, ohne dass Geld geflossen sei. Auf Facebook dementiert das ZPS. Sie hätten das Video weder dem „Spiegel“ noch der „Süddeutschen“ zugespielt: „Statt wilde Gerüchte über den Ursprung zu verbreiten, könnten sich die investigativen Ressorts um die dubiosen Finanzquellen der FPÖ kümmern!“ 

Die Künstlergruppe hatte bereits am 23. Mai das Ibiza-Video auf Twitter kommentiert: „WICHTIG: Mit den Aufnahmen von Strache haben Menschen die Demokratie verteidigt und eine korrupte FPÖ, die gegen die offene Gesellschaft kämpft, aus den Regierungsämtern entfernt! Es ist keine Bagatelle, Innenministerium und Vizekanzler an Demokratiefeinde übergeben zu haben!“

Heinz-Christian Strache erklärt sich auf Facebook

Das Video selbst war nach jüngsten Erkenntnissen die Aktion eines Wiener Anwalts und einer Münchner Detektei. Es soll sich um ein „zivilgesellschaftlich motiviertes Projekt“ gehandelt haben.

Strache selbst hatte zuvor auf Facebook in einer Videobotschaft seine Sicht zu den Ereignissen erneut erklärt. Er sei „Akteur einer inszenierten Gesprächssituation“ geworden, in der er „Gedankenspiele“ ausformuliert hätte. Er trage eine gewisse Mitschuld, seine Gedankenspiele seien auf dem „politischen Parkett inakzeptabel“. 

Er schäme sich für seine Aussagen in dieser „privaten Urlaubssituation“. Die Gedanken seien frei, und ebenso deren Artikulation. Und er fragt final, welche „wirtschaftlichen oder politischen Interessen hinter der Destabilisierung“ Österreichs stecken. Er habe Strafanzeige gegen drei Personen eingereicht, die möglicherweise Drahtzieher des Videos sind. 

Strache prahlte mit Millionenspendern

Wirtschaftliche Interessen dürften Strache nicht fremd sein, hatte er doch selbst im Video erklärt, wie man der FPÖ Großspenden zuführen könne - obwohl sie selbst ein Verbot derselben gefordert hatten. Man müsse nur einen gemeinnützigen Verein gründen, dann erfahre der Rechnungshof nichts davon. „Die zahlen zwischen 500 000 und eineinhalb bis zwei Millionen“, so der Ex-Vize auf Ibiza. 

Wie die österreichische „Profil“ berichtet, hat der Verein „Wirtschaft für Österreich“ 2017 versucht, Spenden einzutreiben. Könnte es sich hier um einen von Strache ausgeplauderten Verein handeln?

„Sehr geehrte Damen und Herren! Der gemeinnützige Verein ,Wirtschaft für Österreich‘ schützt die Interessen der österreichischen Industrie und Wirtschaft. Zur Durchführung von Veranstaltungen im Zusammenhang mit der Förderung des Wirtschaftsstandortes Wien und Österreich ersucht der Verein ,Wirtschaft für Österreich‘ um eine Spende auf folgendes Vereinskonto IBAN AT 33 12000 … Mit dem besten Dank im Vorhinein für Ihr Entgegenkommen verbleibe ich Hochachtungsvoll, Wirtschaft für Österreich, Dr. Markus Tschank.“

Illegale Spendengelder an FPÖ? 

„Austria in Motion – Verein zur Reform der politischen Kultur in Österreich“sei laut „profil“-Quellen auch ein Verein, der in Straches Umfeld anzusiedeln sei. Deren Obmann sei aktuell ein Markus Braun, die rechte Hand des FPÖ-nahen Investmentberaters Peter Sidlo (Sigma Investment). Aktivitäten könnten dem Verein nicht nachgewiesen werden, auch gibt es keine Belege, ob tatsächlich Geld geflossen sei. Andere Vereine, die in diesem Kontext in der österreichischen Presse genannt werden, sind „Wir für HC Strache - Parteiunabhängiges Personenkomitee“, „Patria Austria“ und „Reformen - Zukunft - Österreich“.

Wie die österreichische „Presse“ recherchiert hat, sitzen allerdings in den Vorständen aller fünf Vereine „in unterschiedlicher Konstellation stets die drei selben Akteure: FPÖ-Nationalrat Markus Tschank, ORF-Stiftungsrat (auf FPÖ-Ticket) Markus Braun und Alexander Landbauer, älterer Bruder von Udo Landbauer, Niederösterreichs FPÖ-Klubobmann im Landtag.“

Ibiza-Video: Geständnis eines Wiener Anwalts

Zuvor hatte Berichten zufolge ein Wiener Anwalt seine Mitwirkung an dem Enthüllungsvideo über den FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache eingeräumt. „Es handelte sich um ein zivilgesellschaftlich motiviertes Projekt, bei dem investigativ-journalistische Wege beschritten wurden“, ließ er am Freitag über den Rechtsanwalt Richard Soyer mitteilen, wie die „Bild“-Zeitung und österreichische Medien berichteten. 

Ibiza-Video verursacht Eigendynamik

„Aufgrund der Reaktionen der betroffenen Politiker entfaltete sich in der Folge eine Eigendynamik“, hieß es weiter. Für seinen Mandanten seien aber nur „demokratiepolitische und rechtliche Überlegungen“ relevant, erklärte Soyer weiter. Er habe sich nicht an strafbaren Handlungen beteiligt. 

Ein „verdeckter Kameraeinsatz“ sei „zur Aufdeckung von Missständen zulässig und durch die Meinungsfreiheit geschützt“. Der Name des Wiener Anwalts wird in österreichischen Medien bereits seit Tagen mit der Ibiza-Affäre in Verbindung gebracht. 

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In dem heimlich gedrehten Video hatte sich Strache vor der Parlamentswahl 2017 bereit gezeigt, als Gegenleistung für verdeckte Wahlkampfgelder öffentliche Aufträge an die angebliche Nichte eines russischen Oligarchen zu vergeben. 

Erdbeben in Österreich wegen Ibiza-Video

Die Veröffentlichung der Aufnahmen führte zu einem politischen Erdbeben in Österreich: Strache trat von seinen Ämtern als Vizekanzler und Parteichef zurück. Die Koalition aus seiner rechtspopulistischen FPÖ und der konservativen ÖVP zerbrach. 

Die österreichische Justiz hat bereits Ermittlungen wegen der geheimen Videoaufnahmen aufgenommen. Aber auch Strache und anderen FPÖ-Vertretern drohen Ermittlungen wegen dessen Äußerungen über illegale Parteispenden. (mit afp/dpa)

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