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Innenminister Herrmann zu Amoklauf in Hamburg: Rufe nach schärferem Waffenrecht aktuell „nicht seriös“

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Von: Anne-Christine Merholz, Andreas Schmid

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Joachim Herrmann kritisiert Nancy Faesers „reflexartige“ Forderungen nach einem schärferen Waffenrecht. Der Innenminister meint bei IPPEN.MEDIA: „Erst einmal ermitteln.“

München – Nach dem Amoklauf bei den Zeugen Jehovas in Hamburg mit acht Toten pocht Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf eine Verschärfung des Waffengesetzes. Die furchtbare Tat zeige, „wie notwendig Änderungen“ im Waffengesetz seien, sagte Faeser in den ARD-„Tagesthemen“. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) findet diese Aussagen unseriös und glaubt an eine von den aktuellen Ereignissen getriebene, „reflexartige“ Ankündigung.

Herrmann findet aktuelle Waffengesetz-Debatte „nicht sehr seriös“

Es müsse „sorgfältig ermittelt werden, was in Hamburg genau geschehen ist“, sagte Herrmann auf Anfrage von IPPEN.MEDIA. „Niemand kann so kurz nach der Tat ein Rezept haben, was jetzt genau passieren muss.“ In Richtung Faeser meinte der CSU-Politiker: „Nach Verschärfungen im Waffenrecht zu rufen, noch bevor man konkret weiß, wie es zu der schrecklichen Tat in Hamburg gekommen ist, scheint mir nicht sehr seriös.“

Faeser fordert ein Verbot von kriegswaffenähnlichen, halbautomatischen Waffen für Privatleute. Bereits im Januar legte sie einen Entwurf für ein schärferes Waffenrecht vor. Die Innenministerin möchte halbautomatische Feuerwaffen verbieten, den Kauf von (bislang frei erhältlichen) Schreckschusspistolen erschweren und die Behörden mit mehr Informationsrechten über Waffenbesitzern ausstatten. Herrmann sprach schon damals von „Symbolpolitik“. Durch Faesers Pläne entstehe viel Bürokratie, sie seien ein massiver Eingriff in den Schießsport und das Brauchtum. „Auf der anderen Seite ist kaum ein Gewinn für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erkennbar“, sagte Herrmann im Januar unserer Redaktion

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Herrmann über Waffenrecht: „Haben eines der schärfsten in Europa“

Faeser sieht das anders und will daher strengere Waffenregeln. Man müsse „an das Gesetz gehen und schauen, gibt es noch Lücken“, sagte die Innenministerin am Freitag, einen Tag nach dem Amoklauf. Bei der mutmaßlichen Tatwaffe des mutmaßlichen Täters Philipp F. handelt es sich um eine halbautomatisierte Pistole, die er als Sportschütze legal besaß. Ob auch solche Waffen verboten werden sollten, werde man nun prüfen, sagte Faeser. „Wir werden das sicher diskutieren.“ Herrmann lehnt das ab: „Wir haben bereits eines der schärfsten Waffenrechte in Europa.“

Herrmann spricht von 1,3 Millionen Sportschützen in Deutschland, die von einem Verbot stark betroffen wären. Der CSU-Politiker könne „deren Ärger durchaus verstehen, wenn sofort nach der Tat reflexartig nach einer weiteren Verschärfung des Waffenrechts gerufen wird.“ Bei einem Verbot von halbautomatischen Pistolen „wäre einer ganzen Sparte die Grundlage entzogen, ihren Sport auszuüben“, sagt Herrmann. „Denn die allermeisten Pistolen sind halbautomatisch.“

Faeser fordert strengere Waffenregeln – „psychologisch geeignet“?

Nachdem der mutmaßliche Täter sieben Menschen erschossen und dann sich selbst getötet hatte, stellt sich die Frage, ob der Amoklauf nicht hätte verhindert werden können. Erst im Januar bekam die Waffenbehörde einen anonymen Hinweis auf eine psychische Krankheit des mutmaßlichen Täters. Dieser hege zudem besondere Wut auf die Zeugen Jehovas, hieß es. Bei einem Hausbesuch sei bis auf ein einzelnes Projektil außerhalb des Tresors aber kein Verstoß gegen waffenrechtliche Vorschriften festgestellt worden. Es sei alles nach Vorschrift abgelaufen, beteuerte die Polizei. Mehrere Politiker wie Hamburgs Innenminister Andy Grote (SPD) forderten daraufhin, die „psychologischen Vorschriften“ anzupassen.

Laut Faeser solle beim Antrag auf eine Waffenbesitzkarte künftig überprüft werden, „ob jemand psychologisch geeignet ist“. Herrmann meint: „Wenn es tatsächlich Anhaltspunkte für psychische Probleme des Täters gegeben hat – hätten die Waffenbehörden dann nicht schon nach dem bestehenden Gesetz handeln und die Waffe entziehen müssen?“ Die Devise des bayerischen Innenministers: „Erst einmal ermitteln und dann überlegen, welche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind.“  

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