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Hakenkreuze und Hitlergruß: Brandbrief aus Brandenburg

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Von: Daniel Roßbach

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Die beiden Lehrkräfte Max Teske und Laura Nickel haben von Vorfällen von Rechtsextremismus an ihrer Schule in Burg im Spreewald berichtet.
Die beiden Lehrkräfte Max Teske und Laura Nickel haben von Vorfällen von Rechtsextremismus an ihrer Schule in Burg im Spreewald berichtet. © dpa

Zwei Lehrende beklagen Vorfäkke von Rechtsextremismus in einer Schule in Brandenburg. Doch die sind kein Einzelfall, und Aktivisten sehen unzureichende Reaktionen von Behörden und Justiz.

Schüler:innen, die Fotos davon machen, wie sie den „Hitlergruß“ zeigen; in Chats oder Schulräumen offen vorgetragene Anhängerschaft zum Nationalsozialismus; Akzeptanz oder Wegschauen, wenn andere sich so verhalten. Das sind die Zustände in Südbrandenburg um die Stadt Cottbus, wie aktuelle Recherchen des Senders RBB zeigen.

Ausgelöst wurde die Debatte darüber, wie etabliert rechtsextremes Gedankengut und Verhalten in der Region ist, von einem offenen Brief einer Lehrerin und eines Lehrers an der Oberschule in Burg im Spreewald, wenige Kilometer von Cottbus entfernt. Darin schilderten sie zunächst anonym, dass es unter den Schüler:innen immer wieder zu rechtsextremen Äußerungen komme und diese teils auch von Lehrkräften ignoriert oder verleugnet würden. Im Zuge einer Demonstration von etwa 150 Menschen vor dem Schulamt des Kreises zur Unterstützung von antifaschistischem Engagement an Schulen in der Region haben die beiden Lehrkräfte sich dann auch namentlich zu ihrer Kritik bekannt. Zu der Kundgebung aufgerufen hatte das Netzwerk „Mehr Demokratie an Schulen“.

Kundgebung solidarisiert sich mit Lehrkräften

Im Zuge der Kundgebung sagte der Leiter des Schulamts, dieses werde „jegliche Art dieser Meldungen unterstützen und konsequent [gegen rechtsextreme Umtriebe in Schulen] vorgehen“. Das Netzwerk hatte von Schulamt und Bildungsministerium unter anderem gefordert, demokratiefördernde Projekte in Schulen besser auszustatten, mehr Lehrkräfte und Sozialarbeiter:innen zu beschäftigen und die Vermittlung demokratischer Werte zur Priorität im Schulleben zu machen. Die beiden Lehrkräfte, die Ausgangspunkt der Auseinandersetzung mit dem Thema waren, hatten beschrieben dass nach Hinweisen zu entsprechenden Vorfällen an die Schulleitung deren „Ermittlungen“ dazu ergebnislos geblieben seien. Ein Lehrer, vor dessen Augen Schüler den „Hitlergruß“ gezeigt hätten, habe danach gesagt, nichts davon gesehen zu haben.

Das ARD-Magazin Kontraste hat nun weitere rechtsextreme Vorkommnisse in Schulen und der Zivilgesellschaft in Südbrandenburg recherchiert. Dazu gehört dem Verein „Opferperspektive“ zufolge, der sich in Südbrandenburg mit rechten Umtrieben und dem staatlichen Umgang damit beschäftigt, zu langsame, inkonsequente und milde Strafverfolgung mutmaßlich rechtsmotivierter Straftaten. So sei es nach einem gewalttätigen Übergriff eines Angehörigen der Neonazi-Szene auf einen Menschen aus Afghanistan 2017 erst mehr als fünf Jahre später zum Prozess gekommen, in dem das Landgericht in Cottbus einen rassistischen Hintergrund der Tat verneint hat. Weil angeblich entlastende Umstände in dem Urteil zu stark gewichtet wurden, wurde dieses vom Bundesgerichtshof aufgehoben und eine neue Verhandlung angeordnet.

Verfahren gegen rechte Strukturen in Cottbus eingestellt

Wie bei anderen Gewalttaten stellen Beobachtende der faschistischen Szene in Südbrandenburg auch in diesem Fall einen Bezug der Beschuldigten zur Organisation „Kampfgemeinschaft Cottbus“ her. Dabei handele es sich um einen Zusammenschluss von Kampfsportler:innen, Hooligans aus dem Umfeld des Fußballvereins Energie Cottbus und Personen, die in der Region als Unternehmer aktiv sind, mit einem gemeinsamen rechtsextremen Hintergrund.

Von der Staatsanwaltschaft Cottbus angestrengte Ermittlungen gegen die Organisation und 19 Verdächtige als kriminelle Vereinigung wurden Anfang des Jahres 2022 eingestellt und mögliche Straftaten nur als einzelne Fälle weiterverfolgt.

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