Nächster Habeck-Weggefährte als Graichens Nachfolger? Erste Gerüchte kursieren
Robert Habeck blühen anstrengende Tage: Ein Nachfolger für Patrick Graichen muss her. Pikanterweise könnte es wieder ein Grüner werden.
Berlin/München – Robert Habeck hat am Mittwoch (17. Mai) seinen personifizierten Dreh- und Angelpunkt in der Energiewende entlassen: Nach wochenlangen Vetternwirtschaftsdebatten muss Staatssekretär Patrick Graichen doch noch gehen. So einiges spricht dafür, dass für die Grünen die Misere damit noch nicht beendet ist – doch unabhängig davon braucht Habecks Ministerium jetzt einen neuen Architekten für das Kernprojekt Energiewende.
Möglicherweise steht dabei in Habecks Wirtschaftsressort ein alter Bekannter aus gemeinsamen Grünen-Tagen in Norddeutschland ganz oben auf der Liste: Einem Bericht der Bild zufolge gilt Klaus Müller als einer der ersten Anwärter auf Graichens nun frei gewordenes Amt. Verhandlungen seien bereits im Gange, schrieb das Blatt.
Müller hat allerdings bereits ein zentrales Amt: Er leitet die Bundesnetzagentur - ebenfalls eine zentrale Stelle beim Umbau der Energieversorgung; auch und gerade im Ukraine-Krieg. Angetreten hat er das Amt unter der Ägide der Ampel-Koalition, im März 2022. Der Funktionär ist parteipolitisch nicht neutral, er ist ebenfalls Grünen-Mitglied. Und war für seine Partei auch schon Umwelt- und Landwirtschaftsminister in Schleswig-Holstein.
Habecks neuer Graichen? Klaus Müller und der Vizekanzler teilen eine nordische Grünen-Historie
Diese Zeit liegt allerdings schon einige Jahre zurück: Von 2000 bis 2005 amtierte Müller unter der Langzeitministerpräsidentin Heide Simonis (SPD). Habeck und Müller dürften gemeinsame Erinnerungen an diese Phase teilen. Der heutige Vizekanzler war damals Grünen-Landeschef in Schleswig-Holstein. Nach allen Regeln der politischen Kunst dürften die beiden gemeinsam an Konzepten gefeilt haben.
2012 wurde Habeck sogar einer der Nachfolger Müllers: Er übernahm damals das Umweltministerium in Schleswig-Holstein, wenngleich mit dem Zusatz „Minister für Energiewende“. Müller ist gleichwohl schon länger im Geschäft als Habeck. Er führte bereits 1996 für die Grünen Koalitionsverhandlungen mit der SPD – als 25-Jähriger.
Auch fachliche Faktoren könnten für Müller sprechen. Als Chef der Bundesnetzagentur hatte er in den vergangenen Monaten kräftig mit Deutschlands Abhängigkeit vom Rohstoff Gas zu tun. Auch für Habecks umstrittene Heizungs-Gesetzespläne hat sich Müller öffentlich ausgesprochen. „Bei privaten Haushalten gibt es große Potenziale, Gas zu sparen, die Zeit für Gasheizungen läuft ab“, sagte er Mitte Mai der Rheinischen Post. Damit liegt er auf Linie mit den Argumentationen seiner Grünen-Parteifreunde.

Eine Grünen-Quelle bestätigte der Bild angeblich die Überlegungen. Müller sei „tief im Thema“ und könne „ohne lange Einarbeitung die Aufgaben“ übernehmen, zitierte die Zeitung ihren nicht namentlich genannten Informanten. Gleichwohl gab es dem Bericht zufolge am Mittwochabend noch keine Einigung.
Habeck-Retter aus dem Norden: Müller war Verbraucherschützer – und „erklärt“ gerne
Auch eine weitere Erwägung könnte den in Kiel zum Volkswirtschaftler ausgebildeten Müller zum attraktiven Kandidaten für Graichens Amt machen. Von 2014 bis 2022 leitete er die Verbraucherzentrale Bundesverband. In dieser Funktion hat er sich für die „Verbraucher“ im Land eingesetzt. Denkbar also, dass Müller besser Standpunkte und Sorgen der Heizungsbesitzer und -nutzer in Deutschland verstehen und kommunizieren kann, als das Habeck und seinen Grünen bislang gelungen ist.
An für die Grünen heikle Thematiken hat sich Müller in den vergangenen Monaten schon herangewagt. Er dachte etwa laut über die Möglichkeit nach, das Laden von E-Autos zu drosseln – um einem Blackout in Deutschland vorzubeugen. „Alle kommen nach Hause und wollen nach der Arbeit ihr E-Auto aufladen“, erklärte Müller im Manager Magazin. „Da gilt es, Netzüberlastungen vorzubeugen.“ Auch die E-Mobilität ist ein heiß umkämpftes Thema.
In einem Gespräch mit der dpa warb Müller zudem schon einmal für das „Erklären“ in der Politik – und verwies dabei auf Simonis als Lehrmeisterin. „Sie war immer eine, die gesagt hat: Ihr müsst das erklären, was Ihr tut. Wenn Ihr den Menschen nicht erklärt, was Ihr tut, wenn Ihr nicht transparent in Eurem Handeln seid, dann verliert Ihr sie.“ Das könnte auch für Habecks Ministerium eine wichtige Lehre der vergangenen Wochen sein. (fn mit Material von dpa)