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Grundrente im Bundestag: Arbeitsminister Heil verteidigt Grundrente - ordentliche Rente für „Corona-Helden“

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Von: Tanja Banner

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An der Grundrente, die Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erarbeitet hat, gibt es in der Corona-Krise plötzlich wieder heftige Kritik. (Archivbild)
An der Grundrente, die Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erarbeitet hat, gibt es in der Corona-Krise plötzlich wieder heftige Kritik. (Archivbild) © picture alliance/Jörg Carstensen/dpa

Die Grundrente wird im Bundestag diskutiert. Zuvor wird wieder scharfe Kritik an der Grundrente laut - unter anderem soll wegen der Corona-Krise kein Geld verfügbar sein.

Update vom Freitag, 15.05.2020, 13.50 Uhr: Im Bundestag ist die Grundrente Thema und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) weist die Kritik daran mit scharfen Worten zurück. Er finde die Wirtschaftshilfen in der Corona-Krise richtig, um Arbeitsplätze zu sichern. „Aber dieselben Interessenvertreter, die keine Grenze kennen, Milliarden vom Steuerzahler zu wollen, gönnen anderen die Grundrente nicht“, sagte der SPD-Politiker bei der ersten Beratung des Gesetzes. „Die Frage ist, welches verheerende gesellschaftliche Signal in dieser Situation davon ausgeht, die Grundrente in Frage zu stellen.“

Bei der Grundrente gehe es um eine ordentliche Rente für Pflegehilfskräfte, Paketboten, Lkw-Fahrer, Friseure, Beschäftigte in Supermärkten und Servicekräfte - Berufe, die derzeit als „Corona-Helden“ bezeichnet würden und die mehr verdient hätten als Anerkennung. Die Grundrente sei nicht nur sozial geboten, sondern auch wirtschaftlich vernünftig, weil sie die Kaufkraft der Betroffenen stärke. „Deutschland kann es sich nicht leisten, die Grundrente zum 1. Januar nicht einzuführen.“

Grundrente im Bundestag: In der Corona-Krise wächst die Kritik an der Grundrente

Erstmeldung vom Freitag, 15.05.2020: Eigentlich soll sie ab Januar 2021 kommen: Die Grundrente. Doch ob das Vorhaben tatsächlich gelingt, muss sich erst noch zeigen. SPD und Union haben grundsätzlich vereinbart, eine Grundrente einzuführen, doch am Herzen liegt sie vor allem der SPD. Nach vielen Monaten des Streits hatte das Bundeskabinett Mitte Februar den Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zur Grundrente beschlossen*. Es fehlten noch die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat.

Am 15. Mai findet im Bundestag die erste Lesung des Gesetzesentwurfs zur Grundrente statt. Doch seit der Einigung im Bundeskabinett ist einiges passiert: Die Corona-Krise setzt der Wirtschaft in Deutschland und weltweit gewaltig zu. Für die 1,3 bis 1,6 Milliarden Euro, die die Grundrente pro Jahr bis 2025 kosten wird, fehlt angesichts der Rettungsmaßnahmen in der Corona-Krise das Geld, sagen nun einige aus der Union. Plötzlich steht das Projekt Grundrente wieder in Frage.

Grundrente: Kritik am Gesetzesentwurf vor erster Lesung im Bundestag

In den vergangenen Tagen häufte sich die Kritik an dem Vorhaben - was daraufhin deutet, dass der Gesetzentwurf zur Grundrente noch einmal in den Ausschüssen überarbeitet werden wird. Die Kritik an der Grundrente, die in den Tagen vor der ersten Lesung im Bundestag aufkam, ist heftig. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer fordert, bei der Grundrente „die Reißleine zu ziehen“. Michael Grosse Bröhmer (CDU) erklärt, es gebe bei der Grundrente keine Eile, „weil die Rentenversicherung selbst sagt, dass vor Mitte nächsten Jahres sowieso nichts ausgezahlt werden kann.“ Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) stellt die Grundrente wegen der Corona-Milliardenausgaben gleich ganz in Frage: „Ich würde alles auf den Prüfstand stellen, was nicht zwingend nötig ist. Dazu gehört auch die Grundrente“, sagte er der „Rheinischen Post“ vom Freitag (15.5.).

SPD verteidigt Grundrente: Wichtig für viele systemrelevante Berufe

Die SPD reagiert scharf auf die Töne aus der Union. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sagte der Rhein-Neckar-Zeitung (15.5.): „Das jetzt in Frage zu stellen und so zu tun, als wäre es wegen Corona nicht finanzierbar, geht überhaupt nicht.“ Finanzminister Olaf Scholz hatte sich bereits zuvor geäußert: „Wir geben großen Unternehmen Kredite von mehreren Milliarden Euro. Und dann kommt jemand daher und sagt, die Grundrente, die knapp über eine Milliarde kostet, können wir nicht bezahlen. So jemand gehört eigentlich ausgebuht.“ SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich betonte, die Grundrente sei für viele gerade aus den Berufen wichtig, die jetzt als systemrelevant anerkannt würden: Krankenschwestern, Busfahrer, Kassiererinnen.

Kritik an der Grundrente: Wie wird sie finanziert?

Bei der Kritik an der Grundrente geht es nicht nur um die aktuellen Finanzen, sondern auch ganz grundsätzlich um ein Konzept zur Finanzierung: Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wird aus der Union vorgeworfen, er habe noch kein Konzept zur Finanzierung der Grundrente vorgelegt. Der Gesetzentwurf sei in dieser Form nicht zustimmungsfähig, so der stellvertretende Unionsfraktionschef Carsten Linnemann (CDU) gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Freitag (15.5.).

Im Gesetzentwurf steht, dass die Grundrente aus Steuermitteln finanziert werden soll und nicht aus höheren Rentenbeiträgen. Zur Finanzierung der Grundrente sollte eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werden, doch diese gibt es bisher nicht.

Grundrente soll Menschen mit geringer Rente unterstützen

Die Grundrente ist dafür gedacht, Menschen zu unterstützen, die jahrelang für wenig Geld gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben. Ihre Rente* fällt durch geringe eingezahlte Beiträge sehr klein aus und soll deshalb aufgestockt werden. Es geht um durchschnittlich 75 Euro brutto im Monat, heißt es im Bundessozialministerium. Im Einzelfall kann sich maximal ein Zuschlag von etwa 400 Euro brutto ergeben. Von der Grundrente sollen ab Januar 2021 rund 1,3 Millionen Menschen in Deutschland profitieren – davon sind 70 Prozent Frauen. Voraussetzung für die Grundrente sind mindestens 33 Renten-Beitragsjahre.

Streitpunkt bei der Grundrente: Die Bedürftigkeitsprüfung

Neben der Finanzierung der Grundrente ist auch die so genannte Bedürftigkeitsprüfung ein Streitpunkt. Dabei handelt es sich um eine Berechnung, ob eine Person den Aufschlag auf die Rente tatsächlich braucht. Nach monatelangem Streit hat die große Koalition sich in diesem Punkt geeinigt: Nicht das Vermögen eines Rentners soll überprüft werden, sondern sein mögliches Einkommen neben der Rente. Bei alleinstehenden Rentnern werden 15.000 Euro Hinzuverdienst* im Jahr nicht angerechnet, bei Partnern sind es 23.400 Euro, heißt es im Gesetzentwurf zur Grundrente. Allerdings scheint dieser Streit wieder neu aufzuflammen: Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus warf Arbeitsminister Heil und Finanzminister Scholz (beide SPD) vor, bei diesem Thema noch nicht geliefert zu haben.

Grundrente. Rentenversicherung warnt vor hohem Verwaltungsaufwand

Ein ganz praktisches Problem der Grundrente kommt mit der Einkommensprüfung: Die Rentenversicherung benötigt die Daten der Finanzämter – dafür muss ein funktionierender und schneller Datenaustausch eingerichtet werden. Gundula Roßbach, die Präsidentin der Rentenversicherung, hatte bereits Ende 2019 vor einem hohen Verwaltungsaufwand gewarnt: „Angesichts mehrerer Millionen laufender Renten, die zu prüfen wären, ist der relativ kurze Zeitraum bis zum 1. Januar 2021 für Entwicklung und Einsatz einer voll automatisierten Lösung aus Sicht der Rentenversicherung problematisch.“

Inzwischen spricht Arbeitsminister Heil davon, dass die Grundrente zum 1. Januar 2021 starten soll, aber möglicherweise später erst rückwirkend ausgezahlt werden könnte.

Von Tanja Banner, mit Material von dpa

*fr.de ist Teil der bundesweiten Ippen-Digital-Zentralredaktion.

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