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Grüne fordern Offensive für Integration

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Von: Pitt von Bebenburg

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In der mecklenburgischen Kleinstadt Demmin demonstrierten am 8. Mai Menschen für Solidarität mit Asylsuchenden.
In der mecklenburgischen Kleinstadt Demmin demonstrierten am 8. Mai Menschen für Solidarität mit Asylsuchenden. © Imago

Partei legt vor Bund-Länder-Gipfel zur Unterbringung Geflüchteter einen Zehn-Punkte-Plan vor.

Die Grünen wollen erreichen, dass mehr geflüchtete Menschen in Deutschland ein „sicheres Bleiberecht“ erhalten und arbeiten dürfen. Der Parteivorsitzende Omid Nouripour und Fraktionschefin Britta Haßelmann nutzen die aktuelle Debatte über die Finanzierung von Unterbringung und Integration Betroffener am Mittwoch dazu, in einem Zehn-Punkte-Papier grundsätzliche Veränderungen anzumahnen.

„Es braucht jetzt eine Integrationsoffensive“, forderten die Grünen. Die Dauer von Aufenthaltserlaubnissen solle verlängert werden, womit Behörden von „unnötiger Bürokratie“ entlastet würden. Zudem sollten Arbeitsverbote aufgehoben werden. „Deutschland sucht händeringend nach Arbeits- und Fachkräften. Gleichzeitig wollen viele Geflüchtete arbeiten, aber dürfen es nicht“, stellten Nouripour und Haßelmann fest. Sie sagen: „Das muss sich ändern.“

Grüne wollen, dass Bund sich „verlässlich“ an Finanzierung beteiligt

Die Grünen stünden für eine menschenrechtsorientierte und humanitäre Geflüchtetenpolitik: „Wir sorgen für geordnete Verfahren, geben den Kommunen Rückhalt, bieten geflüchteten Menschen Schutz, stehen ein gegen Menschenfeindlichkeit und verteidigen das Recht auf Asyl.“

Gleich im ersten Punkt ihres Papiers treten Nouripour und Haßelmann für „eine faire und dauerhafte Beteiligung des Bundes an der Finanzierung dieser Aufgaben sowie eine verlässliche Planung“ ein. Damit griffen sie die zentrale Forderung der 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten auf, die am späten Nachmittag mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zusammentrafen. Die Beratungen waren bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet.

Länder fordern ein „atmendes System“ für die Kosten zur Unterbringung Geflüchteter

Vor ihrem Beginn sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD), er sehe „Bewegung“ bei der Bundesregierung, was die Übernahme zusätzlicher Kosten für das Jahr 2023 angehe. In der „Grundsatzfrage“, dass dauerhaft ein „atmendes System“ verabredet werden müsse, um die Kosten der Unterbringung Geflüchteter zu finanzieren, sei man sich aber „noch nicht einig“ mit dem Bund.

Mit einem „atmenden System“ ist gemeint, dass die Kommunen vom Bund bestimmte Beträge pro Kopf der dort lebenden Geflüchteten erstattet bekommen. Derzeit erhalten sie Pauschalen, unabhängig davon, wie viele Menschen bei ihnen eintreffen.

Das hatte angesichts der gestiegenen Zahl der Asylanträge in Deutschland für erheblichen Unmut in den Kommunen geführt, die Schwierigkeiten haben, alle Menschen ordentlich unterzubringen. Der Bundeskanzler müsse dieses Thema jetzt „zur Chefsache machen“, verlangte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).

Länder wollen über verstärkte Abschiebungen sprechen

Weil erläuterte: „Wir wissen, dass Zuwanderungsbewegungen immer wieder kommen, dass Zuwanderungszahlen stark schwanken“, dass nach ruhigen Jahren auch wieder solche mit hohen Zahlen kämen. Daher sei eine verlässliche Lösung notwendig.

Vor dem Gipfeltreffen mit dem Bundeskanzler hatten die Regierungschefinnen und -chefs der Länder sich in einer Sitzung auf gemeinsame Positionen verständigt. Sie machten deutlich, dass es aus ihrer Sicht in der Flüchtlingspolitik nicht nur um Fragen der Finanzierung gehen dürfe. Auch verstärkte Abschiebungen und Rückübernahmeabkommen mit Ländern, die sich bisher weigern, eigene Landsleute wieder aufzunehmen, seien erforderlich, bekräftigten Weil und Wüst. Hierüber sei man sich mit der Bundesregierung ohnehin weitgehend einig.

Das gelte auch für die Vorschläge der Bundesregierung für ein gemeinsame Asylpolitik der Europäischen Union (EU). So hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sich dafür ausgesprochen, schon an den EU-Außengrenzen über die Zulassung für ein normales Asylverfahren zu entscheiden. In einer Vorprüfung sollten Anträge von Menschen bewertet werden, die aus Staaten mit geringen Anerkennungsquoten kommen.

Menschenrechtsorganisationen widersprechen den Plänen entschieden

Pro Asyl, Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen hatten diesen Plänen entschieden widersprochen. Solche Vorschläge suggerierten lediglich Handlungsfähigkeit, urteilte Julia Duchrow von Amnesty International. Auch der Grünen-Europaabgeordnete Erik Marquardt äußerte sich entsetzt. „Es ist ein Vorschlag, der zu Massenhaftlagern an den EU-Außengrenzen führt und nicht dazu beiträgt, dass weniger Geflüchtete kommen“, stellte er fest.

Dagegen schloss sich ein grüner Bundesminister der Position von Faeser an. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir sprach sich dafür aus, Anträge von Asylbewerbern an den EU-Außengrenzen vorzuprüfen. Im Interview der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ bezeichnete Özdemir das als Ausdruck „europäischer Solidarität“.

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