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Großbritannien will trotz Sicherheitsbedenken LGBTQI+-Flüchtlinge nach Ruanda abschieben

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Von: Sonja Thomaser

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Das Ruanda-Abkommen sieht vor, dass Asylbewerber:innen, die älter als 18 sind und „illegal“ nach Großbritannien eingereist sind, nach Ostafrika geflogen werden.
Das Ruanda-Abkommen sieht vor, dass Asylbewerber:innen, die älter als 18 sind und „illegal“ nach Großbritannien eingereist sind, nach Ostafrika geflogen werden. © Daniel Leal/AFP

Ein Dokument der britischen Regierung zeigt, dass LGBTQI+-Personen in Ruanda „mehr als misshandelt“ werden.

London – Das britische Innenministerium hat eingeräumt, dass LGBTQI+-Flüchtlinge, die nach Ruanda abgeschoben werden, aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt werden könnten. Dennoch sollen die Abschiebungen wie geplant stattfinden.

Die am 9. Mai veröffentlichte Gleichstellungs-Folgenabschätzung besagt laut der britischen Onlinezeitung The Independent, dass es „Bedenken“ über die Behandlung einiger LGBTQI+-Personen in dem ostafrikanischen Land gibt und dass Untersuchungen darauf hindeuten, dass diese Gruppe „mehr als misshandelt“ wird.

LGBTIQ+-Personen haben von gesellschaftlicher Diskriminierung und Missbrauch berichtet

Ein separates Dokument des Innenministeriums, das ebenfalls am 9. Mai veröffentlicht wurde, räumt laut The Independent ein, dass es in Ruanda „aufgrund von Stigmatisierung und Angst vor Belästigung“ einen „Mangel an Verbrechensmeldungen“ gegen LGBTQI+-Personen gibt, was zu „begrenzten Informationen darüber führt, wie die Polizei darauf reagiert und schützt“.

In dem Bericht, der die offiziellen Länderleitlinien für Ruanda umreißt, heißt es weiter: „LGBTIQ+-Personen haben auch von gesellschaftlicher Diskriminierung und Missbrauch berichtet, darunter Diskriminierung am Arbeitsplatz, Zwangsräumung, Ausgrenzung aus der Familie und Androhung von Gewalt.“

Ministerium will trotz Bedenken LGBTQI+-Flüchtlinge nach Ruanda schicken

Trotzdem plant das Innenministerium weiterhin, LGBTQI+-Flüchtlinge unter die nach Ruanda zu schickenden Personen aufzunehmen. Aus dem Ministerium heißt es, dass „Überwachungsvorkehrungen getroffen werden“ und dass die Regierung „im Laufe der Zeit weitere Beweise berücksichtigen wird“.

In dem Länderleitfaden wird die Tatsache angeführt, dass Ruandas Präsident Paul Kagame die amerikanische Fernsehmoderatorin Ellen DeGeneres und ihre Frau Portia de Rossi 2018 in Kigali getroffen hat - als Beweis dafür, dass das Land die Menschenrechte aller Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung unterstützt, berichtet The Independent.

Lewis Mudge, Direktor für Zentralafrika bei Human Rights Watch, sagte gegenüber The Independet, die Dokumente seien „nicht auf der Realität begründet“ und zeigten „Wunschdenken“ des Innenministeriums.

„Hauptziel“ der Politik: Personen von gefährlichen Bootsfahrten abhalten

Die Gleichstellungs-Folgenabschätzung des Innenministeriums besagt, dass es eine Umsiedlung nach Ruanda nicht als „Strafe“ betrachtet – aber es fährt fort, dass eines der „Hauptziele“ der Politik darin bestünde, „Personen davon abzuhalten, gefährliche Bootsfahrten zu unternehmen“.

Sonia Lenegan, Legal and Policy Director bei Rainbow Migration, sagte gegenüber The Independent, die Behauptung, dass die Abschiebung nach Ruanda keine Strafe sei, sei „offensichtlich falsch“ und fügte hinzu: „Wie könnte sie sonst als Abschreckung für Überfahrten mit kleinen Booten wirken, wie diese Regierung deutlich gemacht hat?“

Sie beschuldigte die Regierung auch, Erklärungen mit Beispielen für die Verhaftung, Strafverfolgung und Inhaftierung von LGBTQI+-Personen in den Leitlinien „abgewiesen“ zu haben, und fügte hinzu, dass die Beweise „deutlicher denn je machen, dass es unsicher ist, LGBTQI+-Personen nach Ruanda zu schicken“.

Abkommen mit Ruanda steht seit Mitte April fest

Innenministerin Priti Patel hatte Mitte April das Abkommen zwischen Großbritannien und Ruanda geschlossen. Der Vertrag sieht vor, dass Asylbewerber:innen, die älter als 18 sind und „illegal“ nach Großbritannien eingereist sind, nach Ostafrika geflogen werden und dort auf den Ausgang ihres Verfahrens warten müssen. Die britische Regierung will nun bald die ersten Asylsuchenden informieren, dass sie für die Dauer ihres Verfahrens nach Ruanda geschickt werden. (sot/dpa)

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