GroKo in Berlin spaltet SPD: „Business as usual kann es nicht geben“

Die SPD stimmte mit knapper Mehrheit für eine Koalition mit der CDU. Das Ergebnis hat für viele Parteimitglieder einen bitteren Beigeschmack.
Berlin – Rot-Schwarz in Berlin statt Rot-Grün-Rot: Beim Mitgliedervotums über den Berliner Koalitionsvertrag stimmte die Mehrheit der SPD für die Koalition mit der CDU. Scheidende Regierungschefin Franziska Giffey zeigte sich erleichtert. „Wir haben ein klares Ergebnis, eine klare Mehrheit für den Vorschlag, nach sehr intensiven Wochen“, sagt die Berliner SPD-Vorsitzende. Doch innerhalb der Partei brodelt es. Einige Mitglieder und Groko-Gegner:innen sehen die SPD nun erst recht vor großen Herausforderungen, wie sie der Frankfurter Rundschau mitteilen.
GroKo in Berlin sorgt für SPD-Zoff – Partei ist „extrem gespalten“: „Hätte Rot-Grün-Rot präferiert“
„Ein Business as usual kann es nach dem Ergebnis nicht geben“, sagte Yannick Haan, Co-Vorsitzender der SPD Berlin-Mitte auf Anfrage. Er habe persönlich für ein Nein geworben. „Das Ergebnis akzeptiere ich natürlich. Aber das Ergebnis zeigt auch eine gespaltene Partei“, so Haan. Es brauche jetzt in der Großen Koalition eine eigenständige inhaltliche und personelle SPD. „Und es braucht jetzt die Einbindung derer, die Nein gestimmt haben.“
Für Haan gab es mehrere Gründe, gegen eine Große Koalition in Berlin zu stimmen. Die Innenpolitik sei zu einseitig auf Repression ausgerichtet, etwa die Ausweitung der Präventivhaft. Ein absoluter Knackpunkt ist für Haan die A100. „Überhaupt sehe ich bei der Verkehrspolitik viele Rückschritte“, so Haan. Schließlich, so der SPD-Politiker, sei eine Groko immer eine besondere Koalition und sollte in demokratischen System immer eine Ausnahme bleiben. „Hier gibt es ja Alternativen“, sagte Haan und betonte: „Ich hätte eine Fortführung von Rot-Grün-Rot präferiert.“
SPD stimmt knapp für Schwarz-Rot-Koalition: Jusos bleiben kritisch – Ex-Vorsitzender Kühnert hält sich zurück
Auch die Jusos scheinen nicht ganz von dem künftigen Bündnis überzeugt zu sein. Von Beginn an hatten sie sich gegen eine Koalition mit Wegner gestemmt. „Wir akzeptieren dieses Votum und werden kritisch-solidarisch die zu bildende Regierung begleiten“, teilte der Juso-Landesvorstand auf Anfrage mit. Dass das Ergebnis so knapp sei, sei ein großer Erfolg der „NoGroko“ Kampagne. „Das Ergebnis zeigt deutlich, dass die Partei der Frage der Koalition mit der CDU extrem gespalten ist – die Parteispitze steht jetzt vor der Herausforderung, die Partei wieder zusammenzuführen.“
Der ehemalige Juso-Vorsitzende und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hielt sich in der Berliner Groko-Debatte auffallend zurück. 2018 tritt er als Juso-Vorsitzender vehement gegen die damalige Große Koalition im Bund ein. Gegenüber dem Spiegel machte er seinen Unmut angesichts der Vorstellung eines CDU-geführten Berliner Senats am Donnerstag (21. April 2023) deutlich. „Die Personalie Kai Wegner ist eine, die ich als Berliner für mehr als gewöhnungsbedürftig halte. Dieser Mann verkörpert wenig von meiner Heimatstadt, in der ich seit bald 34 Jahren lebe“, sagte Kühnert. „Mir tut das weh.“
CDU stimmt über Koalitionsvertrag mit SPD ab – was passiert mit Giffey?
Der designierte Regierende Bürgermeister lobte die Genossen am Sonntagabend für ihre Entscheidung: „Das Votum der SPD-Mitglieder steht für Vernunft und Verantwortung“, twitterte Kai Wegner. Am Montag stimmt die Berliner CDU in einem Landesparteitag über den Koalitionsvertrag mit der SPD ab. Ihre künftigen Senator:innen will die SPD Medienberichten zufolge bereits am Montagabend vorstellen. Giffey soll voraussichtlich Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe werden. Am Mittwoch soll der Koalitionsvertrag unterzeichnet werden, am Donnerstag will sich CDU-Mann Wegner im Berliner Abgeordnetenhaus als Regierender Bürgermeister Berlins zur Wahl stellen. (bohy)