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In Griechenland brodelt es vor den Wahlen - Proteste in Athen brechen nicht ab

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Von: Katja Saake

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Das schwerste Zugunglück der griechischen Geschichte führt zu andauerndem Protest gegen die Regierung ‒und das kurz vor den Parlamentswahlen.

Athen - Es war das schlimmste Zugunglück in der Geschichte Griechenlands - vor zwei Wochen, am 28. Februar, sind in der Nähe der Stadt Larisa in Zentralgriechenland ein Personen- und ein Güterzug frontal zusammengestoßen. 57 Menschen verloren dadurch ihr Leben. Viele Opfer waren Studenten und Studentinnen, die die Zugstrecke zwischen der Hauptstadt Athen und der Hafenstadt Thessaloniki regelmäßig nutzten.

Proteste und Streiks im Land brechen seitdem nicht ab ‒ und das wenige Wochen vor den griechischen Parlamentswahlen. In griechischen Medien wird nun sogar spekuliert, ob die für den 9. April geplante Parlamentswahl auf Mai oder Juni verschoben wird.

Demonstranten halten Schilder hoch vor dem Parlament in Athen.
Demonstration vor dem Athener Parlament am Sonntag, 12. März. © Yorgos Karahalis / dpa

Zugunglück in Griechenland: Politische Misswirtschaft angeprangert

Kurz nach dem Zugunglück war bereits der griechische Verkehrsminister Kostas Karamanlis zurückgetreten, um Verantwortung im Namen der Regierung zu übernehmen. Außerdem wurde der Bahnhofsvorsteher der Stadt Larisa in Untersuchungshaft genommen ‒ er hatte eine Fehlentscheidung eingestanden, die zum Zugunglück beigetragen haben soll.

Den Demonstranten und Streikenden geht es aber um grundlegende Versäumnisse, die in ihren Augen zu dem dramatischen Zugunglück geführt haben: Eine jahrzehntelange Misswirtschaft der Politik in Griechenland, die ein marodes Bahnsystem hervorgebracht habe.

Bereits am 8. März waren Zehntausende Menschen im ganzen Land auf die Straße gegangen. Rücktrittsforderungen gegen Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis wurden laut. Am vergangene Sonntag (12. März) ging der Protest weiter: In Athen und Thessaloniki versammelten sich nach einem Aufruf von verschiedenen Gewerkschaften und politischen Gruppen erneut jeweils rund 5000 Menschen.

Die Kritik an der griechischen Regierung reißt nicht ab. Viele Demonstranten fordern: Anstatt die Schuld für das Unglück dem Bahnhofsvorsteher zuzuschieben, sollten Politiker die Verantwortung für eine verhängnisvolle jahrelange Sparpolitik übernehmen und für Versäumnisse, die das Eisenbahnsystem in einen katastrophalen Zustand gebracht hätten. Nur dadurch sei das Zugunglück geschehen.

Zugunglück in Griechenland: Gewerkschaften warnten vor technischen Mängeln

Die Bahngewerkschaften erinnerten bei den Protesten daran, dass sie seit Jahren gegenüber der griechischen Bahn und dem Verkehrsministerium vor technischen Problemen gewarnt hätten: Das elektronische Leitsystem und andere Sicherheitssysteme hätten nicht oder nur zum Teil funktioniert. Die griechischen Bahnen (Hellenic Train) werden von der italienischen Staatsbahn Ferrovie dello Stato Italiane (FS) betrieben. Eisenbahner sagten im griechischen Sender Real FM, es gebe trotz der Modernisierung erhebliche Probleme bei der elektronischen Koordination der Verkehrskontrolle.

Nach dem Zugunglück wurde festgestellt, dass das ETCS (European Train Control System) auf der Strecke außer Betrieb war. Es ist ein System, das einen Zug bei drohender Gefahr stoppt und vor menschlichem Versagen schützt. Wäre das System funktionsfähig gewesen, hätte das Unglück nicht durch menschliches Versagen des Bahnvorstehers ausgelöst werden können, urteilten Bahnexperten. Nach bisherigen Erkenntnissen hatte der Bahnhofsvorsteher den Personenzug auf das falsche Gleis geleitet, auf dem es dann zum Zusammenstoß mit dem Güterzug kam. (kasa, dpa)

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