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Gerne auch mal alte Muster

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Von: Fabian Kretschmer

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China Der weltgrößte Klimasünder plant die Umkehr – wenn es passt. Und derzeit passt es nicht so sehr. Und im Winter erst recht nicht. Die Kohlekraftwerke bullern weiter.

Chinas Staatsführung hat am Montag endlich ein erstes umfassendes Klimapapier veröffentlicht. Darin lässt sich zumindest erahnen, wie der weltweit größte CO2-Verbraucher sein im vergangenen Sommer angekündigtes Ziel erreichen will: Klimaneutralität bis 2060.

Das Dokument beinhaltet auch einige konkrete Zielvorgaben: So sollen bis 2060 mindesten vier Fünftel des gesamten Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen kommen und der Ölverbrauch bis spätestens 2030 seinen Höhepunkt erreicht haben.

Wer sich die Klimabilanz der Volksrepublik aber näher anschaut, erhält ein überaus gemischtes Bild: Einerseits gibt es keinen Zweifel, dass der Staatsführung in Peking der Ernst der Lage bewusst ist. Kein Land weltweit hat in der jüngeren Vergangenheit mehr Fortschritte bei den erneuerbaren Energien erzielt – von Solarzellen bis hin zu Windenergie investiert Peking riesige Summen in die Energiewende. Und das Ende von Verbrennungsmotoren auf chinesischen Straßen ist bereits seit Jahren beschlossene Sache.

Gleichzeitig jedoch ist das Reich der Mitte längst der mit Abstand größte Klimasünder weltweit. Mit Stand 2019 stößt das Land 27 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre – mehr als sämtliche restlichen Industrienationen zusammengerechnet. Vor allem aber stammen über 60 Prozent des Energieverbrauchs immer noch aus Kohleverbrennung.

Chinas Regierende ziehen allerdings – nicht ganz zu Unrecht – lieber andere Statistiken zurate: Beim Energieverbrauch pro Kopf liegt man als bevölkerungsreichstes Land der Welt noch deutlich unter dem OECD-Schnitt, und der historische CO2-Fußabdruck ist aufgrund der relativ jungen Industrialisierung auch noch deutlich geringer im direkten Vergleich zu Europa. Nicht zuletzt ist der Schadstoffausstoß auch gerade deshalb so sehr in die Höhe geschnellt, weil der Westen immer mehr seine Produktion nach China ausgelagert hat.

Doch ganz gleich, wie man es dreht und wendet: Die globale Klimakrise kann nur zusammen mit China gelöst werden. Staatschef Xi Jinping hat erstmals voriges Jahr vor der UN-Vollversammlung versprochen, sein Land bis 2060 zur Klimaneutralität zu führen. Das war ein ungemein wichtiges Signal: Wenn in China Xi Jinping etwas vorgibt, dann ordnet sich der gesamte Staatsapparat unter, um die Vorgaben zu erreichen.

Seither führte die Volksrepublik in der Zwischenzeit einige kleinere Neuregelungen ein, unter anderem einen – bisher aber nur moderat ambitionierten – nationalen Emissionshandel. Doch der große Masterplan, wie Peking die versprochene Klimaneutralität denn nun erreichen möchte, bleibt die Regierung bislang schuldig.

Der jetzige Klimaplan gibt auf die offenen Fragen zumindest einige Antworten. Das Dokument bildet zwar nur den Anfang eines langwierigen Prozesses. Für die chinesische Bürokratie ist es jedoch überaus wichtig, endlich ein übergeordnetes Planungsdokument zu haben, welches den Prozess Schritt um Schritt koordiniert und die Kräfte der einzelnen Beteiligten bündelt. Insofern lässt sich durchaus von einem klimapolitischen Durchbruch sprechen.

Doch kurzfristig ist China sehr wohl bereit, wieder in alte Muster zu verfallen. Das Land befindet sich in der wohl schwerwiegendsten Energiekrise seit über einem Jahrzehnt. Zumindest bis nächsten Frühling wird man unter Engpässen in der Stromversorgung leiden. Um den Elektrizitätsmangel insbesondere für die im Norden des Landes kontinentalen Wintermonate abzufedern, hat Chinas Zentralregierung vorübergehend seine Kohlekraftwerke in der Inneren Mongolei und Shanxi angewiesen, die Produktion bis zum Anschlag hochzufahren. Es wird also erstmal schlechter, bevor es besser wird.

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