„Wo ist die verdammte Munition?“: Prigoschin flucht vor Wagner-Leichen in Richtung Russland
Der Machtkampf zwischen dem Wagner-Chef und Russlands Verteidigungsminister eskaliert: Prigoschin publiziert nun eine Tirade.
Moskau – Die Söldner-Armee „Gruppe Wagner“ duelliert sich seit Beginn des Ukraine-Kriegs mit Russlands Armee und Russlands Verteidigungsminister. Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin beklagte sich wiederholt über Munitionsmangel bei seinen Truppen und griff Sergej Schoigu öffentlich an. Am Freitag (5. Mai) veröffentlichte „Putins Koch“ – so Prigoschins Spitzname – nun ein martialisches Video, in dem er seiner Wut freien Lauf lässt.
Das Video, das über Prigoschins Telegram-Kanal veröffentlicht wurde, soll den Söldner-Chef bei Nacht nahe der Front in der Ostukraine zeigen. Neben Prigoschin liegen zahlreiche Leichen aufgereiht am Boden. „Das sind die Männer der PMC Wagner, die heute gestorben sind. Das Blut ist noch frisch“, erklärte der Söldner-Chef während die Kamera die Gefallenen filmt.

Prigoschin poltert gegen Schoigu – „Wo ist die verdammte Munition?“
Anschließen verfällt „Putins Koch“ in einen – selbst für seine Verhältnisse – ausufernden Wutanfall. Die getöteten Wagner-Söldner seien die Söhne und Väter von Menschen in Russland, schreit Prigoschin regelrecht in die Kamera und leitet dann zum eigentlichen Thema über. Diejenigen, „die uns keine Munition geben [...] werden in der Hölle schmoren“, sagte Prigoschin weiter. „Schoigu! Gerassimow! Wo ist die verdammte Munition?“, schreit der Wagner-Chef anschließend. Den Wagner-Truppen würden 70 Prozent der benötigten Geschosse fehlen.
Prigoschins Wut richtet sich einmal mehr gegen den russischen Verteidigungsminister und den Oberbefehlshaber der russischen Truppen in der Ukraine. Der Wagner-Chef beanspruchte jegliche Erfolge in der Region Bachmut für seine Söldner und kritisierte immer wieder das Vorgehen der russischen Armee. Nach Einschätzung von Experten ist die Auseinandersetzung ein von Wladimir Putin orchestrierter Machtkampf um die Gunst des Kreml-Chefs.
Machtkampf im Ukraine-Krieg: Gruppe Wagner als „lizenzierter Kritiker des Verteidigungsministeriums“
„Eine Gruppe wie Wagner wird auch im politischen System Russlands immer vorgeführt als lizenzierter Kritiker des Verteidigungsministeriums und des Generalstabs. Insofern sind sie auch ein Instrument für den Kreml“, erklärte der Politikwissenschaftler und Wagner-Experte Andreas Heinemann-Grüder im April gegenüber Merkur.de von IPPEN.MEDIA. Putin spiele die verschiedenen Akteure im politischen Systems immer wieder gegeneinander aus, um maximalen Erfolg erzielen zu können.
Durch die bereits seit Monaten andauernden Kämpfe um die Stadt Bachmut scheint dieser Machtkampf nun weiter zu eskalieren. Prigoschin auf der einen Seite will militärische Erfolge erzielen und fordert dafür Munition. Schoigu und der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow sollen ihm diese Munition offenbar vorenthalten.
„Putins Koch“ klagt über Munitionsmangel – Hohe Verluste bei Wagner-Söldnern
Im weiteren Verlauf des Videoclips greift Prigoschin Schoigu und Gerassimow weiter verbal an. „Ihr Drecksäcke, ihr sitzt in teuren Clubs. Eure Kinder genießen das Leben, filmen YouTube-Videos. Ihr denkt, ihr seid die Meister über das Leben und dass ihr das Recht habt, über deren (die gefallenen Wagner-Söldner, Anm. d. Red.) Leben zu entscheiden“, klagte der Wagner-Chef an.
Ob die Wagner-Söldner tatsächlich unter der von Prigoschin beklagten Munitionsknappheit leiden, lässt sich aktuell nicht unabhängig überprüfen. Nicht von der Hand zu weisen sind die enormen Verluste, welche die Wagner-Gruppe in der Ostukraine erleidet. Das liegt vor allem daran, dass die Söldner sehr aggressiv und rücksichtslos vorgehen. Schlecht ausgebildete Rekruten kämpfen oft an der vordersten Front.
Ukraine-Krieg: Kampf um Bachmut tobt weiterhin
Die Streitkräfte der Ukraine harren seit Monaten in der Stadt Bachmut aus und verteidigen sie gegen die russische Invasoren. Auch wenn die Wagner-Söldner mittlerweile in die Stadt vorgedrungen sind, hält Kiew weiter an der Verteidigung fest. Russland und der Westen warten aktuell auf den Beginn einer neuen Gegenoffensive durch die ukrainischen Streitkräfte.
Am Freitag kündigte Prigoschin außerdem den Rückzug seiner Söldner aus der Region Bachmut in der kommenden Woche an. „Ohne Munition werden meine Jungs keine unnötig hohen Verluste tragen. Darum ziehen wir uns ab dem 10. Mai 2023 aus der Ortschaft Bachmut zurück“, sagte Prigoschin in einem auf Telegram veröffentlichten Video. Zugleich schrieb er: „Wenn Russland in Gefahr sein wird, werden wir erneut zur Verteidigung kommen.“ (fd)