Russland: Hunderttausende auf der Flucht – aus Angst vor Generalmobilmachung

Russland könnte am 9. Mai eine neue Eskalationsstufe erreichen. Schon jetzt sind hunderttausende aus dem Land geflohen.
Moskau – In Russland ist der 9. Mai der wichtigste Nationalfeiertag. Am „Tag des Sieges“ wird der Triumph über Nazi-Deutschland von 1945 und das Ende des „großen vaterländische Krieges“ gefeiert. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass der russische Präsident Wladimir Putin an diesem Tag eigentlich den Sieg über die Ukraine verkünden wollte. Doch ein Ende des Ukraine-Kriegs ist noch nicht in Sicht.
Lage in Russland: Verkündet Putin die Generalmobilmachung am 9. Mai?
Der lange Krieg zehrt auch an den Kräften der militärischen Großmacht Russland. Ein Video soll die katastrophalen Zustände in russischen Lagern zeigen. Nach dem 9. Mai könnte die Belastungsstufe einen neuen Höhepunkt erreichen. Nervös wartet die ganze Welt auf Putins Feiertagsrede und die Bekanntgabe der nächsten Schritte, die Moskau einleiten wird, um den Ukraine-Konflikt siegreich zu beenden.
In der Ukraine, Deutschland, Europa und den USA wächst die Sorge um eine russische Generalmobilmachung. Eine Massenmobilisierung würde es Moskau erlauben, hunderttausende Reservisten einzuziehen und in die Ukraine zu schicken. Die Rechtfertigung für diesen Schritt wäre Putins offizielle Kriegserklärung an die Ukraine. Wie der Bayerische Rundfunk berichtet, hätte der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow solche Vermutungen als „Unsinn“ zurückgewiesen.
Sollte Putin diesen militärischen Schritt trotzdem gehen, stünden Russland mit einem Mal etwa 900.000 Reservisten zur Verfügung. In einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen hatte zuvor der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter vor der Generalmobilmachung gewarnt und sprach von einer „ungeheuren Eskalation“ des Krieges. Infrage käme auch eine Teilmobilmachung, von der nur einzelne Regionen des Landes betroffen wären.
Stimmung in Russland: Hunderttausende verlassen das Land – Angst vor Mobilmachung ?
Mit zunehmender Dauer des Krieges wächst auch der Unmut unter der russischen Bevölkerung. Bereits Mitte März soll laut der gemeinnützigen Auswanderungsorganisation OK Russian etwa 300.000 Russinnen und Russen aus ihrem Heimatland geflohen sein. Wie stark die Zahl der Auswandernden seitdem gestiegen ist, ist unbekannt. Beliebte Fluchtländer sind Finnland, die baltischen Staaten, Georgien, Armenien, die Türkei, aber auch die USA.
Hinsichtlich der potenziellen Generalmobilmachung könnte Zahl der Flüchtenden steigen. Betroffen wären etwa 900.000 Personen, größtenteils junge Männer. Die Mobilmachung betrifft auch Menschen, die aktuell andere Berufe haben und lediglich einen Grundwehrdienst geleistet haben.
Krieg in der Ukraine: Kriegsrecht könnte Stimmung in Russland kippen
Sollte im Zuge des 9. Mai die Kriegserklärung an die Ukraine und seinen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bekannt gegeben werden, könnte die Stimmung in Russland kippen. Die propagandistische Fassade der „Spezialoperation“, die ausschließlich auf ukrainischem Terrain ausgetragen wird, würde zu bröckeln beginnen. In Russland dürfte dann allen klar sein, dass es sich offensichtlich nicht mehr nur um eine Spezialoperation, sondern wirklich um einen Angriffskrieg handelt.
Die russische Bevölkerung würde außerdem die direkten Folgen einer Einführung des Kriegsrechts zu spüren bekommen. Damit verbunden wären unter anderem Internierungen, Militärzensur, die Beschränkung von Ein- und Ausreise und Einschränkungen der Wirtschaftsproduktion. Das Kriegsrecht würde das Leben in Russland extrem verschärfen und könnte zu Protesten im eigenen Land führen. (aa)